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Titan 15

Titan 15

Titel: Titan 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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weiß jeder. Auch er sollte es wissen.«
    Wieder klingelte es. Wütend stand Martel auf und ging zur Mattscheibe. Er stellte sie an. Vomact war auf dem Bildschirm. Bevor Martel sprechen konnte, hob Vomact seinen Sprechnagel auf Höhe seiner Cardiobox. Martel fiel in die Disziplin zurück:
    »Checker Martel wartet auf Befehle, Sir.«
    Die Lippen bewegten sich feierlich: »Top-Notstand.«
    »Sir, verstehen Sie nicht?« Martel artikulierte besonders deutlich, damit Vomact seinen Worten auch bestimmt folgen konnte: »Ich… bin… unter… Kabel. Raumuntauglich!«
    Vomact wiederholte: »Top-Notstand. Melden Sie sich bei Ihrer Einzugs-Zentrale.«
    »Aber Sir, kein Notstand…«
    »Richtig, Martel. Nie zuvor so ein Notstand. Melden in Einzugs-Zentrale.« Mit einem schwachen Anflug von Freundlichkeit fügte Vomact hinzu: »De-cranchen nicht nötig. Kommen Sie, wie Sie sind.«
    Diesmal war es Martel, dem auf einmal die Verbindung unterbrochen war. Der Bildschirm wurde grau.
    Langsam wandte er sich Luci zu. Der Ärger war aus seiner Stimme gewichen. Sie kam zu ihm, küßte ihn und strich ihm durchs Haar. Alles, was sie sagen konnte, war:
    »Es tut mir leid.«
    Sie wußte, wie enttäuscht er war, und gab ihm noch einen Kuß. »Paß auf, daß dir nichts passiert, Schatz. Ich warte auf dich.«
    Er checkte und schlüpfte in seinen durchsichtigen Flugmantel. Am Fenster hielt er kurz inne und winkte ihr zu. Sie rief: »Viel Glück!« Als er fühlte, wie die Luft an ihm entlangströmte, sagte er zu sich:
    »Das ist das erstemal seit… elf Jahren, daß ich das Fliegen spüre! Mein Gott, Fliegen ist ja kinderleicht, wenn man sich nur lebendig fühlt dabei!«
    Die Einzugs-Zentrale leuchtete weiß und nüchtern in der Ferne. Martel hielt Ausschau. Doch nirgends sah er das Gleißen von Schiffen, die aus dem Ex-und-Hopp heimkehrten, das Flackern von Raum-Feuer, das außer Kontrolle geraten war. Alles wirkte ruhig und so, wie es an einem dienstfreien Abend zu sein hatte.
    Und doch hatte Vomact ihn gerufen. Hatte eine Alarmstufe ausgerufen, die mehr war als RAUM. So etwas gab es gar nicht. Und doch hatte Vomact diesen Alarm gegeben.
     
     
2
     
    Als Martel hinkam, traf er etwa die Hälfte der Checker an, es waren vielleicht zwei Dutzend. Er hob den Sprechfinger. Die meisten Checker standen sich paarweise gegenüber und verständigten sich durch Sprechen und Lippenlesen. Einige der alten, ungeduldigen, bekritzelten ihre Tafeln und hielten sie dann ihrem Gegenüber unter die Nase. Alle Gesichter hatten jenen stumpfen, leblos schlaffen Ausdruck der Habermänner. Als Martel den Raum betrat, wußte er, daß die meisten in der abgrundtiefen Abgeschiedenheit ihrer Gedankenwelt lachten und Ideen verfolgten, die in Worten auszudrücken sinnlos gewesen wäre. Es war schon lange her, seit zuletzt ein Checker in gecranchtem Zustand auf einer Versammlung aufgetaucht war.
    Vomact war nicht da: Wahrscheinlich, dachte Martel, war er noch immer dabei, andere Checker zu verständigen. Das Visiphonlicht ging ständig an und aus; das Klingelzeichen ertönte. Ein seltsames Gefühl überkam Martel, als er mit einemmal erkannte, daß er der einzige Anwesende war, der das laute Läuten hören konnte. Er verstand nun auch, warum die Anderen sich in Gesellschaft von Habermännern und Checkern ungemütlich fühlten. Martel sah sich nach seinen Bekannten um.
    Sein Freund Chang war da und erklärte gerade eifrig einem anderen alten und erfahrenen Checker, daß er keine Ahnung hatte, warum Vomact sie einberufen hatte. Martel sah sich weiter um und erblickte Parizianski. Er ging zu ihm hinüber, wobei er sich mit einer Behendigkeit seinen Weg durch die Menge bahnte, die deutlich zeigte, daß er seine Füße von innen fühlen konnte und es nicht nötig hatte, sie ständig zu beobachten. Einige der anderen sahen ihn mit ihren toten Gesichtern an und versuchten zu lächeln. Aber ihnen fehlte die völlige Beherrschung ihrer Muskulatur, und die Gesichter verzogen sich nur zu grausigen Grimassen. (Die Checker wußten sehr wohl, warum sie in ihren Gesichtern, die sie nicht mehr in der Gewalt hatten, lieber keine Gefühle zeigten. Ich schwöre, ich lächle nie wieder, es sei denn, ich bin gecrancht, sagte sich Martel.)
    Parizianski machte ihm das Sprechfingerzeichen. Indem er ihn ansah, meinte er:
    »Bist du gecrancht gekommen?«
    Parizianski konnte seine eigene Stimme nicht hören, und so dröhnten seine Worte wie durch ein gestörtes, rauschendes Visiphon; Martel fuhr

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