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Titan 15

Titan 15

Titel: Titan 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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Checker gemischt hatte, schaute er sich nach seinem Vorgesetzten um. Als er ihn entdeckte, schrieb Martel rasch etwas auf seine Tafel und wartete auf eine Gelegenheit, sie dem Dienstältesten unter die Augen zu halten. Geschrieben hatte er:
    ›Bn gcrncht. Ersche hflchst um Erlbns mch zu absntiern. Sthe jdrzt zr Vrfgng.‹
    Das Gecranchtsein hatte eine seltsame Wirkung auf Martel. Normalerweise schienen ihm die Treffen, die er besuchte, formelle, aber herzerquickende Zeremonien, die die finsteren Abgründe im Innern eines Habermanns ein wenig erhellten. Wenn er nicht gecrancht war, spürte er nicht mehr von seinem Körper, als eine Marmorbüste ihren marmornen Sockel bemerkt. Zahllose Male war er so mit ihnen dagestanden. Mühelos war er stundenlang gestanden, während das langwierige Ritual die schreckliche Einsamkeit hinter seinen Augen durchbrach und ihm das Gefühl gab, daß die Checker, waren sie auch eine Brüderschaft der Verdammten, dennoch gerade durch ihre berufsbedingte Verstümmelung eine besondere Auszeichnung genossen.
    Diesmal war es anders. Da er gecrancht gekommen und im vollen Besitz aller seiner Sinne war, reagierte er mehr oder weniger so, wie es ein normaler Mensch getan haben würde. Er sah seine Freunde und Kollegen als einen Haufen grausam gejagter Geister, die das sinnlose Ritual ihrer ewigen Verdammnis aufführten. Worauf kam es überhaupt noch an, wenn man erst einmal ein Habermann war?
    Wozu all dieses Geschwätz von Habermännern und Checkern? Habermänner waren Kriminelle oder Ketzer, und Checker waren Edel-Volontäre, doch im Grunde war ihre Misere die gleiche. Nur daß die Checker für würdig erachtet wurden, gelegentlich mit Hilfe des Chranchkabels für kurze Zeit zurückzukehren, während die Habermänner einfach ausgeschaltet wurden, solange ihre Schiffe im Hafen lagen, und aufbewahrt wurden, bis sie in einer Stunde der Not oder des Bedarfs wiedererweckt wurden, um die nächste Schicht ihrer Verdammung abzuarbeiten. Selten einmal sah man einen Habermann auf der Straße –, gewöhnlich jemanden, der sich durch besondere Verdienste oder Tapferkeit auszeichnete und die Erlaubnis besaß, aus dem furchtbaren Gefängnis seines eigenen mechanisierten Körpers auf die Menschheit zu blicken. Und dennoch, welcher Checker erwies je einem Habermann Anerkennung, außer in dem pflichtmäßigen Routinevers? Was hatten die Checker als Berufsstand und Kaste je für die Habermänner getan, außer sie mit einer Drehung des Handgelenks zu ermorden, wenn immer einer von ihnen zu lange Zeit neben einem Checker verbracht und sich die Tricks des Checkens angeeignet hatte und lernte, nach seinem eigenen Willen zu leben und nicht nach dem, den die Checker ihm aufoktroyierten? Was wußten schon die Anderen, die gewöhnlichen Menschen, von dem, was auf den Schiffen vorging? Die Anderen schliefen in gnädiger Bewußtlosigkeit in ihren Zylindern, bis sie auf irgendeiner der anderen Erden erwachten, die sie sich zum Ziel gewählt hatten. Hatten die Anderen überhaupt eine Ahnung von den Männern, die in dem Schiff wachen und leben mußten?
    Was wußte ein Anderer schon vom Ex-und-Hopp? Welcher Andere vermochte in die beißende Schönheit der Sterne im offenen Raum zu blicken? Was konnten sie über die Große Qual sagen, die ganz unauffällig wie ein Schmerz im Mark begann und sich mit der Erlahmung und Reizbarkeit jeder einzelnen Nervenzelle, Gehirnzelle und jedes Berührungspunktes des Körpers fortsetzte, bis das Leben selbst zu einem grausam schmerzenden Verlangen nach Ruhe und Tod wurde?
    Er war Checker. Nun gut, das war nicht abzustreiten. Seit jenem Augenblick war er einer gewesen, an dem er, noch völlig normal, einem der Subtechnokraten im hellen Sonnenschein gegenüber gestanden und geschworen hatte:
    »Hiermit verpflichte ich mich mit Ehre und Leben dem Dienst an der Menschheit. Freiwillig opfere ich mich für das Wohlergehen der Menschheit. Mit meinem Einverständnis zu dieser gefahrvollen Auszeichnung übergebe ich alle meine Rechte ohne jegliche Ausnahme den hochgeehrten Technokraten und der ehrenwerten Brüderschaft der Checker.«
    Er war die Verpflichtung eingegangen.
    Er war in die Habermanntruppe eingetreten.
    Unwillkürlich dachte er an seine ›Hölle‹: Die seine war nicht einmal so schlimm gewesen, obwohl sie ihm hundert Millionen Jahre zu dauern schien, und das alles ohne Schlaf. Er hatte gelernt, mit den Augen zu fühlen. Er hatte gelernt, trotz der schweren Augenplatten hinter den

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