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Titan 15

Titan 15

Titel: Titan 15 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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Augäpfeln zu sehen; seine Augen gegenüber dem Rest seines Körpers abzuschirmen. Er hatte gelernt, seine Haut zu beobachten. Deutlich erinnerte er sich, wie er einmal Feuchtigkeit an seinem Hemd bemerkt hatte, und als er den Check-Spiegel hervorgeholt hatte, feststellen mußte, daß seine Seite ein tiefes Loch aufwies, weil er sich an eine vibrierende Maschine gelehnt hatte. (So etwas konnte ihm heute nicht mehr passieren; er war zu sehr darauf trainiert, ständig seine eigenen Instrumente abzulesen.) Er erinnerte sich, wie er Ex-und-Hopp gegangen war und wie die Große Qual ihn geschlagen hatte, ungeachtet der Tatsache, daß sein Tast-, Geruchs- und Gehörsinn für alle üblichen Zwecke ausgeschaltet war. Dann fiel ihm ein, wie er Habermänner getötet und andere am Leben gelassen und monatelang neben dem ehrenwerten Checker-Piloten gestanden hatte, wobei keiner von ihnen jemals ein Auge zu tat. Und er erinnerte sich, wie er auf der Vierten Erde an Land gegangen war, und daß es kein Genuß für ihn gewesen war, und er an jenem Tag begriffen hatte, daß es eine Entschädigung nicht gab.
    Martel stand mitten unter den anderen Checkern. Die Unbeholfenheit ihrer Bewegungen war ihm zuwider, er verabscheute ihre Starrheit, wenn sie standen. Die groteske Mischung von Gerüchen, die ihre Körper unbemerkt ausströmten, ekelte ihn an. Er haßte das Grunzen und Röcheln, Schnarchen und Furzen, das sie in ihrer Taubheit von sich gaben. Sie waren ihm zuwider; er war sich selbst zuwider.
    Wie konnte Luci es mit ihm aushalten? Wochenlang, während er ihr den Hof gemacht hatte, war seine Instrumentenbox ständig auf ›Gefahr‹ geschaltet gewesen, hatte er höchst verbotenerweise das Cranchkabel mit sich herumgetragen und war direkt von einem Cranch in den anderen gegangen, ohne sich um die Tatsache zu kümmern, daß seine Anzeigen sich alle bedrohlich der Überlastungsmarke näherten. Er hatte sie umworben, ohne zu bedenken, was passieren würde, falls sie Ja sagte. Dann hatten sie geheiratet.
    »Da lebten sie zusammen in Glückseligkeit bis an ihr Ende.« In alten Büchern war das möglich, aber wie konnten sie es in ihrem eigenen Leben tun? Nur achtzehn Tage unter Kabel hatte er im vergangenen Jahr gehabt! Und doch hatte sie ihn geliebt. Sie liebte ihn noch immer. Er wußte es. In den langen Monaten, die er im Ex-und-Hopp verbrachte, sorgte sie sich beständig um ihn. Sie bemühte sich, ihm ihr gemeinsames Zuhause wertvoll zu machen, obwohl er ein Habermann war, das Essen hübsch zuzubereiten, obwohl er es nicht schmecken konnte, sich selbst liebenswert zu machen, obwohl er sie doch nicht küssen konnte… oder es gleichwohl lassen konnte, denn ein Habermann-Körper bedeutete ja nicht mehr als ein Möbelstück. Luci aber hatte Geduld.
    Und jetzt auf einmal, Adam Stone! (Er löschte die Tafel. Wie hätte er sich jetzt verabsentieren können?)
    Gott segne Adam Stone?
    Unwillkürlich fühlte Martel ein wenig Mitleid für sich selber. Nie mehr würde der alles beherrschende Ruf der Pflicht ihn durch zweihundert oder mehr Jahre der Zeit der Anderen tragen, die zwei Millionen seiner eigenen privaten Ewigkeiten waren. Er konnte faul sein und sich entspannen. Er konnte den Hohen Raum vergessen und das Ex-und-Hopp der Fürsorge der Anderen überlassen. Soviel er irgend wagte, würde er nun cranchen können. Er konnte ein Jahr oder fünf Jahre oder kein Jahr lang fast normal sein – fast. Er konnte in die Wildnis mit ihr gehen, wo es an verborgenen Plätzen noch immer streunende Tiere und Maschinen gab. Vielleicht würde er in der leidenschaftlichen Erregung der Jagd sterben, wenn er gerade einen Speer nach einem aus seinem Versteck aufspringenden alten Manshonjaguar warf oder Kugeln nach den Stammesgenossen der Gebranntmarten schleuderte, die noch immer die Wildnis unsicher machten. Es blieb ihm noch immer eine Menge Leben zu leben, noch immer die Möglichkeit, einen guten normalen Tod zu sterben, nicht nur die Bewegung einer Nadel draußen in der Stille und in der Qual des Raums!
    Er war die ganze Zeit unruhig auf und ab gegangen. Seine Ohren waren auf den Klang der normalen Rede eingestellt, so daß er keine Lust hatte, die Lippen seiner Kameraden zu beobachten. Jetzt schienen sie zu einer Entscheidung gekommen zu sein. Vomact war auf dem Weg zur Rednerbühne. Martel sah sich nach Chang um und stellte sich neben ihn. Flüsternd meinte Chang:
    »Du bist ruhelos wie das Wasser des Wildbachs! Was ist los? Geht der Cranch

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