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Titan 17

Titan 17

Titel: Titan 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn , Wolfgang Jeschke
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den letzten Jahren an Bösartigkeit zugenommen hatte und immer noch alles andere als besiegt schien. Als die Gaspflanze erstmals in Erscheinung trat, hatte Leighton Krebskulturen in mehrere Behälter und Gläser gefüllt und ihnen einen künstlichen Nährboden bereitet, um sie für eine Untersuchung unter dem Mikroskop vorzubereiten. Aber aufgrund der weltweiten Entwicklung angesichts der neuen Bedrohung hatte er sich irgendwann von der Krebsforschung ab- und der noch schwierigeren Erforschung der Natur der Gaspflanze zugewandt. Er hatte ein paar Blumentöpfe mit jungen Pflanzen zugesprochen bekommen, deren Samen und Schößlinge er sorgfältig untersucht hatte; aber nach ein paar Tagen hatte er, wie so viele andere Forscher vor ihm, herausfinden müssen, daß seine Laborexemplare ihn geradezu überwucherten und ihn buchstäblich aus Haus und Hof zu verdrängen drohten. Unerfahren, wie er war, hatte er die Vorsichtsmaßnahme außer acht gelassen, die jungen Pflanzen während des dritten oder vierten Tages ihres Wachstums mit Salpetersäure zu vernichten, wenn sie noch zu schwach waren, dieser ätzenden Verbindung zu widerstehen; und nach diesen ersten drei oder vier Tagen, als weder Feuer noch Wasser noch irgendeine bekannte Chemikalie eine Auswirkung auf die Pflanzen zeigte, streckten sie ihre tastenden Wurzeln durch den tönernen Blumentopf in den hölzernen Boden des Laboratoriums und sein steinernes Fundament aus und verbreiteten sich, die notwendige Nahrung aus dieser schwer zugänglichen Quelle ziehend, so blitzartig, daß sie bald das gesamte Labor auszufüllen und zu vernichten drohten. Und dieses Labor war nicht gerade klein.
    Doch der junge Leighton, der voller Schrecken zusehen mußte, wie diese Pest sich unkontrolliert ausbreitete, konnte kaum geahnt haben, daß gerade diese Schnelligkeit des Gegners ihn diesmal betrügen sollte. In seiner Verwirrung hatte er die Krebskulturen, die unbeachtet an einem Dutzend Stellen des Laboratoriums unter Glas standen, vergessen; aber die Gaspflanze, deren hungrig ausgreifende Ranken nichts übersehen konnten – am allerwenigsten das Silizium enthaltende Glas –, entdeckte sehr schnell, woran Leighton sich nicht mehr erinnert hatte. Die zähen roten Ranken erreichten das erste Glasgefäß, erzwangen sich den Durchgang wie durch Stroh, zerbrachen es dabei in tausend Splitter und begannen es gierig aufzusaugen.
    Aber zum erstenmal hatte sich die Intelligenz der Gaspflanze – wenn man die unheimliche Kraft, die sie antrieb, Intelligenz nennen kann – sich einer Fehleinschätzung hingegeben. Und die Ergebnisse dieses Fehlverhaltens sollten bald zu Tage treten. Zuerst vermutete niemand auch nur im entferntesten die wahre Ursache, und doch hatte sich bei der Gaspflanze eine außergewöhnliche Veränderung vollzogen. Nach ein paar Stunden begannen die Enden ihrer Fühler, die sich bislang selbst gegen Dynamit und Stahl resistent erwiesen hatten, zu verwelken und zerfallen; große schwarzgrüne Geschwüre erschienen zu Hunderten in dem wilden Gestrüpp, die großen dunkelroten, kopfähnlichen Stellen fielen zusammen und verblichen zu einem schwachen, kränklichen Gelb; ein leises, kaum wahrnehmbares Geräusch erklang, einem unterdrückten Stöhnen ähnlich, als die zuckenden Ranken in Krämpfen gegeneinanderschlugen, die Beobachter als den Todeskampf eines durchaus empfindenden Geschöpfes beschrieben.
    Und es war ein Todeskampf! Innerhalb von vierundzwanzig Stunden war jede Spur von Leben aus der Gaspflanze gewichen. Als zerfallene, eingeschrumpfte schwärzliche Masse lag sie auf dem Boden des Laboratoriums, das sie beinahe vernichtet hatte, zwar schrecklich anzusehen, aber absolut harmlos.
    Was war mit der schrecklichen Gaspflanze geschehen? Leighton, der den Vorgang voller Erstaunen beobachtet hatte, war zuerst zu verwirrt, um ihn zu verstehen; und nur langsam und schrittweise dämmerte ihm die Erkenntnis. Die Krebskulturen! Sie hatten ihn gerettet! Auf irgendeine unerklärliche Weise hatten sie die scheinbar unbezwingbare Pflanze angegriffen und bezwungen!
    Dem ersten Impuls folgend wollte Leighton die Nachricht von allen Dächern und Bergen verkünden. Aber als vorsichtiger, gewissenhafter Forscher zügelte er seine Ungeduld, bis er in aller Eile weitere Experimente durchgeführt hatte. Voller Eifer entwickelte er neue Krebskulturen und setzte sie auf dem Pfad der Gaspflanze aus – nicht an einer Stelle, sondern an fünfzig. Und in allen Fällen erhielt er das gleiche

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