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Titan 17

Titan 17

Titel: Titan 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn , Wolfgang Jeschke
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Tode Verurteilten kurz vor seiner Hinrichtung erlebt. Es war ein Gesicht bar aller Hoffnung.
    Ich bemühte mich, meine Überraschung zu überspielen und begrüßte ihn herzlich. Er schüttelte meine Hand auf die gleiche müde, teilnahmslose Art, in der er gesprochen hatte und erkundigte sich nach meinem Gepäck. Offensichtlich war er ein Mann von gewissem Ansehen, denn ein Wort von ihm genügte dem Zollinspektor, um mich ohne jeden Aufenthalt passieren zu lassen. Er geleitete mich zu einem luxuriösen Stadtwagen, der auf uns wartete, dann fuhren wir davon zu seiner Wohnung.
    »Du hast dich nicht sehr verändert, Ken«, wiederholte er.
    Einen Augenblick lang zögerte ich, wußte nicht, was ich antworten sollte.
    »Du hättest dich auch stärker verändern können«, versuchte ich, taktvoll zu sein.
    »Früher warst du ehrlicher«, erwiderte er. »Du kannst dich gleich daran gewöhnen, mir offen zu sagen, was du denkst. Es wird mich keineswegs verletzen. Darüber bin ich längst hinaus. Wie hat es das Schicksal denn mit dir gemeint, seit wir uns zum letztenmal gesehen haben?«
    »Ich kann mich nicht beklagen. Ich habe eine gute Position und konnte ganz gute Arbeit leisten. Im Augenblick bin ich hier als Berater eines beabsichtigten Zusammenschlusses unserer Besitzungen mit denen unseres Hauptkonkurrenten. Wenn das Geschäft zustande kommt, kontrollieren wir fast den gesamten Kupfermarkt in Peru. Und wie ist es dir ergangen?«
    »Schlecht… oder auch gut, das hängt vom Standpunkt ab. Ich meine, schlecht.«
    »Gerüchteweise habe ich gehört, du hättest eine Menge Geld verdient.«
    »Ach – Geld!« Er machte eine wegwerfende Handbewegung, als ekle ihn der bloße Gedanke an Geld. »Ja, ich habe eine Menge Geld verdient – mehr, als daß ich damit etwas anzufangen wüßte. In dieser Hinsicht war ich durchaus erfolgreich.«
    »Und wie steht es mit deiner Gesundheit?«
    »In den vergangenen vier Jahren bin ich keinen einzigen Tag krank gewesen.«
    »Hat deine Arbeit dich befriedigt?«
    »Wenn du damit die erfolgreiche Vollendung des Werkes meinst, über dem ich mein Leben zugebracht habe, so hat sie mich befriedigt. Ich habe es geschafft.«
    »Wenn du also erfolgreich gearbeitet hast, bei guter Gesundheit bist und über mehr Geld verfügst, als du ausgeben kannst, was, zum Donnerwetter, ist dann mit dir los?« erkundigte ich mich voller Interesse.
    »Ich besitze keine Zukunft, keine Hoffnung, nichts, auf das ich mich freuen könnte«, antwortete er tonlos.
    »Ja, Allmächtiger, keine Zukunft!« rief ich aus. »Aber Tom, du bist noch jung und hast viele Jahre vor dir. Bedenke doch, was du noch alles vollbringen kannst!«
    »Ich habe genau noch acht Monate und vier Tage zu leben«, antwortete er trocken.
    »Ich dachte, du seist bei guter Gesundheit?« fragte ich überrascht.
    »Ich bin so gesund, wie man es sich nur wünschen kann.«
    »Aber du sagtest doch gerade, du hättest kein Jahr mehr zu leben«, wandte ich ein. »Das ist doch leeres Geschwafel, wenn ich einmal offen reden darf. Selbst die besten Ärzte, und du hast natürlich die besten, irren sich manchmal.«
    »Ich habe keinen Arzt. Ich werde bei einem Autounfall ums Leben kommen.«
    Ich warf ihm einen scharfen Blick zu. Für mein laienhaftes Auge waren keine Anzeichen von Wahnsinn zu erkennen, doch seine Worte weckten Zweifel in mir. Ich hatte schon von Fällen solcher Zwangsvorstellungen gelesen. Ich kannte sogar den Fall eines peruanischen Eingeborenen und zweifelte an Wallaces Verstand.
    »Ich habe nicht den Verstand verloren«, beantwortete er meine unausgesprochene Frage. »Ich weiß es einfach. Erinnerst du dich an Bob Jerningham?«
    Ich nickte.
    »Er ist dafür verantwortlich, daß ich das weiß«, sagte er. »Trotzdem wollen wir jetzt nicht darüber sprechen. Ich werde dir alles erzählen, wenn es soweit ist. Ich freue mich wirklich sehr, dich wiederzusehen. Ich glaube sogar, ich hätte dich gebeten zu kommen, wenn dein Brief nicht gerade deinen Besuch angekündigt hätte. Nun setz dich ruhig hin und versuche, dich so gut wie möglich an Bob zu erinnern. Es wird mir einige Zeit und Mühen ersparen, falls du dich gut erinnern kannst.«
    Ich fügte mich seinen Wünschen und brachte den Rest der Fahrt damit zu, mir still zurückzurufen, was ich über Bob Jerningham wußte.
    Tom Wallace und ich hatten uns angefreundet, wie dies im College üblich war. Wir gehörten der gleichen Verbindung an und hatten mehrere Jahre lang im gleichen Studentenheim gewohnt,

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