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Titan 17

Titan 17

Titel: Titan 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald M. Hahn , Wolfgang Jeschke
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sich eine Wolke erhoben, die zu wirbeln schien. Als wir noch voller Angst darauf starrten, erhob sich schon die nächste und noch eine, bis der Himmel schwarz von ihnen war. Die Herrenameisen begannen ihren Angriff!
    Es gibt nur wenig über den gräßlichen Kampf zu berichten, der auf der Burg tobte. Die Millionen Insekten auf ihren geflügelten Schlachtrössern stürzten sich einfach auf die große Strahlenkuppel und erstickten die Waffe schließlich mit der Masse ihrer verkohlten Leiber, bis sie nutzlos war. Nahezu zweihundert Wissenschaftler fielen in der Schlacht – zu Tode gestochen von den schwertgleichen Stacheln der fliegenden Insekten.
    Die übriggebliebenen flohen demoralisiert von der Oberfläche ins Innere der Burg und versiegelten die Eingänge mit dem unzerstörbaren, speziallegierten Metall. Mit Hilfe des Strahls ist es uns möglich, durch Wände und Decke zu sehen. Der einstmals blühende Garten ist aufgefressen und dem Erdboden gleichgemacht. Die Obstbäume sind zu Staub zerfallen. Alles, was den Ameisen keinen Widerstand entgegensetzen konnte, liegt jetzt in Trümmern. Wenn ich einen Blick auf dieses unbeschreibliche Chaos werfe, schleicht sich Verzweiflung in mein Herz ein, und der kaum zu bändigende Wunsch befällt mich, die Zeitmaschine zu besteigen und diese fürchterliche Zukunft in Richtung Vergangenheit zu verlassen. Aber das ist natürlich unmöglich. Es bleibt nichts anderes übrig, als hierzubleiben und dem entgegenzutreten, was die Zukunft für uns bereithält. Soltano weist immer wieder darauf hin, daß unsere Lage noch nicht aussichtslos ist. Diese Wissenschaftler wecken in mir Bewunderung. Ihr Mut und ihr Optimismus im Angesicht dieser Verheerung sind einfach wunderbar. Nun weiß ich, nach welchem Glauben sie leben: sie haben ein unerschütterliches Vertrauen in die Allmacht ihrer Wissenschaft, daß sie ihnen in jeder Lage helfen und sie immer am Leben erhalten kann. Professor Reubens erklärt mir eine einzigartige Methode, Luft zu erzeugen. Ich verstehe zwar nur die Hälfte davon, aber mir ist dadurch klar geworden, daß wir unbegrenzt im Innern der Burg leben können. Wasser und Nahrung können ebenso synthetisch hergestellt werden. Und die ganze Zeit schon arbeiten Wissenschaftler und Ingenieure wie besessen in den üppig ausgestatteten Laboratorien und Maschinenhallen an einer Methode, uns die Atomenergie zu erschließen, um, wie sie sagen, uns damit eine Waffe in die Hand zu geben, mit der wir die Ameisen vernichten und die Herrschaft über Amerika den Menschen zurückgeben können. Aber ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Und ich wage kaum, auf eine solche Waffe zu hoffen. Theda lehnt sich an mich und schmiegt ihre weiche Wange an meine. Und obwohl ich mir ganz und gar nicht heldisch vorkomme, gibt mir ihre Liebe Stärke und Geborgenheit.
    Eine Flucht oder Hilfe von außen scheint völlig ausgeschlossen. Dennoch werde ich das Manuskript in die Zeitmaschine stecken, die abflugbereit neben mir steht. Ich sende diesen Bericht in die Zeit zurück, aus der ich gekommen bin und in die ich niemals mehr zurückkehren kann. Ich gebe hier noch einmal meiner Hoffnung Ausdruck, daß das Manuskript in die Hände von Leuten fallen möge, die damit etwas anfangen können und seinen Inhalt in der Öffentlichkeit bekanntmachen.
    Möglicherweise erringen wir einen Sieg in der unvermeidlichen letzten und entscheidenden Auseinandersetzung zwischen Menschen und Insekten. In diesem Fall versuchen wir, mit dem zwanzigsten Jahrhundert wieder Kontakt aufzunehmen. Andernfalls übersenden wir hiermit den Menschen des Jahres 1926 ein letztes Lebewohl.
    Unterzeichnet von:
    Professor JOHN REUBENS
    RAYMOND BENT
     
     
Was soll mit dem Dokument geschehen?
     
    Der bekannte Anwalt legte das unglaubliche Manuskript aus der Hand. Einen Augenblick lang herrschte Schweigen im Zimmer. Dann erhob der Universitätsrektor seine Stimme.
    »Ich vermute, Sie wünschen unseren Rat, was mit diesem… diesem… geschehen soll.«
    »Sehr richtig«, gab der Anwalt zurück. »Ich bin der festen Überzeugung, daß es sich dabei um einen Schwindel handelt. Andererseits aber…«
    »Andererseits«, sagte der Naturwissenschaftler weiter: »›Es gibt mehr Ding’ im Himmel und auf Erden, als eure Schulweisheit sich träumt, Horatio‹, wie bereits im ›Hamlet‹ gesagt wird.«
    Der Mediziner räusperte sich. »Irgend etwas will mir an der ganzen Geschichte nicht schmecken«, sagte er. »Ich möchte damit unserem

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