Titan 18
Hand zu nehmen. Ich sage Ihnen, ich habe ein verdammt unsicheres Gefühl, wenn ich an das Imperium denke und seine Fähigkeit, uns zu beschützen.«
»Unsinn! Königliche Gouverneure, Könige – was macht das für einen Unterschied? Im Reich hat es immer Machtpolitik gegeben und einige Leute, die in die eine, und einige andere, die in die andere Richtung gezogen haben. Das wäre auch nicht das erstemal, daß sich Gouverneure aufgelehnt hätten, oder, was das betrifft, daß man Kaiser abgesetzt oder ermordet hätte. Aber was hat das mit dem Imperium selbst zu tun? Vergessen Sie es, Hardin! Uns geht das nichts an. Wir sind zuallererst – zuallerletzt! – Wissenschaftler. Und unser Interesse gilt der Enzyklopädie. O ja, noch etwas, das hätte ich beinahe vergessen, Hardin!«
»Ja?«
»Unternehmen Sie etwas wegen Ihrer Zeitung!« Pirennes Stimme klang jetzt ärgerlich.
»Das Terminus City Journal? Das gehört nicht mir; die Zeitung befindet sich in Privatbesitz. Was hat sie denn gemacht?«
»Sie empfiehlt jetzt schon seit Wochen, daß man das fünfzigste Jubiläum der Errichtung unserer Stiftung zum Feiertag erklären und zum Anlaß höchst unpassender Feierlichkeiten machen soll.«
»Und warum nicht? In drei Monaten wird die Radiumuhr die erste Zeitkapsel öffnen. Ich würde das schon als wichtigen Anlaß bezeichnen, Sie nicht?«
»Aber nicht für albernen Prunk, Hardin. Die erste Zeitkapsel und ihre Öffnung betrifft nur den Aufsichtsrat. Alles von Bedeutung wird dem Volk mitgeteilt werden. Das ist endgültig. Bitte machen Sie das dem Journal klar!«
»Es tut mir leid, Pirenne. Aber die Gründungsakte der Stadt garantiert da eine Kleinigkeit, die man als ›Pressefreiheit‹ bezeichnet.«
»Mag sein. Aber der Aufsichtsrat garantiert das nicht. Ich bin der Vertreter des Kaisers auf Terminus, Hardin, und habe in dieser Hinsicht alle Vollmachten.«
Hardins Gesichtsausdruck war anzumerken, daß er innerlich bis zehn zählte. Dann sagte er grimmig: »Dann habe ich Ihnen im Zusammenhang mit Ihrer Eigenschaft als Vertreter des Kaisers noch etwas mitzuteilen.«
»In bezug auf Anacreon?« Pirennes Lippen preßten sich zusammen. Er war jetzt wirklich ärgerlich.
»Ja. Man wird uns einen Sonderbotschafter von Anacreon schicken. In zwei Wochen.«
»Einen Botschafter? Hier? Von Anacreon?« Pirenne brauchte eine Weile, um das zu verdauen. »Wozu?«
Hardin stand auf und schob seinen Stuhl gegen den Schreibtisch. »Dreimal dürfen Sie raten.«
Und damit ging er – ohne großes Zeremoniell.
Anselm haut Rodric – wobei »haut« adeliges Geblüt kennzeichnete – Subpräfekt von Pluema und Sonderbotschafter Seiner Hoheit von Anacreon – plus ein halbes Dutzend weiterer Titel – wurde von Salvor Hardin am Raumhafen mit dem ganzen Pomp eines Staatsbesuches empfangen.
Der Subpräfekt hatte mit einem schmallippigen Lächeln und einer tiefen Verbeugung seinen Blaster aus dem Halfter gezogen und ihn mit dem Kolben voran Hardin präsentiert. Hardin erwiderte das Kompliment mit einem Blaster, den er sich eigens für diesen Zweck ausgeborgt hatte. Freundschaft und guter Wille waren damit dokumentiert. Und wenn Hardin an haut Rodrics Schulter eine kleine Ausbuchtung bemerkte, so verzichtete er klugerweise, darauf näher einzugehen.
Der Wagen, in dem sie dann Platz nahmen – von einer angemessenen Wolke geringerer Funktionäre umgeben –, rollte langsam und behäbig zum Cyklopaedia‐Platz, wobei ihm eine gebührend begeisterte Menge unterwegs zujubelte.
Subpräfekt Anselm nahm die Jubelrufe mit der selbstgefälligen Gleichgültigkeit des Soldaten und Adeligen entgegen.
Zu Hardin sagte er: »Und diese Stadt ist Ihre ganze Welt?«
Hardin hob die Stimme etwas an, um sich bei dem Geschrei Gehör zu verschaffen. »Wir sind eine junge Welt, Euer Eminenz. In unserer kurzen Geschichte haben uns bis jetzt nur wenige Angehörige des höheren Adels besucht. Daher unsere Begeisterung.«
Es ist verbürgt, daß der »höhere Adel« die Ironie nicht wahrnahm. Vielmehr meinte er nachdenklich: »Vor fünfzig Jahren gegründet. Hm‐m‐m! Sie haben hier eine ganze Menge ungenutztes Land, Bürgermeister. Sie haben nie daran gedacht, es in einzelne Güter aufzuteilen?«
»Das ist bis jetzt noch nicht notwendig. Wir sind in starkem Maße zentralisiert, das müssen wir sein, wegen der Enzyklopädie. Eines Tages vielleicht, wenn unsere Bevölkerung gewachsen ist …«
»Eine seltsame Welt! Sie haben hier keine Bauern?«
Hardin
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