Titan 19
Kierons Bewußtsein, während er inmitten der Sternenkönige stand. Alys – welchen Erfolg konnte sie schon gegen die heimtückische Macht der Kaiseringemahlin haben? War Alys in Gefahr? Und da war Geller, der geheimnisvolle Zauberer der Marschen. Kieron hatte das Gefühl, daß er sich um den Mann kümmern mußte. Es gab Fragen, die nur Geller beantworten konnte. Und doch lief es Kieron beim bloßen Gedanken an einen Zauberer – einen Vertrauten des Großen Vernichters – eisig über den Rücken.
Der Walkürer sah sich um. Es bestand kein Zweifel daran, daß hier genügend Macht versammelt war, um die Streitkräfte der Erde zu zermalmen. Aber was dann? Sobald Toran seiner Macht beraubt war, wer würde dann die Krone tragen? Das Imperium war notwendig – wenn es nicht mehr war, würden aufs neue die finsteren Jahre des Interregnums hereinbrechen. Vier Generationen lang war das schwächliche zweite Imperium umschattet gewesen. Nicht einmal die schlimmsten Barbaren wollten eine Rückkehr in die verlorenen Jahre der Isolation. Das Imperium mußte leben. Aber das Imperium würde ein Oberhaupt brauchen, wenigstens dem Titel nach. Wenn nicht Toran, der tölpelhafte, schwache Knabe, wer dann? Kierons Argwohn regte sich…
Das Dröhnen der Kesselpauken verkündete den Auftritt des Gastgebers. Das Stimmengemurmel verstummte. Freka der Unbekannte hatte die große Halle betreten.
Kieron starrte ihn an. Der Mann war – großartig! Die hochgewachsene Gestalt hatte Muskeln wie eine Statue aus dem Zeitalter der Dämmerung; seine Sehnen bewegten sich unter seiner goldenen Haut wie eine gut geölte Maschinerie; von jeder seiner Bewegungen ging Eleganz und Kraft aus. Eine Haarmähne von der Farbe flammenden Feuers umrahmte ein Gesicht von klassischer Schönheit – asketisch, fast unmenschlich in seiner Vollkommenheit. Die fahlen Augen, die jetzt die Versammelten musterten, waren wie Tropfen aus geschmolzenem Silber. Heiß, aber es war eine kalte Hitze, die einen mit eisiger Berührung verbrannte. Kieron schauderte. Dieser Mann war bereits zur Hälfte ein Gott…
Und doch war an Freka etwas, das dem Walkürer unheimlich war. Irgend etwas Undefinierbares, das man eher fühlen als sehen konnte. Kieron wußte, daß er hier einen herrlichen Sternenkönig vor sich sah, aber an dem Mann war keine Wärme.
Kieron unterdrückte seine unvernünftige Abneigung. Es war nicht seine Art, Menschen nach Gefühlen zu beurteilen. Vielleicht, dachte der Walkürer, bilde ich mir diese Kälte ein. Aber sie war da!
Als Freka dann freilich sprach, verschwand das Gefühl, und Kieron spürte, wie ihn der Klang und die Macht, die von der Stimme ausging, mitrissen.
»Sternenkönige des Imperiums!« rief Freka, und seine Worte hallten wie eine Welle über die Versammlung, schwollen an, als er weitersprach: »Seit mehr als hundert Jahren habt Ihr und Eure Väter für den Ruhm und den Gewinn des Großen Thrones gekämpft! Unter Gilmer von Kaidor habt Ihr die Wimpel der Kaiserlichen Erde bis an den Rand der Galaxis getragen und sie dort im Lichte der Andromeda selbst eingepflanzt! Ihr habt für die neuen Kaiser Euer Blut vergossen und Eure Schätze aufgebraucht! Und was ist Euer Lohn? Die schwere Hand eines Narren! Eure Völker winden sich unter der Bürde übermäßiger Steuern – Eure Frauen verhungern und Eure Kinder werden in die Sklaverei verkauft! Ihr werdet von einem närrischen Knaben unterdrückt, der wie eine Kröte auf dem Großen Thron hockt…«
Kieron lauschte atemlos, wie Freka von Kalgan ein Netz von Halbwahrheiten wob. Die zwingende Macht, die von diesem Manne ausging, war erstaunlich.
»Die Welten winden sich im Griff eines Idioten! Helia, Doorn, Auriga, Walkür, Quintain…« Er rief die Kriegerwelten eine nach der anderen auf. »Ja, und auch Kalgan! Es gibt nicht genug Reichtum im ganzen Universum, um Toran und den Großen Thron satt zu machen! Und der Hof lacht nur, wenn wir uns beklagen! Lacht über uns! Lacht über die Sternenkönige, die doch die Fäuste des Imperiums sind! Wie lange werden wir das erdulden? Wie lange werden wir Toran einen Thron erhalten, den selbst festzuhalten er zu schwach ist?«
Toran , dachte Kieron grimmig, immer wieder Toran. Nie ein Wort von Ivane oder Landor oder den Günstlingen, die sich Toran um den Finger gewickelt haben. Frekas Stimme wurde jetzt ganz leise, und er beugte sich über die erste Reihe derer, die ihn umstanden. »Ich rufe Euch auf – bei der Liebe zu Euren Völkern und zu Eurer
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