Titan 19
wie ein ausgezackter Gürtel aus Felsgestein und Erde um den ausgewölbten Äquator. Nur in der Dämmerzone war das Leben erträglich, und die Stadt Neg, der Sitz von Freka dem Unbekannten, war die einzige städtische Ansiedlung auf dem Planeten.
Neg lag mürrisch im ewigen Dämmerlicht da, als Kierons Raumschiff schließlich vor den Toren der Stadt landete und sein Gefolge sich ausschiffte. Der Raumhafen war von Fackeln und Feuerbränden erhellt, und der Lord von Kalgan hatte ein Trommlerkorps geschickt – eine auffällige Ehrung –, um seinen Besucher, den Sternenkönig, zu begrüßen. Die heiße, neblige Nachtluft erdröhnte im Klang der mächtigen Kesselpauken, und Waffen und juwelenbesetzte Rüstungen blitzten im gelben Licht der Flammen.
Endlich hatten alle sich ausgeschifft, und Kieron und seine Krieger wurden von Soldaten im Fackelzug in die befestigte Stadt geleitet, über uralte kopfsteingepflasterte Straßen, durch enge, überfüllte Plätze und schließlich zur Zitadelle von Neg selbst. Die Residenz von Freka dem Unbekannten, Lord von Kalgan.
Die Leute, an denen sie vorüberkamen, wirkten mürrisch und verschlossen. Ihre Gesichter waren stumpf und feindselig, Gesichter von Sklaven und Leibeigenen, die Angst und Gewalt in Bann hielten. Diese Leute, so überlegte Kieron, würden in einen Taumel der Vernichtung ausbrechen, sollte jemals die schwere Hand ihres Herrn die Zügel lockern.
Nach den Menschen von Neg wandte sich seine Aufmerksamkeit der mächtigen Zitadelle zu. Sie war eine trutzige Festung mit hohen Wällen und von Türmen gekrönten Bollwerken. Jede ihrer funktionellen, kantigen Linien verkündete von Kalgans blutiger Geschichte. Einer Geschichte endloser Rebellionen und Aufständen. Ein Krieger nach dem anderen hatte sich zum Herrscher dieser finsteren Welt aufgeworfen, nur um kurz darauf seinen eigenen Vasallen zum Opfer zu fallen. Die Kaiserliche Regierung hatte es sich zur Regel gemacht, sich nie in diese Angelegenheiten von rein lokaler Bedeutung einzumischen. Man war der Ansicht gewesen, daß aus diesen Schmelztiegeln nationaler Auseinandersetzungen die besten Kämpfer hervorgehen würden, die dann ihrerseits dem Imperium dienen konnten. Solange Kalgan Kämpfer und Raumschiffe erzeugte, sorgte sich niemand auf der Erde darum, wer es regierte. Und so wühlte Kalgan im Blut.
Aus dem letzten Alptraum war Freka hervorgegangen. Er war auf Kalgan schnell zur Macht gelangt – und war dort geblieben. Gehaßt von seinem Volke, herrschte er grausam, denn dies war seine Art. Kieron hatte gehört, daß dieser Krieger, der aus dem Nichts hervorgegangen war, anders als andere Männer war. Die Höflinge behaupteten, daß er sich nicht für Wein oder Frauen interessierte, und daß seine Liebe einzig und allein der Schlacht galt. Eines solchen Mannes bedurfte es auch, dachte Kieron, während er die Zitadelle prüfend musterte, um eine Welt wie Kalgan an sich zu reißen und dann festzuhalten. Eines solchen Mannes bedurfte es, um diese Welt überhaupt zu wollen!
Wenn Freka von Kalgan das Blutvergießen liebte, würde er glücklich sein, wenn diese bevorstehende Ratsversammlung der Sternenkönige endete, sagte sich der Walkürer trübsinnig. Er selbst wußte, wie nahe er der Rebellion war, und die anderen Lords der äußeren Marschen, die Lords von Auriga, Doorn, Quintain, Helia – sie alle waren mehr als bereit, die kaiserliche Krone von Torans Narrenhaupt zu stoßen.
Kieron wurde mit seinen Kriegern zu einer prunkvollen Suite in der Zitadelle geführt. Man teilte ihm mit, daß Freka es bedaure, ihn nicht persönlich begrüßen zu können, er habe die Absicht, sich binnen zwölf Stunden mit all den versammelten Sternenkönigen in der großen Halle zu treffen. Unterdessen würde Kalgan seinen Besuchern Gastfreundschaft erweisen und sie unterhalten. Eine Gastfreundschaft, wie der hohlgesichtige Steward voll Stolz verkündete, die im ganzen bekannten Universum nicht ihresgleichen kannte!
Etwas regte sich in Kieron – er stellte fest, daß er Freka von Kalgan nicht völlig vertraute. An diesem ganzen Rat der Sternenkönige war etwas vorbedacht Kaltblütiges, das ihn vor Gefahr warnte. Vielleicht lag es an der effizient glatten Art, mit der man die Besucher empfing, dachte Kieron völlig unlogisch und erinnerte sich, welche Mühe er sich immer dann gegeben hatte, wenn außerweltliche Herrscher Walkür besucht hatten. Plötzlich war er froh, daß er Nevitta zu äußerster Vorsicht gewarnt hatte, falls
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