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Titan 19

Titan 19

Titel: Titan 19 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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solcher Schaden angerichtet wurde – es sei denn, daß daraus eines Tages eine Verbesserung oder zumindest ein Wandel entstehen könnte.
    Er saß da und dachte darüber nach, und es kam ihm richtig vor, denn auch die Geschichte seines eigenen Planeten zeigte, daß mit der Verbesserung der Kultur wachsende Einsicht in gesellschaftliche Werte einherging.
    Und noch etwas.
    Die parapsychologischen Kräfte durften sich nicht zu früh in der menschlichen Entwicklung einstellen, weil sie von einer Kultur, die emotionell und intellektuell noch nicht auf sie vorbereitet war, katastrophal eingesetzt werden könnten. Keine Zivilisation, die noch nicht das Stadium des Erwachsenseins erreicht hatte, durfte parapsychologische Kräfte besitzen. Es handelte sich um Kräfte, die man von einer heranwachsenden Zivilisation unter allen Umständen fernhalten mußte.
    In dieser Beziehung zumindest, sagte sich Bishop, sind die Kimonianer die Erwachsenen und wir die Heranwachsenden. Im Vergleich zu den Kimonianern haben wir nicht das Recht, in uns mehr als Kinder zu sehen.
    Das war schwer hinzunehmen.
    Er würgte daran.
    Du mußt es schlucken, sagte er sich. Schlucke es!
    Der Schrank sagte: »Es ist spät, Sir. Sie müssen müde sein.«
    »Willst du, daß ich zu Bett gehe?«
    »Das ist ein Vorschlag, Sir.«
    »Also gut«, sagte er.
    Er stand auf und ging aufs Schlafzimmer zu, er lächelte dabei.
    Ins Bett geschickt, dachte er, so wie man ein Kind ins Bett schickt.
    Und er ging.
    Er sagte nicht: »Ich gehe, wenn ich soweit bin.«
    Er beharrte nicht auf seiner Würde als Erwachsener.
    Er machte keine Szene, stampfte nicht mit den Füßen auf, heulte nicht.
    Er ging zu Bett – so wie ein Kind, wenn man es ihm sagt.
    Vielleicht ist das der Weg, dachte er. Vielleicht ist das die Antwort. Vielleicht ist das die einzige Antwort.
    Er fuhr herum.
    »Schrank.«
    »Was ist Sir?«
    »Nichts«, sagte Bishop. »Gar nichts… danke, daß du mir die Hand versorgt hast.«
    »Schon gut«, sagte der Schrank. »Gute Nacht.«
    Vielleicht ist das die Antwort.
    Sich wie ein Kind benehmen.
    Und was tut ein Kind alles?
    Es geht zu Bett, wenn man es ihm sagt.
    Es tut das, was seine Eltern sagen.
    Es geht zur Schule.
    Es…
    Augenblick!
    Es geht zur Schule!
    Es geht zur Schule, weil es viel zu lernen gibt. Es geht in den Kindergarten, um anschließend in die Schule einzutreten und dann in eine Mittelschule und schließlich in die Oberschule. Es begreift, daß es viel zu lernen gibt, daß viel gelernt werden muß, ehe es seinen Platz in der Welt der Erwachsenen einnehmen kann, und daß es arbeiten muß, um zu lernen.
    Aber ich bin zur Schule gegangen, sagte sich Bishop. Jahre und Jahre bin ich zur Schule gegangen. Ich habe hart gearbeitet und ein Examen bestanden, das tausend andere nicht bestanden haben. Ich habe mich für Kimon qualifiziert.
    Aber nur einmal angenommen…
    Man ging in den Kindergarten, um sich für die Volksschule zu qualifizieren.
    Man ging auf die Mittelschule, um sich für die Oberschule zu qualifizieren.
    Man ging zur Erde, um sich für Kimon zu qualifizieren.
    Man schrieb vielleicht seine Doktorarbeit auf der Erde, war aber noch nicht mehr als ein Kindergartenkind, wenn man nach Kimon kam.
    Monty verstand sich ein wenig auf Telepathie, und ein paar von den anderen auch. Maxine konnte sich teleportieren und sie hatte das Glas aufgehalten, ehe es auf den Boden prallte. Vielleicht konnten das die anderen auch.
    Und sie hatten es einfach aufgeschnappt.
    Obwohl bloß Telepathie oder die Fähigkeit, ein Glas daran zu hindern, auf dem Boden zu zerschellen, nicht alles sein konnte. Da würde viel mehr sein, in der Kultur von Kimon mußte viel mehr stecken als nur die parapsychologischen Kunststückchen.
    Vielleicht sind wir bereit, dachte er. Vielleicht haben wir die Zeit des Heranwachsens fast abgeschlossen. Vielleicht stehen wir kurz davor, reif für eine Erwachsenenkultur zu sein. War das vielleicht der Grund, daß die Kimonianer uns eingelassen haben als einzige Geschöpfe der Galaxis, die sie einzulassen bereit sind?
    Bei dem Gedanken wurde ihm fast schwindlig.
    Auf der Erde bestand nur einer unter tausend die Prüfung, die einem den Weg nach Kimon ebnete. Vielleicht würde hier auf Kimon wiederum nur einer unter tausend dazu qualifiziert sein, die Kultur in sich aufzunehmen, die Kimon zu bieten hatte.
    Aber ehe man auch nur anfangen konnte, diese Kultur zu absorbieren, ehe man beginnen konnte zu lernen, ehe man überhaupt zur Schule ging,

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