Titan 23
Zentauren beugte sich herunter; seine wäßrigen Augen starrten gierig die Nacktheit des Mädchens an. Sie schlug vergebens um sich, ihre Nägel krallten nach dem Gesicht der Bestie. Aber obwohl das Blut hervortrat, schienen den Zentaur seine Wunden nicht zu kümmern.
Mason schaffte es schließlich halb benommen, sich aufzurichten. Der Dolch lag glitzernd neben ihm im Stroh. Er beugte sich vor, hob ihn auf. Dann wandte er sich der halbmenschlichen Bestie zu.
Alasa lag bleich und reglos in den Armen des Zentauren. Das Monstrum hatte keinen anderen Gedanken als das Mädchen.
Seine Augen funkelten blutunterlaufen, und aus seinem herunterhängenden Mund troff der Speichel. Mason kroch auf sie zu, die Bestie sah ihn nicht.
Mason hatte nur eine einzige Chance, und das wußte er auch. Lautlos stahl er sich von hinten an das Scheusal heran. Im letzten Augenblick schien der Zentaur die Gefahr zu ahnen, wirbelte herum und brüllte drohend.
Masons Arm zuckte herunter. Der Dolch bohrte sich in die Kehle des Zentauren, durchschnitt Haut, Fleisch und Knorpel. Ein Blutstrom schoß hervor, bespritzte das nackte Mädchen scharlachrot.
Mit einem ohrenbetäubenden Schmerzensschrei ließ der Zentaur Alasa fallen. Seine Hände griffen nach der zerfetzten Kehle. Dann warf er sich auf Mason.
Der konnte gerade noch zur Seite ausweichen, nur die schlagenden Hufe streiften ihn. Als die Bestie an ihm vorbeistürzte, legte Mason seine ganze Kraft in einen verzweifelten Sprung. Er spürte das eisenharte Fleisch unter sich, landete auf dem Rücken des Zentauren und schlang dem Monstrum die Arme um den Hals. Den Dolch hielt er immer noch in der Hand.
Die halbmenschliche Bestie wurde zum Berserker. Schreiend griffen ihre Hände nach hinten, suchten ihre Beute. Die krallen‐bewehrten Finger tasteten nach Masons Augen.
Mason schlug blindlings mit dem Dolch um sich. Er spürte, wie er durch die Luft geschleudert wurde, fiel schwer auf die Seite, rollte weiter. Hufe donnerten an ihm vorbei. Schwankend sprang Mason auf und hielt inne, starrte das Bild an, das sich ihm bot.
Der Zentaur war blind. Der Dolch hatte seine beiden Augäpfel aufgeschnitten, das Gesicht der Bestie war mit Blut besudelt. Und wenn das Monstrum vorher schon wütend gewesen war – dann war es jetzt ein fleischgewordener Dämon.
Blind und im Sterben begriffen kreischte es seinen Zorn und seine Mordlust hinaus. Mit den Hufen wild auf dem strohbedeckten Boden herumtrommelnd, die mächtigen Arme schwingend, tobte der Zentaur in dem Verlies herum, jagte den Mann, der ihm so schwere Wunden zugefügt hatte. Mason sah Alasa in der Nähe am Boden liegen. Er warf sich auf sie, hob ihren nackten Körper auf, taumelte in eine Ecke, und der Zentaur hetzte wie eine Ausgeburt der Hölle an ihm vorbei.
In dem engen Verlies tobte jetzt eine Jagd des Wahnsinns. Das sterbende Monstrum suchte blindlings nach seinem Gegner, während Mason, das Mädchen im Arm, ihm immer wieder auswich, wartete und wieder losrannte, wobei ihm der Atem heiß in der Kehle brannte. Und dann schienen die Kräfte des Zentauren plötzlich zu erlahmen. Die blutigen Arme hingen ihm schlaff herunter, und sein blinder Kopf legte sich zur Seite, so als lausche er.
Das Monstrum wurde steif, während das Mädchen in Masons Armen stöhnte und sich langsam regte. Von dem Geräusch angelockt, machte die Bestie einen Satz…
Und brach zusammen – tot! Plötzlich zur formlosen Masse geworden, sank die Kreatur ins Stroh, und dann hörte die große Wunde an ihrer Kehle auf zu bluten, als sich der Schlag des mächtigen Herzens verlangsamte und schließlich ganz aufhörte. Reglos lag es nun da, und sein schreckliches Leben war für immer zu Ende.
Erst jetzt erfaßte Mason die Reaktion. Benommen ließ er das Mädchen zu Boden sinken und entspannte sich, schwach und von Übelkeit gequält neben ihr. Doch nach einem Augenblick nahm er all seine Kräfte zusammen und wandte sich wieder Alasa zu. Sie war völlig reglos und weiß wie eine Marmorstatue, und ihr bleicher Körper war vom Blut des Zentauren besudelt. Masons Kehle war plötzlich völlig trocken. Lebte sie überhaupt noch?
Schnell rieb er ihre Arme und versuchte, sie ins Bewußtsein zurückzurufen. Dann hoben sich endlich die Lider des Mädchens; goldene Augen blickten, von Angst erfüllt und geweitet, in Masons Gesicht. Mit einem kleinen Schrei klammerte sich Alasa an ihn, nicht länger die Königin einer mächtigen Stadt, sondern nur ein verängstigtes Mädchen, durch
Weitere Kostenlose Bücher