Titan 5
unübertreffliche Bibliothek, die sich ohne die geringste Verzögerung zu Rate ziehen läßt. Das ist alles, Steve. Eine Sofortbibliothek und eine Sofortübermittlung. Daran ist nicht die mindeste mystische Aura. Doch sogar du, obwohl du weißt, wie es funktioniert, wirst von Schrecken gepackt, sobald man das System – oder seine exakte Nachahmung – bei dir anwendet. Du vermagst die Vorstellung nicht zu ertragen, daß fremde Augen dich beobachten. Mich stört es nicht. Denn selbst mein Gegner wird etwas von dieser Ehrfurcht verspüren. Ich dagegen habe dazu ein praktisches und sachliches Verhältnis. Es ist mein System, ganz gleichgültig, wie oft man es stiehlt. Ich habe es geschaffen. Ich kenne es. Ich weiß es zu gebrauchen. Und ich weiß, wie man es verbessern kann. Ich kenne seine Schwächen, und ich weiß, wo sie sich beheben lassen. Diese Leute, wer sie auch sein mögen, haben die Absicht, unseren Ruf zu zerstören und unser Monopol zu brechen. Dies eine Mal sehe ich keine Möglichkeit, um sie daran zu hindern. Die beste Abwehr ist diesmal ein Patt, indem ich sie auf die gleiche Weise angreife wie sie mich attackiert haben. Aber letztendlich entscheiden nicht die physischen Zutaten, sondern entscheidet das Gehirn. Und mein Gehirn ist besser, es weiß mehr als ihre Hirne. Letztendlich können sie nicht gewinnen.«
Er sprach wieder zum unsichtbaren Beobachter. »Und unter Berücksichtigung dieser Tatsachen«, schloß er, »bin ich zu Verhandlungen bereit. Darf ich für morgen mittag eine Begegnung unserer Repräsentanten vorschlagen? An einem Ort ganz nach Ihrem Belieben, versteht sich, da es ohnehin keinen neutralen Boden gibt.« Er wandte sich erneut an Stephenson. »Hier, Steve – nimm Aspirin.«
Wilke räusperte sich, schaute sich um unter den Mitarbeitern zu seinen Seiten – dazu zählte natürlich auch Dietz – und tastete mit seinem Blick nach Henry Walters. »Wir sind unsererseits bereit, Ihnen zwanzig Prozent der Stammaktien zum Vorzugsrecht sowie die sichere Wahl zum Vizepräsidenten mit Festbezügen in der Easyphrase Inc. zu bieten. Mr. Stephenson bieten wir fünf Prozent und eine Vizepräsidentschaft.«
Henry Walters nahm seine Zigarette und inhalierte bedächtig. »Wofür?«
»Für Ihre Anteile der Spot-Dialog.«
»Ich verstehe.« Henry Walters lächelte sanft.
»Das sind hundert Prozent!« rief Stephenson. Sowohl Wilke als auch Henry Walters hoben aus nachsichtiger Erheiterung die Brauen. Stephenson errötete und spielte, den Blick gesenkt, mit seinem Bleistift.
»Mr. Walters, nun…«
»Oh, wohl kaum nun schon, Gentlemen. Ich habe Ihr Angebot zur Kenntnis genommen. Ich werde es erwägen und Ihnen meine Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt mitteilen. Ich werde es…« – diesen Satz betonte er – »ganz allein erwägen.«
Verärgert blickte Wilke ihn an. »Wir hatten den Eindruck, Sie seien zu unverzüglichen Verhandlungen bereit.«
Henry Walters nickte. »Den hatten Sie sicherlich. Sie haben es mich doch in Mr. Stephensons Gegenwart sagen hören, oder? Daraus ergibt sich, daß meine Äußerungen zu Mr. Stephenson nicht zwangsläufig mit meinen Gedanken übereinstimmen. Und nun, da ich Ihre Gesichter gesehen habe, Gentlemen, gehe ich.«
Er schob seinen Sessel zurück. Er bemerkte, daß Stephenson aus verletzter Eitelkeit fast vor Wut platzte. Mit einem Nicken wies er zur Tür, und Stephenson folgte ihm.
»Du hast selbst gesagt, daß ich der Geschäftsmann bin!« brach es im Taxi aus Stephenson hervor; er war weit über die Grenzen seiner Geduld hinaus gereizt. »Ich bin ein gleichberechtigter Teilhaber! Was für einen Narren willst du aus mir machen? Erst läßt du mich nicht das Gespräch führen, dann beleidigst du mich auch noch! Wir müssen ihnen einig entgegentreten! Wir müssen standfest bleiben!«
Henry Walters lehnte sich zurück und entzündete eine neue Zigarette. »Steve, ich habe gesagt, daß du das Geschäft betreibst. Und du bist ein gleichberechtigter Teilhaber, ja – ich möchte, daß deine Anteilnahme an der Spot-Dialog ehrlich und aufrichtig ist. Aber sag mir eines, Steve.« Er blickte Stephenson ins Gesicht und schleuderte einen Eisspeer aus seinen Augen. »Bezweifelst du, daß ich dir deinen Anteil jederzeit entziehen kann, wenn ich es will? Es ist noch immer meine Firma, Steve. Meine Firma, mein System, mein Gehirn. Weißt du, Steve, was du bist? Sobald ich es wünsche, bist du nur mein Sprecher. Nicht mehr als ein Sprecher.«
Er lehnte sich wieder
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