Titan 5
die Nähe eines Dorfs gekommen und wollte er schon umgehen, als ihm einfiel, daß es längst durchsucht sein mußte und wahrscheinlich leerstand. So blieb er auf der Straße und hielt nach einem Laden Ausschau, in dem er Lebensmittel finden könnte.
Es gab einen kleinen Krämer, und die Ladentür stand angelehnt. Amos stieß sie auf, und eine Glocke lärmte blechern. Im selben Augenblick begann ein Hund zu bellen, und aus einem rückwärtigen Raum rief eine heisere Männerstimme:
»Still, Shep! Augenblick, ich komme gleich.« Im Hintergrund des Ladens ging eine Tür auf, und ein gebeugter alter Mann kam zum Vorschein, eine Petroleumlampe in der Hand. »Der verdammte Strom ist wieder abgeschaltet! Gut, daß ich geblieben bin. Sagte ihnen, ich müsse mich um den Laden kümmern, aber sie sagten, ich solle mit ihnen gehen. Mußte mich draußen im alten Brunnen verstecken. Blödsinniges Gerede von…«
Er brach ab. Seine Augen zwinkerten ungläubig hinter dicken Brillengläsern, der Mund klappte auf. Er schluckte einmal, dann sagte er mit schrillen Obertönen in der heiseren Stimme: »Wer – wer sind Sie eigentlich?«
»Ein Mann, der aus der Gefangenschaft der Fremden entkommen ist«, sagte Amos. Er hatte nicht daran gedacht, daß er mittlerweile einen erschreckenden Anblick bieten mußte. »Ich brauche Essen und eine Gelegenheit, mich bis zum Abend auszuruhen. Aber ich habe kein Geld bei mir, fürchte ich.«
Der alte Krämer nickte mechanisch und wies mit dem Daumen über die Schulter. »Bei mir ist noch kein Hungriger abgewiesen worden«, sagte er, aber es klang mißmutig.
Ein alter Hund zog sich verdrießlich knurrend unter eine Couch zurück, als Amos in den Wohnraum trat. Der Mann stellte die Petroleumlampe auf den Tisch und ging in die kleine Küche, wo er zu hantieren begann. Amos zog den Vorhang zu, um den verräterischen Lichtschein zu dämpfen. »Es gibt wirklich Fremde aus dem Weltraum, und sie sind schlimmer, als Sie sich vorstellen können«, sagte er.
Der alte Mann spähte mißtrauisch aus dem Küchendurchgang, sah Amos’ Augen und nickte zögernd. »Nun, wenn Sie es sagen, Freund. Aber es scheint nicht einleuchtend, daß Gott in einem anständigen Staat wie Kansas so etwas geschehen lassen würde.«
Er stellte einen Teller mit Spiegeleiern auf den Tisch, und Amos machte sich heißhungrig darüber her. Schon beim zweiten Mundvoll verließ ihn der Appetit, und den dritten Bissen brachte er nur noch mit Mühe hinunter. Plötzlich befiel ihn heftige Übelkeit. Sein Magen rebellierte, der Raum begann sich zu drehen, und kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn. Er versuchte sich am Tisch festzuhalten, um nicht zu fallen. Dann fühlte er sich zur Couch geschleift und versuchte zu protestieren, aber er zitterte vor Fieberschauern, und die Worte, die er zwischen klappernden Zähnen hervorstieß, bleiben unverständlich. Er spürte die Couch unter sich, und dunkle Wellen der Ohnmacht überrollten ihn.
Die Gerüche aus dampfenden Kochtöpfen weckten ihn schließlich, und er setzte sich mit dem Gefühl auf, daß zuviel Zeit vergangen sei.
Der alte Mann kam von der Küche herein und musterte ihn. »Ging Ihnen gar nicht gut, Freund. Anscheinend sind Sie es nicht gewohnt, ohne anständiges Essen und den regelmäßigen Nachtschlaf zu leben. Geht’s jetzt besser?«
Amos nickte. Er fühlte sich ein wenig schwach und schwindlig, aber es verging. Er zog die schmutzigen Kleider an, die sein Gastgeber in der Zwischenzeit notdürftig gesäubert und abgebürstet hatte, und tastete sich zum Tisch.
»Welchen Tag haben wir?«
»Samstag abend«, antwortete der andere. »Jedenfalls nach meiner Rechnung. Hier, essen Sie das und trinken Sie einen Kaffee.« Er sah zu, bis Amos zu essen begann, dann setzte er sich auf einen Hocker und begann ein altes Gewehr zu reinigen und zu laden. »Ist das wahr, was Sie erzählt haben?«
Amos zögerte, dann nickte er, unfähig, seinen Wohltäter zu belügen. »Ich fürchte, es ist so.«
»Ja, ich dachte mir’s irgendwie, als ich Sie sah.« Der alte Mann seufzte. »Na, ich hoffe, Sie werden es schaffen, wohin immer Sie wollen.«
»Und Sie?« fragte Amos.
Der Alte strich mit der Linken nachdenklich über den Gewehrlauf. »Ich überlasse meinen Laden nicht irgendwelchen Fremden. Und wenn der Herrgott, dem ich mein Leben lang die Ehre erwiesen habe, sich auf die falsche Seite stellt, nun, dann wird Er vielleicht gewinnen. Aber nur über meine Leiche!«
Nichts, was Amos sagen konnte,
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