Titan 6
zu Mr. Van Kleeck!«
Der so angeredete Mann entfernte die Mündung seiner Waffe aus Gaines Rippen – ziemlich widerwillig, fand Gaines – und bedeutete dem Chefingenieur, ihm voran die Treppe hinaufzugehen. Gaines ließ seinen Wagen stehen und gehorchte.
Van Kleeck hatte sich in der Kontrollstation selbst eingerichtet, nicht im Verwaltungsbüro. Ein halbes Dutzend Männer waren bei ihm, samt und sonders bewaffnet.
»Guten Abend, Direktor Van Kleeck.« Der kleine Mann schwoll sichtlich an, als Gaines ihn mit seinem Titel ansprach.
»Wir geben hier nicht viel auf Titel«, sagte er betont wegwerfend. »Nennen Sie mich ruhig Van. Setzen Sie sich, Gaines.«
Gaines setzte sich. Jetzt mußte er unbedingt diese anderen Männer loswerden. Er musterte sie mit gelangweilter Belustigung. »Werden Sie mit einem unbewaffneten Mann wirklich nicht allein fertig, Van? Oder trauen die Fundamentalisten einander nicht?«
Van Kleecks Gesicht verriet seinen Ärger, aber Gaines lächelte immer noch ungerührt. Endlich griff der kleine Mann nach einer Pistole, die auf seinem Schreibtisch lag, und winkte die anderen hinaus. »Verzieht euch, Jungs.«
»Aber, Van…«
»Verzieht euch, hab’ ich gesagt!«
Als sie allein waren, nahm Van Kleeck den Kabelschalter in die Hand, den Gaines auf dem Bildschirm gesehen hatte, und richtete seine Pistole auf seinen ehemaligen Vorgesetzten. »Na schön«, sagte er barsch, »versuchen Sie irgendeinen Unfug, dann geht alles hoch! Wie lautet Ihr Vorschlag?«
Gaines irritierendes Grinsen wurde breiter. Van Kleeck runzelte die Stirn. »Was ist denn so verdammt komisch?« fragte er.
Gaines ließ sich zu einer Antwort herbei. »Sie sind’s, Van – ehrlich, das ist einfach herrlich. Sie zetteln eine Fundamentalisten-Revolution an, und die einzige Funktion, die sie sich selber zugedacht haben, ist, die Straße in die Luft zu jagen, die erst Ihren Titel rechtfertigt. Bißchen unlogisch, was? Sagen Sie mir bloß«, fuhr er fort, »wovor Sie eigentlich so Angst haben.«
»Ich habe keine Angst!«
»Nicht? Sie? Sie sitzen da, bereit, mit diesem Druckknopf einen ziemlich unappetitlichen Selbstmord zu begehen, und erklären mir, daß Sie keine Angst hätten. Wenn Ihre Freunde wüßten, wie nahe Sie daran sind, alles zu zerstören, wofür sie gekämpft haben, würden sie Sie augenblicklich niederschießen. Sie haben auch vor ihnen Angst, nicht?«
Van Kleeck schob den Druckschalter fort und stand auf. »Ich habe keine Angst!« schrie er und kam um den Schreibtisch herum auf Gaines zu.
Gaines blieb ruhig sitzen und lachte. »Und ob! Sie haben zum Beispiel jetzt vor mir Angst. Sie haben Angst, daß ich Sie runterputze wegen der Art, wie Sie Ihre Arbeit machen. Sie haben Angst, daß die Kadetten Sie nicht grüßen. Sie haben Angst, daß man Sie hinter Ihrem Rücken auslacht. Sie haben Angst, beim Essen die falsche Gabel zu benutzen. Sie haben Angst, daß die Leute Sie anstarren – und Sie haben Angst, daß keiner Sie bemerkt.«
»Das ist nicht wahr!« heulte sein Gegenüber erbittert auf. »Sie… Sie dreckiger, hochnäsiger Snob! Bloß weil Sie in eine piekfeine Schule gegangen sind, halten Sie sich für was Besseres als alle anderen.« Er schluckte heftig, begann zu stottern, versuchte Tränen der Wut zurückzuhalten. »Sie und Ihre verdammten lausigen Kadetten…«
Gaines begutachtete ihn besorgt. Die Charakterschwäche dieses Mannes trat nun offen zutage – aber er fragte sich, warum er nicht schon früher etwas davon bemerkt hatte. Er erinnerte sich, wie ungnädig Van Kleeck einmal reagiert hatte, als er ihm anbot, bei einer schwierigen Berechnung auszuhelfen.
Er mußte jetzt diese Schwäche ausnutzen und den anderen so in Rage bringen, daß er den gefährlichen Schaltknopf vergaß. Er mußte ihn aufstacheln, bis sich das ganze Gift seines verzerrten Denkens gegen Gaines richtete, und er für keinen anderen Gedanken mehr Zeit fand.
Andererseits durfte man es auch nicht übertreiben, sonst machte eine Kugel Gaines und seinem Plan ein Ende, und die letzte Möglichkeit, einen blutigen, sinnlosen Kampf um die Herrschaft über die Straße zu vermeiden, wäre vertan.
*
Gaines schmunzelte. »Van«, sagte er, »Sie sind ein erbärmlicher kleiner Wurm. Sie haben sich eben wunderbar verraten. Ich verstehe Sie jetzt genau – Sie sind ein Versager, Van, und Ihr ganzes Leben hatten Sie Angst, daß einer Sie mal durchschauen würde und Sie dort landen, wo Sie hingehören. Direktor – pah! Wenn Sie
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