Titan 7
daß er den Bissen noch im Mund hatte und schluckte ihn hinunter. Stumm und regungslos blieb er in zusammengesunkener Haltung vor seinem Teller sitzen.
Conant brach das Schweigen, als er zur Tür ging. »Robbins, können Sie das Modell da tragen?« Der großgewachsene Mann steckte seine Waffe weg, hob das Gerät vorsichtig etwas an und nickte. »Bringen Sie es hinunter an den Strand, und warten Sie auf das andere Boot! Sagen Sie Mr. Johansen, dem Ingenieur, daß es sich um das Modell handelt, nach dessen Vorlage er arbeiten muß!« Robbins verließ den Raum. Conant wandte sich an Kidder. »Es besteht doch keinerlei Grund zur Aufregung«, sagte er ölig. »Natürlich sind Sie ein bißchen eigensinnig, aber das nehme ich Ihnen nicht krumm. Ich kann mir gut vorstellen, wie Sie sich fühlen. Wir werden Sie in Ruhe lassen; Ehrenwort! Aber ich habe die feste Absicht, diese Aufgabe zu vollenden, und ich werde mich durch so etwas Unwichtiges wie Ihr bißchen Leben nicht davon abbringen lassen.«
»Gehn Sie!« sagte Kidder. Seine angeschwollenen Stirnadern pochten. Er sprach mit ganz leiser, zitternder Stimme.
»Okay. Guten Tag, Mr. Kidder. Ach – übrigens – Sie sind ein verdammt schlauer Bursche.« Noch nie hatte jemand den gelehrten Mr. Kidder derartig tituliert. »Ich weiß sehr wohl, daß Sie die Möglichkeiten haben, uns von der Insel zu pusten. Ich würde das an Ihrer Stelle nicht versuchen. Ich bin bereit, Ihnen das zu gewähren, was Sie wollen – in Ruhe gelassen zu werden. Genau das möchte ich als Gegenleistung ebenfalls. Sollte mir während meines Aufenthalts hier irgend etwas zustoßen, dann wird die Insel von jemandem, der für mich arbeitet, bombardiert werden. Ich gebe zu, daß das nicht klappen könnte. In dem Fall würde die Regierung der Vereinigten Staaten sich der Sache annehmen. Das möchten Sie doch vermeiden, oder? Das wäre für einen Einzelkämpfer doch wohl eine Nummer zu groß, nicht wahr? Dasselbe wird übrigens passieren, wenn das Kraftwerk, nachdem ich wieder zum Festland abgereist bin, sabotiert werden sollte. Sie könnten dabei umkommen. Falls nicht, wäre es mit Ihrer Ruhe auf jeden Fall ein für allemal vorbei. Sie würden unablässig Ärger haben. So, und nun vielen Dank für Ihre… äh… Mitarbeit.« Der Bankier grinste und ging hinaus, gefolgt von seinem schweigsamen Gorilla.
Kidder saß lange Zeit unbeweglich da. Schließlich schüttelte er den Kopf, der zwischen seinen Händen ruhte. Er hatte fürchterliche Angst; nicht so sehr, weil sein Leben in Gefahr war, sondern weil sein Privatleben und seine Arbeit – seine Welt – bedroht waren. Er war tief getroffen und verwirrt. Er war kein Geschäftsmann; er konnte nicht mit Menschen umgehen. Sein ganzes Leben lang war er vor ihnen davongelaufen, hatte er den Kontakt mit ihnen und dem, was sie darstellten, gemieden. In Gegenwart von Menschen, die ihm zu nahe kamen, verhielt er sich wie ein verschüchtertes Kind.
Als er sich wieder ein wenig beruhigt hatte, fragte er sich vage, was wohl geschehen würde, wenn die Anlage erst einmal in Betrieb war. Mit Sicherheit würde die Regierung sich dafür interessieren. Wenn nicht – wenn nicht Conant bis dahin die Regierung wäre. Das Kraftwerk würde eine unermeßliche Energiequelle sein; und es würde nicht nur solche Energie produzieren, mit der man Räder antreiben konnte. Er erhob sich von seinem Stuhl und ging wieder in jene Welt zurück, die sein Zuhause war, wo man seine Motive verstand und wo diejenigen waren, die ihm helfen konnten. Im Gebäude der Neoteriker angekommen, war er der Welt des Menschen entflohen und konnte sich wieder ganz seiner Arbeit widmen.
Eine Woche später rief Kidder den Bankier zu dessen großer Überraschung an. Während der zwei Tage seines Aufenthaltes auf der Insel war die Arbeit gut vorangekommen, und er war mit dem Schiff, das die Arbeiter und das Baumaterial gebracht hatte, wieder zurückgefahren. Er stand mit Johansen, dem Chefingenieur, in ständiger Funkverbindung. Für Johansen wie für die ganze Mannschaft auf der Insel war der Auftrag bis zu ihrem Eintreffen geheimgehalten worden. Nur die unbegrenzten finanziellen Ressourcen der Bank hatten einen solchen Mann nebst all den anderen ausgewählten Fachleuten beschaffen können.
Als Johansen zum erstenmal das Gerät vor sich hatte, geriet er fast in Ekstase. Sofort wollte er seinen Freunden von diesem Wunderwerk berichten; aber das einzige erreichbare Funkgerät war auf Conants Privatbüro in
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