Titanen-Trilogie 03 - Der Sturz der Titanen
ihn. Das war für ihn eine Erleichterung, in gewisser Weise . . . und kränkte ihn andererseits.
»Ich weiß nicht.« Das war vom Verstand her eine sinnlose Aussage, denn er sah einer Niederlage im Ring ohne Scheu entgegen. Doch in der Beziehung zu seiner Frau schien seine Angst unüberwindlich.
»Du bist stark, und auch hübsch«, sagte sie. »Mir scheint, ich habe nie einen stattlicheren Nomaden gesehen. Und du singst so schön. Ich kann mir nicht denken, daß du eine Abfuhr erleiden müsstest.«
Er sah sie nachdenklich an. Die Bedeutung ihrer Worte war ihm natürlich klar. Es war inzwischen dunkler geworden, seine gute Nachtsicht aber bewirkte, daß er sie klarer sah als je zuvor. Er zitterte vor Anspannung und verzehrender Leidenschaft. Langsam fasste er mit der Rechten nach dem linken Handgelenk und berührte das Goldband.
Sie rührte sich nicht, den Blick auf seine Hände gerichtet.
Er fasste nach dem Reif, drehte daran. Er schob ihn über das Gelenk, doch der Reif ließ sich nicht abstreifen. Er musste ihn zu diesem Zweck ein wenig dehnen, doch seine Hand gehorchte ihm nicht.
Miss Smith sah ihm zu, die Wangen noch immer hochrot. Die Röte stand ihr sehr gut.
Neq spreizte die Finger auseinander wie beim Ringen und fasste damit nach dem offenen Teil des Reifs. Langsam drückte er zu, während der Schweiß ihm über den Nacken lief. Er zitterte vor Nervosität.
Dann aber hatte er es geschafft und den Armreif abgestreift. Sein Handgelenk fühlte sich nackt und kalt an. Als er den Reif hochhob, sah er Schweißspuren daran. Er versuchte vergebens, das Metall an seinem Hemd abzuwischen. Und dann schob er ihr das Geschmeide entgegen. Zoll für Zoll.
Miss Smith hob die linke Hand. Die Arme der beiden näherten sich einander zögernd. Das Gold berührte ihren Arm.
Und da zuckte sie zurück. »Nein - nein, ich kann nicht!« rief sie aus.
Neq stand nun da, den Reif in der ausgestreckten Hand -abgewiesen. Genau so, wie er es all die Jahre befürchtet hatte.
»Neq, es tut mir leid!« sagte sie gedämpft. »So habe ich es nicht gewollt. Ich wusste ja nicht, daß es so kommen würde.«
Neq stand noch immer unverändert da, den Reif in der ausgestreckten Hand, den Blick unverwandt darauf gerichtet. Seine Gefühle waren ihm selbst ganz unklar.
»Es ist nicht so, wie du glaubst«, sagte sie schließlich. »Ich -ich nehme ihn. Der erste Schock . . .« Sie hob ihm die Hand entgegen. . . und ließ sie abermals sinken. »Ich kann nicht!«
Langsam streifte Neq sich den Reif wieder über und machte ihn fest.
»Ich schäme mich ja so«, sagte sie. »Ich hätte nie gedacht -bitte, sei nicht böse.«
»Bin ich nicht«, brachte er mühsam heraus.
»Ich will damit sagen - du brauchst dich nicht abgewiesen zu fühlen. Es ist meine Schuld, nicht deine. Ich habe noch nie - ach was, ich bin ärger dran als du. Wie schrecklich das klingt!«
»Du hast noch nie einen Mann gehabt?« Neq stellte fest, daß es ihm um vieles leichter fiel, ihr Problem in Worte zu fassen als sein eigenes.
»Niemals.« Sie lachte gezwungen. »Als normale Nomadin wäre ich schon längst Großmutter.«
Sie hatte nicht ganz unrecht. »Nicht mal mit diesem Sos?«
»Ich glaube, der hat mich nicht einmal richtig bemerkt. Der hatte irgendeine Nomadin im Kopf. Deswegen kam er zur Schule.«
»Ich denke, wir lassen die Sache«, sagte er nach einer Weile.
»Wie meinst du das?« Die Krise war vorbei, und sie konnte wieder ungezwungener sprechen.
»Ich wollte dir meinen Reif ja nicht wirklich geben. Ich wollte bloß mal sehen, ob ich es fertigbrächte. Damit ich mich nicht ständig als Feigling fühlen muss.«
»Ach.«
Jetzt merkte er, wie grausam diese Worte waren. Und außerdem waren sie gelogen. »Ich will damit nicht sagen, daß ich dich nicht mag. Es geht - es geht ums Prinzip.« Jetzt redete er schon wie ein Irrer, und log obendrein. »Es ist nur - weil du schon alt bist - jedenfalls älter als ich. Und eine Irre.«
»Ja, ich verstehe.« Und dabei war sie gar keine Irre, jedenfalls keine richtige. Und wäre sie eine richtige Nomadin gewesen, er hätte ihr seinen Reif nicht mal im Spass anbieten können.
Und daß sie seine Lügen und Halbwahrheiten so widerspruchslos hin nahm, machte alles noch schlimmer. »Ich meine - du siehst nicht alt aus. Hättest du es mir nicht gesagt -«
»Könnten wir das Thema nicht lassen?«
Er hätte von Anfang an den Mund halten sollen. Damit hätte er ihr unnötige Peinlichkeiten erspart und hätte selbst
Weitere Kostenlose Bücher