Titanen-Trilogie 03 - Der Sturz der Titanen
besser dagestanden. So aber hatte er versagt - nicht indem er ihr den Reif anbot, sondern mit seiner Herumrederei. Das Thema wurde abgelegt - aber keiner vergaß es.
IV
Am nächsten Tag regnete es ununterbrochen. Die Fahrspur wurde mit der Zeit so aufgeweicht, daß die Räder ständig in Gefahr waren ganz einzusinken. Und wenn sie da einsanken, stand es in Frage, ob sie in absehbarer Zeit wieder loskamen. Miss Smith hielt auf dem Rücken eines niederen Hügels an.
»Wir werden lange warten müssen«, sagte sie. »Bis die Fahrbahn wieder fester wird, vergeht mindestens ein ganzer Tag.«
Neq starrte hinaus in den stetig fallenden Regen und zog die Schultern hoch. Es war nicht der Regen, der ihm Sorgen machte, sondern die Tatsache, daß er eine Unannehmlichkeit und für die ganze Mission ein Hindernis darstellte. Er hätte zwar einen Streifzug in den Wald unternehmen und die Gegend ein wenig auskundschaften können, aber er konnte ja Miss Smith hier nicht gut allein lassen. Falls die Gesetzlosen wieder einen Überfall versuchten, würde ihr Messer ihr nicht viel nützen.
»Na, wie war's?« sagte sie mit gespielter Lustigkeit. »Sollen wir wieder einen Versuch wagen?«
Neq sah sie verdutzt an. Die Bedeutung ihrer Frage war ihm momentan nicht klar.
»Wir beide werden hier für eine Weile steckenbleiben«, erklärte sie. »Wir beide haben Erfahrung bitter nötig. Gestern ist es schiefgegangen, aber heute bin ich besser in Form, glaube ich. Wenn wir es noch mal versuchen, dann -«
Ach, die Sache mit dem Armreif! »Was? Jetzt gleich? Hier?«
»Könnte doch sein, daß es am Tag besser läuft als abends. Die Gespensterfurcht fällt weg. Hättest du etwas Besseres zu tun? Oder hast du es im Ernst gemeint, als du -«
»Nein!« Diese Antwort gab er auf beide Fragen.
»Bringen wir es rasch hinter uns, damit wir nicht wieder kopfscheu werden.«
Ganz plötzlich fand er die Idee gar nicht so schlecht. Es tat ihm leid, daß er sie gekränkt hatte, und sie gab ihm nun die Gelegenheit alles wieder ins Lot zu bringen. Sie war ihm also gar nicht böse. Er schwitzte nur ganz leicht. Wenn er die Sache anging wie eine Runde im Ring, also ganz automatisch reagierte, dann hatte er seinen Anteil hinter sich gebracht, ehe sie es womöglich mit der Angst zu tun bekam und ihren Teil schuldig blieb.
Er fasste nach dem Reif, zerrte ihn herunter und hielt ihn ihr entgegen. Sie kam ihm auf halbem Weg entgegen.
Ihre Arme stießen gegeneinander. Der Reif fiel zu Boden.
»Verdammt!« rief sie aus und benutzte einen typischen Irrenausdruck. »Ich hab's schon.« Sie bückte sich gleichzeitig mit Neq, und ihre Köpfe krachten zusammen.
Er lachte verlegen.
»Da ist doch nichts komisch daran«, sagte sie. »Ich suche krampfhaft nach -«
Da fasste er impulsiv nach ihren schmalen Schultern und richtete sie auf. Ihren Kopf an sich ziehend küsste er sie.
Das hatte mit Zauberei nichts zu tun. Ihre so überraschend genommenen Lippen waren feucht. An einem ihrer Finger hing der Reif.
»Streif ihn über«, sagte er. »Ich glaube, wir schaffen es.«
Erst blickte sie das Gold an, dann ihn.
Da schlug etwas auf ihrer Seite gegen die Fahrerkabine.
»Runter!« fauchte Neq. Er selbst war schon in Bewegung, duckte sich, stieß die Tür auf und ließ sich in den Schlamm neben dem Rad fallen. Das Schwert in der Hand, so kauerte er neben dem Wagen und erwartete den Feind.
Er hatte am Geräusch erkannt, daß es sich um einen Pfeil gehandelt hatte. Das hiess Angriff der Gesetzlosen. Höchstwahrscheinlich ein schlecht organisierter Angriff, da sie ja nur zufällig hier haltgemacht hatten, aber dennoch nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.
Er sollte recht behalten. Durch das Regenprasseln hindurch konnte er zwei Männer hören. Sie stritten sich, ob sie das Fahrzeug jetzt gleich angreifen oder erst noch ein paar Pfeile abschießen sollten. daß die Tür sich geöffnet hatte, war ihnen entgangen.
Sie entschlossen sich zum Angriff. »Diese Irren können ja gar nicht kämpfen», sagte der eine. »Reiss einfach die Tür auf und zerr sie raus.«
Sie kamen näher, wollten die Tür an der Fahrerseite aufmachen - da griff Neq von der Seite her an. Der Kampf dauerte nur ganz kurz. Nach wenigen Augenblicken lagen zwei Leiber im Schlamm.
»Los jetzt!« rief Neq ihr zu.
»Los?« Sie stieß ihre Tür auf. »Wir können den Wagen nicht -«
»Doch nicht mit dem Wagen. Wir müssen hier weg. Wo zwei sind, könnten auch mehr unterwegs sein. Wir
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