Titanen-Trilogie 03 - Der Sturz der Titanen
wissen, was diese Laster wirklich aufhält. Und so werde ich es vielleicht herausbekommen.«
Mit steifen Gliedern kletterte sie herunter. Das feuchte Gewand klebte ihr am Körper. Sie war blaugefroren »Ein Jammer, daß es keinen leichteren Weg gibt dahinterzukommen.«
»Leider nein. Hätte ich ihn nicht angesprochen, so hätte er den Stamm auf jeden Fall hierhergeführt. Und hätte ich ihn getötet, so wären die anderen gekommen, um nachzusehen. Welcher Stamm lässt schon zu, daß seine Mitglieder einfach verschwinden. Es war wohl am besten, daß ich ihnen eine Warnung zukommen ließ.«
»Das könnte wieder passieren, wenn ein Laster anhält«, sagte sie. »Sind denn jetzt schon alle Nomaden Gesetzlose?«
»Nein. Ich beispielsweise nicht. Aber wenn nur einer von fünf ein Gesetzloser ist, dann wird kein Laster mehr durchkommen.«
»Ob sie sich einfach so gegen ihre Wohltäter wenden . . .?«
Neq zog die Schultern hoch. »Wie der Keulenmann ganz richtig sagte: sie müssen ja essen!«
»So habe ich mir das alles nicht vorgestellt.«
»Wir müssen zurück zum Laster.«
»Aber genau dort werden sie angreifen, wenn -«
»Deswegen müssen wir sofort hin. Ich werde ein paar Fallen errichten und Wache halten. Du kannst schlafen.«
»Ich und schlafen, während wir warten, daß sie kommen!«
»Dann schlafe ich, während du Wache hältst«, sagte er, bereits unterwegs zum Laster.
Er schleppte die Toten vom Fahrzeug fort und ließ sie als Warnung für eventuell anrückende Stammesmitglieder bei der Birke liegen. Dann durchsuchte er die Fahrerkabine. »Wo ist mein Armreif?«
Sie errötete. »Ich -« Sie reckte ihren Arm aus dem durchnässten Gewand. Der Reif steckte wegen des geringen Umfangs ihres Unterarms weit oben.
»Du hast ihn angelegt!« äußerte er verwundert.
»Was hätte ich damit denn tun sollen, als du plötzlich hinaussprangst«, sagte sie entschuldigend.
»Schon gut, Neqa. Melde dich, wenn du etwas bemerkst.«
»Ich möchte dir den Reif zurückgeben«, sagte sie da. »Ich wollte nicht -«
»Du wolltest. Lass ihn dran. Es hat ihn noch nie eine Frau getragen.«
»Aber ich kann doch nicht -«
»Glaubst du etwa, ich kann? Aber ich möchte gern. Na, vielleicht in ein paar Tagen.« Komisch, er schwitzte gar nicht, obgleich er total nass war. Momentan war sie in der Defensive und nicht er.
»Ja, das wäre nett«, meinte sie nur.
»Warte, ich passe dir den Reif besser an.« Er fasste nach ihrem Arm, schob den Reif herunter zum Handgelenk und drückte mit den Daumen gegen die schweren Metallenden. Das Gold war biegsam und passte sich ihrem Arm an.
»Schöne Worte machen alles leichter«, murmelte sie. »Ich danke dir. « Sie zitterte trotz der Wärme in der Kabine. Richtig, sie hatte Angst - vor einem Angriff der Gesetzlosen, vor den Folgen des Armreifs, vor Unentschlossenheit. Sie sehnte sich nach Geborgenheit.
»Mich hat noch niemals jemand geküsst . . .« sagte sie, als wäre in der Zwischenzeit nichts geschehen.
Hatte er das wirklich getan? Plötzlich bekam er das Gefühl, als hätte ein Schwert seinen Kopf gestreift, und ihm war ganz schwach und elend zumute.
Neq legte sich hinten auf die Ladefläche und schlief ungeachtet des Regens ein. Er war ein Krieger und war imstande ohne Rücksicht auf das Wetter überall zu schlafen. Miss Smith - im Moment Neqa - bedurfte des Schutzes der Fahrerkabine.
Er träumte. Er hatte zwar so getan, als nähme er die Überreichung seines Armreifs auf die leichte Schulter, doch in Wahrheit war es für ihn eine große Sache. Zum ersten Mal hatte eine Frau ihn angenommen, und sie waren nun verheiratet, wie lose auch immer. Alles übrige würde sicher noch kommen. Er träumte seinen Traum, und zwar mit allem Drum und Dran. Eine schöne Frau trug seinen Reif und liebte ihn.
»Neq!«
Er war sofort hellwach und hatte sein Schwert gezogen. Sie hatte richtig gehört. Menschen näherten sich dem Laster. Angesichts seiner Warnung konnte ihre Annäherung nur einen Grund haben und ließ keine Gnade erwarten.
Lautlos ließ er sich vom hinteren Teil des Lasters hinuntergleiten und drückte sich seitlich ans Fahrzeug. Er erkannte an den Geräuschen, die sie verursachten, die Zahl der Angreifer. Sie pirschten sich nämlich höchst ungeschickt heran. Es waren ihrer sechs, sieben, acht oder mehr.
Es dämmerte - der Himmel zeigte schon Helle, unter den Bäumen aber war es noch finster. Für ihn ein Vorteil, denn er konnte nach allen Richtungen hin angreifen, während
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