Titanen-Trilogie 03 - Der Sturz der Titanen
Weg, wo der tiefe Schlamm das Tempo verlangsamte. Die übriggebliebenen Gesetzlosen stoben erschrocken auseinander. Der einzige Scheinwerfer erfasste einen. Wieder jaulte der Motor auf, und der Laster tat einen Ruck auf den Mann zu. Der flüchtete sich zur Seite, seine zwei Stöcke schwenkend. Der helle Scheinwerfer ließ ihn nicht wieder los.
Bis zu diesem Punkt hatte Neq noch nicht klar erfasst, daß der Laster ja eigentlich eine Waffe darstellte. Eine schreckliche Waffe, weil kein Mensch es mit ihm aufnehmen konnte, auch
wenn die Fahrtüchtigkeit im Regen schwer beeinträchtigt war. Miss Smith - vielmehr Neqa - hatte es in ein lebendiges, gieriges Ungeheuer verwandelt, das Schrecken und Tod verbreitete. Vor und zurück, immer wieder, so bewegte sich das einäugige Wesen, wirbelte hinter sich Schlamm auf und bewegte sich auf alles Bewegliche zu, das ihm vor den Scheinwerfer geriet, und polterte über die auf der Straße liegenden Leiber hinweg. Ein Mann lag mit dem Gesicht nach unten in der dunklen Schlammasse. Nur die Beine waren deutlicher zu sehen. Vor und zurück ging es, endlos, als wäre die Gier des Wagenungeheuers nicht zu stillen.
Der Feind war geschlagen. Fünf Stammesmitglieder waren tot, einige verwundet, der Rest total eingeschüchtert. Die Schlacht war gewonnen. Der Laster hielt an. Das Motorengeräusch erstarb, der Scheinwerfer erlosch. Neq kletterte hinunter und ging nach vorne zur Kabine.
»Bist du es, Neq?« rief sie. Im Licht des Armaturenbrettes sah er ihre Klinge aufblitzen.
»Ja, ich bin's.« Er stieg ein.
»O Gott!« Und sie heulte los wie ein sitzengebliebenes Nomadenmädchen. Neq legte die Arme um sie und zog sie quer über den Sitz an sich und drückte sie an seine Brust. Und sie klammerte sich in ihrer kummervollen Erleichterung an ihn.
»Ich hatte ja solche Angst, daß sie die Reifen angreifen würden!« gestand sie.
»Keine Rede davon. Die griffen nur mich an.«
»Oh!« rief sie aus und fing auch schon zu lachen an. Die Sache war auf alberne Weise komisch.
Sie trug seinen Reif, sie lag in seinen Armen, sie floss über vor Gefühlen und Sehnsüchten . . . aber damit war die Sache auch schon aus. Es war nicht der richtige Zeitpunkt.
V
Am nächsten Tag, als wieder die Sonne schien und der Waldboden dampfte, fing Neq wieder zu singen an. Er tat so, als sänge er seiner Waffe etwas vor, in Wirklichkeit sang er Neqa etwas vor. Sie wusste es ohnehin.
Ich erkenne meiner Liebsten Gang,
Und erkenne meiner Liebsten Sang,
Und ich erkenne ihr blaues Kleid - Verlässt sie mich, wer kennt mein Leid?
»Du singst sehr gut«, sagte sie, leicht errötend.
»Ich weiß. Aber dieses Lied ist nicht die Wirklichkeit. Wenn ich vom Kampf singe, weiß ich, was das bedeutet. Aber die Liebe - Worte, nichts als Worte, die mir nichts bedeuten.«
»Woher willst du das wissen?« Das klang, als hätte sie Angst, diese Frage zu stellen, wäre aber fasziniert von dem Thema.
Er blickte auf seinen blanken Arm. »Ich habe meinen Reif nie- . . .«
Sie hielt den eigenen Arm mit dem schweren Goldreif hoch. »Du hast ihn mir gegeben. Und ich nahm an. Ist das Liebe?«
»Ich weiß es nicht.« Sein Atem kam stoßweise.
»Neq, ich weiß es auch nicht«, gestand sie. »Ich fühle mich nicht anders - ich bin immer noch ich, will ich damit sagen -doch mir ist, als glühe das Gold, als führe es mich, wohin, das weiß ich nicht. Aber ich möchte es wissen. Ich möchte etwas geben - alles geben. Ich bemühe mich darum. Doch ich bin die alte. Ich bin eine Irre, und ich ängstige mich. Ich habe Angst davor, daß ich nichts zu geben habe.«
»Du bist schön, du bist warmherzig und tapfer. Die Sache mit dem Laster -«
»Schrecklich war das! Dieses Mordenmüssen, meine ich. Aber ich musste es tun. Ich hatte Angst um dich.«
»Dann muss es Liebe sein.«
»Das hört sich gut an. Aber ich weiß es besser, Neq. Ich könnte dich hassen und dich dennoch brauchen. Wenn dir etwas zustößt, dann gibt es für mich keinen Weg mehr nach Hause zurück.«
Das war ja das Wunderbare daran: Sie fürchtete sich vor ihm, wie er vor ihr. Sie kämpfte lieber, als daß sie zusah, wie ihm etwas geschah - und doch konnte sie nicht friedlich zu ihm kommen. Sie musste praktische Gründe zur Rechtfertigung dessen anführen, das keiner Rechtfertigung bedurfte. Und er ebenso. »Zeig mir deine Brust«, sagte er.
»Was?« Sie war nicht schockiert, nur verdutzt.
»Dein Messer. Als du dein Messer wegstecktest, da -«
»Ich
Weitere Kostenlose Bücher