TITANIC-WORLD
Sie grinste schief und erklärte: „Du kennst ihn. Statt einer Antwort hat er Nathan angerufen, damit ich mich davon überzeugen konnte, dass ihm der Arsch nicht auf Grundeis geht, wenn er eigenständig eine schwerwiegende Entscheidung treffen soll. – Nathan war …“ Cecilia brach ab und schwieg. Erst als sie ihre Gedanken geordnet hatte, sprach sie mit gedämpfter Stimme weiter: „Das, was ich dir jetzt sage, bleibt bitte unter uns. – Nathan verhielt sich merkwürdig; so ganz anders als sonst. Zwar hat er sich meine Argumentation ruhig angehört und mir sogar Recht gegeben, dass das Anheuern dieser Spezialeinheit der nächstliegendenste Schritt sei. Aber, zum guten Schluss meinte er nur, dass seit dem Tod von Emily Pearson ja niemand mehr zu Schaden gekommen sei und die ganzen Spukgeschichten, die in der Presse stünden, noch nicht einmal wahr sein müssten. Am einundzwanzigsten Mai käme er nach Southampton, dann würden wir uns noch einmal beratschlagen und gegebenenfalls eine andere Entscheidung treffen. Bis zu seiner Ankunft jedoch, bliebe die TITANICWORLD geöffnet.“
„Warum hast du das Gespräch als komisch empfunden? Ich kenne Nathan zwar nicht persönlich, aber es klingt doch irgendwie einleuchtend, dass er sich selbst ein Bild machen möchte, oder nicht?“
„Es ist schwierig in Worte zu fassen, warum ich seine Reaktion so eigenartig fand. Weißt du, normalerweise ist gerade er der Mann, der Schwierigkeiten rigoros aus dem Weg räumt – egal, was es kostet oder wer dabei zu Schaden kommt. Doch in diesem Fall scheint er nicht handeln zu wollen. Außerdem konnte ich mich während des gesamten Telefonats nicht des Eindrucks erwehren, dass Nathan einfach nur Zeit schinden wollte.“
„Mmh, ich versteh‘ was du meinst, Cil“, antwortete Claire nachdenklich. „Aber Zeitwofür? Ich meine, welchen Grund könnte er haben? Doch, vor allen Dingen frage ich mich: Wenn Nathan prinzipiell nichts gegen das Anrücken der Geisterjäger hat, weswegen macht Craig dann so einen Aufstand?“
Cecilia antwortete nicht gleich. Bei Claires Worten hatte eine Sirene zu schrillen begonnen. Da war etwas! Krampfhaft versuchte sie sich zu erinnern – und dann fiel es ihr ein.
„Ich glaube, das ist es, was mich stutzig macht.“ Als sie Claires fragenden Blick sah, fuhr sie erklärend fort: „Während eines Telefonats vor ein paar Wochen hat Nathan mir bereits gesagt, das er im Mai nach Southampton kommt – mit einer Überraschung im Gepäck. Selbstverständlich habe ich mich bei Craig danach erkundigt, aber angeblich wusste er nicht, um was es sich handelt – und das ist wirklich komisch, weil Craig ansonsten grundsätzlich über Nathans Aktionen im Bilde ist.“ Cecilia unterbrach sich und starrte eine Weile geistesabwesend in ihre Kaffeetasse. Schließlich bemerkte sie: „Fest steht, dass diese Überraschung von immenser Wichtigkeit sein muss … Aber leider fällt mir nichts ein, was diese Hinhaltetaktik rechtfertigt. Es ist mir völlig schleierhaft, was …“
Weiter kam sie nicht. Ein aufgeregter Steward lief auf sie zu. Völlig außer Atem stammelte er: „Entschuldigung … aber die Schulklasse aus Düsseldorf wartet … im North Atlantic Inn … du müsstest schon seit zehn Minuten bei den Kids sein.“
„Hier, Jasmina. Das wär was für dich.“ Der blonde Junge stubste ein hübsches, schlankes, dunkelhaariges Mädchen an und zeigte grinsend auf den Speiseplan der dritten Klasse. Ihre Freundin, Georgia, trat wortlos hinzu und einen Moment studierten sie die Karte. Plötzlich rief Georgia: „Iiiiih, gekochter Hammel mit Kapernsoße! Bääh!“
„Ich wusste gar nicht, dass man Joshua kochen kann“, kicherte Jasmina und drehte sich zu dem vierten im Bunde – einem großen Bengel mit Wuschelkopf – um.
„Klar! Und Marc auch“, konterte Joshua und zeigte mit dem Finger auf ein Gericht. „Hier, Kaninchenkuchen.“
„Boah, du bist voll der Fisch, Joshua“, lachte Georgia und gab ihm einen freundschaftlichen Klaps. „Dein Englisch ist grässlich. Rabbit Pie heißt Kaninchen-Pastete nicht Kuchen.“
Alle vier lachten. Dann beugten sie sich wieder über die Karte. Eine Weile lasen sie schweigend. Dann fragte Joshua: „Georgia, was sind denn Pick-les ?“
Anstelle von Georgia antwortete Jasmina mit todernstem Gesicht: „Das ist das englische Wort für Pickel.“
„Wie jetzt? Echt?“ Er blickte seine Freunde der Reihe nach verdutzt an. Dann grinste er schief, als er sah, dass die sich vor
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