TITANIC-WORLD
Schauermärchen, die in den Zeitungen standen, wollten zuerst einige Eltern den geplanten Besuch in der Erlebniswelt nicht erlauben. – Aber das ist zurzeit bestimmt nichts Neues für Sie, dass, äh, Buchungen storniert werden.“
„Doch, das ist es! Bislang hatte ich nämlich den Eindruck, dass niemand etwas dagegen hat, einem waschechten Gespenst gegenüber zu stehen.“
Die Antwort klang schnippisch und Herr Schmitz blickte ein bisschen ratlos drein. Insgeheim dachte er, dass es wohl besser gewesen wäre, dass Thema nicht angesprochen zu haben. Er räusperte sich und fuhr in einem versöhnlichen Tonfall fort: „Ja, äh, wenn man es von dieser Seite aus betrachtet, tut Ihnen die Presse sogar einen, äh, Gefallen.“
„Sie sagen es“, fiel Cecilia ihm barsch ins Wort. „Trotzdem versichere ich Ihnen, dass die Geschäftsleitung bestrebt ist, dem was-immer-es-auch-ist ein Ende zu setzen. Im Übrigen ist es ja noch überhaupt nicht bewiesen, dass es sich bei den Vorfällen wirklich um übernatürliche Geschehnisse handelt. Vielleicht sind nur ein paar äußerst raffinierte Gauner am Werk, die sich einen Spaß daraus machen, die Polizei an der Nase herum zu führen.“
„Ja, äh, bei dem heutigen Stand der, äh, Technik ist natürlich alles möglich“, gab Herr Schmitz in die Defensive gedrängt zu. Dann entschuldigte er sich hastig, um nach seinen Schülern zu sehen. Cecilia ließ sich in einen Sessel im Foyer fallen und starrte ihm hinterher. Sie war wütend auf sich selbst. Warum hatte sie ihm nicht ehrlich gesagt, dass auch sie mittlerweile an eine paranormale Aktivität glaubte? Weil ich den armen Mann nur komplett verwirrt hätte, gab sie sich in Gedanken die Antwort. Vielleicht hätte ich anders gesprochen, wenn Craig nicht so ein Hornochse und die Spezis von Scotland Yard bereits im Anmarsch wären. Sie seufzte. Die ganze Situation wuchs ihr langsam über den Kopf und sie wagte nicht daran zu denken, wie es weiter gehen sollte, wenn wieder etwas passierte. Sie konnte nur hoffen, dass Psi – oder wie immer sie es auch nennen mochte – sich ab sofort weiter darauf beschränken würde, Bilder von der Wand purzeln zu lassen oder Stimmen hinter leeren Kabinen zu produzieren. Das war zwar unheimlich, aber nicht gefährlich. Ein harmloser Geist würde der TITANIC-WORLD auf lange Sicht keinen Schaden zufügen. Sie befanden sich schließlich in England; dem Land mit den meisten Spukhäusern. Da würde ein hauseigenes Gespenst in ihrer Erlebniswelt sogar noch für ein klein wenig mehr Furore sorgen – so lange es harmlos bliebe. Sie seufzte erneut. Als sie den Kopf hob, sah sie Georgia in der Türe stehen. Sie war ein großes, schlankes Mädchen mit rotbraunem Haar und sehr hellen grünen Augen. Ihre Freundin Jasmina gesellte sich zuihr und gemeinsam gingen sie auf die Titanic-Historikerin zu. Marc und Joshua folgten langsam. Cecilia stand auf und lächelte die Mädchen an. „Na, wie haben euch die 3-D Spiele gefallen?“
„Total genial“, rief Georgia begeistert. „Tante Mimi hat ständig nach unten geguckt, weil sie Angst hatte, sie steht im Wasser.“
„Du warst auch nicht viel besser“, verteidigte sich Jasmina lachend. „Ein paar Mal bist du sogar zur Seite gesprungen, weil du dachtest, die Welle ist echt.“
„Herr Schmitz dreht dem Rest der Welt da drinnen gerade den Saft ab und macht sich damit keine Freunde“, sagte Joshua, als er zu den Mädchen trat. Er sah Cecilia an und fragte: „Was passiert jetzt eigentlich noch? Sind wir fertig?“
„Da muss ich dich leider enttäuschen“, lächelte sie und warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Vorgesehen ist aber nur noch ein Stopp im Türkischen Bad und ein kurzer Rundgang durch eine weitere Hall of Silence. Danach ist eure Tour offiziell beendet.“
„Äh, gehen wir nicht in den Souvenirshop?“ Georgias Stimme klang überrascht. „Da müssen wir aber unbedingt noch hin. Erstens, weil Tante Mimi und ich gaaaanz viele Andenken kaufen wollen und zweitens, weil meine Mutter mir extra Geld gegeben hat, damit ich ihr eine Wasserkaraffe und Gläser mit dem White Star Line -Logo mitbringe.“
„Und eine große Tube Klebstoff“, schlug Marc vor und feixte. „Damit kann sie dann die Scherben wieder zusammen kleben und allen erzählen, dass es sich um eine Originalflasche vom Meeresgrund handelt, hahaha.“
Statt einer Antwort handelte er sich bloß einen derben Rippenstoss von Georgia ein. Jasmina aber bemerkte mit verdrehten Augen:
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