TITANIC-WORLD
während das restliche Personal mit kleineren Blessuren davon kam.
Auf dem Bootsdeck stürzten unzählige Besucher zu Boden und zogen sich Prellungen, vereinzelt auch Brüche zu. Eine fünfzigköpfige Reisegruppe aus Peking stürzte ins Hafenbecken, als die Decks immer steiler wurden. Auch andere konnten sich nicht mehr halten und fielen ins Wasser. Vier schwedische Studenten, die sich noch im Inneren des Schiffes aufhielten, wurden von verschiedenen Möbelstücken erschlagen! Zur gleichen Zeit saß Martin in einem der Technikräume des Cyber-Adventures II. Er hatte die Zähne zusammen gebissen und starrte den Computer grimmig an. Das Programm, The Wreck of the Titan , lief einwandfrei und er fluchte leise vor sich hin. Ein Kollege schüttelte zum wiederholten Male den Kopf und seufzte laut auf. Martin wandte den Blick vom Bildschirm ab. „Das ist wie verhext mit diesen Scheißdingern“, sagte er gerade, als die Tür aufgerissen wurde und einer der Informatiker leichenblass ins Zimmer taumelte. Er hielt sich krampfhaft an der Türe fest und stammelte zusammenhangslos: „Das Programm … tot … so viele tot … erschlagen … oh, mein Gott! oh, mein Gott! … schnell … Krankenwagen … alle Anderen … verletzt … Hilfe … bitte, so helft mir doch!“ Weinend brach er zusammen. Als Martin, von einer nie dagewesenen Angst erfasst, zum Vorführraum I stürmte, rappelten sich überall in der Erlebniswelt die Menschen wieder auf. Die Verletzten stöhnten und hielten ihre gebrochenen Gliedmaßen umschlungen, während jene, die mit dem Schrecken davon gekommen waren, sich verstört umsahen. Viele Menschen waren nicht ansprechbar; andere weinten. Geistesgegenwärtige Besatzungsmitglieder fierten zwei Rettungsboote ab, um die im Hafenbecken schwimmenden Menschen zu retten. Für sieben kam jede Hilfe zu spät; ihre Leichen trieben bereits im Wasser.
Die TITANIC-WORLD lag friedlich im Sonnenschein. Die weißen Aufbauten glänzten und die bunte Leuchtreklame, hoch über den Schornsteinen, blinkte fröhlich – in der Ferne begannen die ersten Sirenen zu heulen.
Hier endete Nathans Bericht. Cecilia hatte die Hände in maßlosem Entsetzen vor das Gesicht geschlagen; viel zu schockiert, um zu reagieren. Erst als Craig das Wort an sie richtete, zuckte sie aus ihrer Erstarrung.
„Lloyd ist tot und Claire liegt mit einer Gehirnerschütterung im Krankenhaus. Außerdem hat sie eine Platzwunde an der Stirn, die mit drei Stichen genäht werdenmusste.“ Seine Stimme hat jeglichen Klang verloren; monoton und mechanisch, wie ein Roboter, sprach er weiter: „Insgesamt sind 58 Menschen ums Leben gekommen. Mehr als fünfzehnhundert wurden zumteil so schwer verletzt, dass weitere Todesopfer zu befürchten sind. Es gibt nur wenige, die mit dem Schock davon gekommen sind – fast alle haben Blessuren und wenn’s nur eine dicke Beule am Kopf ist.“
Cecilia sah Craig mit einem gequälten Gesichtsausdruck an. Das soeben Gehörte hatte sie zutiefst bestürzt, obwohl sie die Zahlen, so wie einige, wenige Fakten bereits aus den Nachrichten kannte. Cecilia wusste, dass sie sprechen musste, aber es fiel ihr so unendlich schwer, einen Anfang zu finden. Das Logbuch durfte auf keinen Fall veröffentlicht werden, doch sie hatte keine Ahnung, wie sie diesen Appell formulieren sollte. Aus einem unbestimmten Gefühl heraus, bat sie: „Dürfte ich einen Blick in das Logbuch werfen?“
Einen Moment sah Craig sie in stummem Erstaunen an. Dann warf er einen fragenden Blick auf seinen Onkel. Nathan saß da und betrachtete Cecilia. Seine Geischt blieb ausdruckslos, als er bemerkte: „Heute morgen, als das Buch vor dir lag, hattest du dich meisterhaft in der Gewalt. Was hat deine Neugierde geweckt? Oder sollte ich besser fragen: Was erhoffst du, ausgerechnet jetzt, darin zu finden?“
„Antworten.“
Mehr sagte Cecilia nicht; aber sie hielt Nathans Blick stand. Sekundenlang sahen sie sich in die Augen, bis Nathan schließlich nickte. Als Craig ihr kurz darauf das Logbuch reichte, schloss Cecilia für einen Moment die Augen und atmete tief durch. Dann, mit Händen, die vor Erregung zitterten, begann sie die Seiten durchzublättern, bis sie fand, was sie zu suchen glaubte.
„2.05 Uhr: So eben hat Notboot D die TITANIC verlassen; jetzt sind nur noch A und B übrig. Ich bete zu Gott, dass die tapferen Bemühungen meiner Offizierskollegen, Murdoch, Lightoller und Moody, von Erfolg gekrönt sein werden, so dass sie auch diese Boote noch sicher
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