Titanus
ein Mädchen kennen. Eine blonde Signorina, hübsch, temperamentvoll, gut gebaut – zum Verlieben! Es erwischte ihn bis über beide Ohren. Er dachte zuviel an… Jedenfalls bereute er seinen Entschluß. Er scheute sich jedoch, die Meldung zurückzuziehen. Sie wissen ja, wer verstünde, daß er sein persönliches… Bei einem solchen Unternehmen! Ich verstand ihn. Er bekam die Signorina und gab mir nach langem Widerstreben seine Papiere.«
Nasarow verschlug es die Sprache. Das war doch nicht möglich! Jansen preßte die Lippen zusammen. Er verstand Sylvios Vetter nur zu gut. Aber was trieb dieses Raumbaby…?
»Dann haben Sie sich für Ihren Vetter geopfert?« fragte er zweifelnd.
Lazzarri lachte vergnügt. »Geopfert? Davon konnte keine Rede sein! Es war mir zu langweilig auf der Erde.«
Nasarow schluckte. Er starrte den Italiener an, als wäre er ein Trugbild. »Haben Sie auf der Erde geschlafen?« Er beugte sich vor. »Da unten baut man einen Staudamm zwischen Sibirien und Alaska, sperrt man das Mittelmeer zwischen Tanger und Gibraltar, baut man Atom- und Gezeitenkraftwerke, macht man Steppen, Sümpfe und Urwälder fruchtbar, schmilzt man Teile der polaren Eisfelder ab – und Sie finden die Erde langweilig! Fliegen Sie nachher zum Observatorium und betrachten Sie die Erde durch das große Fernrohr; denn was Sie auf der Erde übersehen haben, kann man Ihnen von hier oben nicht groß genug zeigen – und dann fliegen Sie mit dem nächsten Raumschiff zurück!«
Lazzarri hob die Schultern und warf die Lippen auf. Als hätte er Nasarows Worte überhört, fuhr er fort: »Alles ist geplant, genormt, berechnet, systematisiert, klassifiziert, automatisiert und nicht zuletzt moralisiert!«
Jansen hörte belustigt zu.
Sosehr Nasarow auf Lazzarri einsprach, der war von seinem Vorhaben, an der Expedition teilzunehmen, nicht abzubringen.
Schließlich gab es Nasarow auf. Müde sagte er: »Ob Sie teilnehmen, kann ich nicht entscheiden. Darüber wird das gesamte Kollektiv beschließen.«
»Ich danke Ihnen!« jubelte Lazzarri.
Nasarow winkte ab. Er ahnte, daß Lazzarri es fertigbringen würde, das ganze Kollektiv zu gewinnen!
Er war erschüttert. Er hatte geglaubt, sie alle wären durchdrungen von der Größe des Vorhabens, hätten ihre persönlichen Wünsche der Sache geopfert, bewußt auf alles verzichtet. Wie verschieden doch die Beweggründe waren! Der eine verließ seine Frau, um sich rückhaltlos in den Dienst der Gesellschaft zu stellen, der andere suchte im Raum zu vergessen, und den dritten lockte das Abenteuer!
Drei Männer! Wie mochte es bei den andern Expeditionsteilnehmern aussehen?
Marcel de Varenne hockte hinter seinem Schreibtisch und stützte sein Kinn auf die übereinandergelegten Hände. Er war zum Chronisten der Expedition ausersehen worden, weil er während des Fluges keine beruflichen Forschungen treiben konnte.
Er hob den Kopf und drückte auf die Aufnahmetaste des Tonbandgerätes. Summend glitt das Band über die Magnetköpfe. Vorerst registrierte es nur seinen Atem.
Wie begann man nun am besten?
»Chronik der Kosmos-Expedition«, sagte er schleppend, nannte das Datum und sprach schließlich in kurzen Sätzen, mit immer kürzeren Pausen: »Berichterstatter Marcel de Varenne, Geologe der Expedition. Expeditionsauftrag: Die Expedition verläßt mit der ersten Photonenrakete erstmals das Sonnensystem. Ziel: Das Sternbild der Hyaden. Während des Fluges ist das Sonnensystem von außen zu beobachten, zu fotografieren und in seiner Gesamtheit zu vermessen. Mit dem Sternbild der Hyaden ist ebenso zu verfahren. Werden in seinem Bereich Planeten festgestellt, sind sie nach Aufenthaltsmöglichkeiten zu untersuchen; wenn diese gegeben sind, wird eine Forschergruppe gelandet und der Planet erschlossen. Die mit der Kosmos um den Planeten kreisende Gruppe erforscht das zugehörige Sonnensystem und versucht, das Massenzentrum der Milchstraße – das für den irdischen Beobachter durch Dunkelnebel verdeckt ist – zu fotografieren. Nach Erfüllung des Auftrages ist zu versuchen, den Planeten mittels Kernladungen aus seiner Bann zu drängen, um die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Schwerkraft zu ergründen.
Die Expedition besteht aus zweihundertvierzig Mitgliedern, ausnahmslos im Alter von zwanzig bis dreißig Jahren.«
De Varenne holte tief Luft. Jetzt kam das Schlimmste – Listen verlesen! Und alles komplizierte, fremdländische Namen… Wenn er sich nur nicht versprach! Er nahm die Liste zur Hand.
»Ihre Namen und
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