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Titanus

Titanus

Titel: Titanus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eberhardt del'Antonio
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rollte in die Ecke.
Dr. Sandrino erhob sich und holte das Glas zurück. »Es ist unzerbrechlich – kein Grund zur Aufregung«, sagte
    Lazzarri.
»Fallende Gegenstände gehören bald für lange Zeit der
Vergangenheit an«, sagte Inoti. »Dann werden wir uns
manchmal wünschen, die Gegenstände hätten Gewicht.« »Was heißt für lange Zeit?« Lazzarri war erschrocken. »Ich
denke, auf dem Titanus gibt es acht Zehntel der irdischen
Schwerkraft?«
Inoti lächelte. »Glauben Sie denn, wir kommen, sehen und
landen? Wir können uns doch nicht im Vertrauen auf unser
Glück einer unbekannten Atmosphäre anvertrauen! Wir werden den Planeten umkreisen und erst einmal mit unbemannten Raketen Luftproben einholen. Was glauben Sie, was uns
alles interessiert! Luftzusammensetzung, Luftfeuchtigkeit, genaue Temperaturen der einzelnen Luftschichten und nicht zuletzt Bakterien. Außerdem müssen Aufklärungsflüge durchgeführt werden, damit wir einen Einblick in die Tier- und Pflanzenwelt erhalten. Wir müssen feststellen, ob es vernunftbegabte Wesen gibt, wo sie leben und, wenn möglich, welcher Wesensart sie sind. Das alles muß vor der Landung bekannt sein.
Das gibt umfangreiche und anstrengende Vorarbeit im schwerelosen Zustand!«
»Aber das dauert doch nicht ewig, und wenn alles klar ist,
landen wir!« rief der Italiener.
»Auf dem Planeten landet nur eine Forschungsgruppe. Die
Kosmos umkreist den Planeten als Satellit.«
»Wieviel Mann landen denn?«
»Etwa einhundertfünfzig. Die Astronomen bleiben an Bord.
Die Atmosphäre stört ihre Arbeit. Und Mechaniker, Elektriker,
Maschinisten – fast das ganze Bordpersonal bleibt.« Lazzarri war nicht begeistert. Einige Monate wollten sie
bleiben, das hieß monatelang schwereloser Zustand. Ihn lockte
das Abenteuer. Aber er konnte wohl nicht damit rechnen, daß
er… Er mußte froh sein, daß sie ihn mitgenommen hatten. »Hat eigentlich der Daueraufenthalt im schwerelosen Zustand gesundheitsschädigende Folgen?«
»Leider ja!« sagte Sandrino an Inotis Stelle. »Aber das ist
nicht mit zwei Worten erklärt!« Er nippte vom Wein, genoß
den Schluck mit erfahrener Zunge und suchte nach einem geeigneten Anfang.
»Zwar können Sie im schwerelosen Zustand atmen, weil Ihre Muskeln den Brustkorb heben und senken. Sie können essen und trinken, weil Speiseröhre und Darm die Nahrung peristaltisch befördern – es bilden sich Einschnürungen, die sich
so fortpflanzen, als wenn Daumen und Zeigefinger ein frisches
Leberwürstchen eng umschließen und die Wurst aus der Haut
streichen. Zwar preßt das Herz das Blut zwangsweise durch
die Gefäße – aber der Körper hat sich unter dem Einfluß der
Schwerkraft aufgebaut. Er hat seinem Knochengerüst und seinen Organen Stützen und Bänder geschaffen, die das Gewicht
in Richtung der Füße aufnehmen sollen, er hat die Muskeln
auf die Bedingungen der Schwerkraft eingerichtet. Aber« – er
sah Inoti an – »ich vergaß, daß unser Chefbiologe das viel besser erklären kann.«
»Ich weiß nicht, ob ich mich so verständlich machen kann«, sagte Inoti bescheiden. »Im Labyrinth, dem Gleichgewichtsorgan des inneren Ohres, befindet sich Gallert, in das kleinste Kalksteinchen und feine Härchen eingebettet sind. Je nach der Lage des Kopfes üben die Kalksteinchen einen Druck oder Zug auf die Härchen aus, die nun dem Gehirn über Zellen und Nerven signalisieren, welche Lage der Körper einnimmt und wie er darauf reagieren muß. So werden der Blutdruck, die Tätigkeit der Drüsen und des Darmes, der Stoffwechsel der Muskeln und andere vegetative, dem Willen nicht unterliegende Vorgänge geregelt. Fehlt nun die Schwerkraft, dann besitzen die Kalksteinchen kein Gewicht und können keine Reize auslösen. Es kann zu Störungen des vegetativen Nervensystems kommen, wodurch sich die Lichtempfindlichkeit der Augen, die Herztätigkeit, ja sogar die Arbeit der Schweißund Speicheldrüsen ändert, von der Magen-, Darm-, Gallen
und Gehirntätigkeit ganz abgesehen.«
Interessiert hörte Lazzarri zu. Jahre war er nun schon im
Raum, und erst jetzt lernte er die tieferen Zusammenhänge
kennen.
»Wir sind in der Lage, diese Störungen weitgehend zu vermeiden«, erklärte Sandrino. »Die fehlende natürliche Anpassungsfähigkeit des Körpers ersetzen wir durch Medikamente.
Allerdings können wir sie nicht in unbeschränkter Menge verarbeiten, ohne den Organismus zu schädigen. Sie müssen sich
mit zweckentsprechender Gymnastik und einem langen Spezialtraining ergänzen!

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