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Landsleute für den Größten hielten, der je in ihrem Lande geboren worden, rechnen könnte.
Die Königin war von diesem Plane durch Sir William Hamilton oder vielmehr durch mich unterrichtet. Es handelte sich nämlich darum, sie dahin zu bringen – und das war nicht schwer – daß sie, dem Vertrage zwischen England und dem Königreiche beider Sizilien gemäß, ihre Truppen mit denen der Engländer vereinigte. Hierauf ließ der König das Gerücht verbreiten, daß er für diese Expedition zehn Millionen aus seiner Privatschatulle gegeben habe, die Königin zeigte sich auf den Promenaden und im Theater mit falschen Diamanten geschmückt und sagte, daß sie ihre echten Edelsteine den Bedürfnissen des Staates geopfert habe. Nelson ward mit der Belagerung von Calvi beauftragt. Eine Kugel, die einige Schritte von ihm in den Boden schlug, schleuderte einen Hagel von Kieseln in die Höhe. Einer dieser Kiesel traf Nelson am linken Auge und schlug es ihm aus. Wenn man wissen will, aus welchem Metalle das Herz dieses rauhen Seemanns bestand, welchem die Kugeln Frankreichs ein Glied nach dem andern abrissen, bis er es endlich, für zwei vernichtete Flotten, bei Trafalgar niederschmetterte, so muß man den Brief lesen, den er noch an demselben Tage, wo er die furchtbare Wunde erhielt, an den Admiral Hood schrieb:
»Mein lieber Lord!
Aus den Nachrichten, die Sie über die Schlacht erhalten haben, ist Ihnen wahrscheinlich nichts von einer allerdings an undfür sich sehr unwichtigen Sache bekannt geworden. Es handelt sich nämlich um eine leichte Wunde, die ich heute Morgen erhalten habe, und die leicht sein muß, da ich Ihnen heute Abend noch schreiben kann.
Seien Sie meiner aufrichtigsten Hochachtung und Treue versichert. Horace Nelson .«
Sir William und ich, wir erhielten auch Nachricht von dieser leichten Wunde , ohne zu ahnen, daß damit der Verlust eines Auges gemeint war. Die Königin, die noch nicht voraussehen konnte, welche Dienste Nelson ihr einige Jahre später leisten würde, nahm dennoch ein gewisses Interesse an dem Vorfalle. Als der König erfuhr, daß Nelson ein Auge verloren hatte, fragte er: »Welches denn?«
»Das linke, Sire,« antwortete man.
»Gut,« sagte er, »das wird ihn also nicht hindern, auf die Jagd zu gehen.« – Schon lange hatte ich, seitdem ich in Neapel war, einen Ausbruch des Vesuvs zu sehen gewünscht und ich hatte Sir William lachend gebeten, daß er, da er so vertraut mit dem Vulkane wäre, diesem doch befehlen möchte, für mich ein tüchtiges Erdbeben hervorzurufen. Mein Wunsch war erfüllt. Am 12. Juni abends kam Sir William und da ich noch bei der Königin war, so holte er mich bei der letzteren ab. »Madame,« sagte er zu mir, nachdem er die beiden Majestäten begrüßt hatte, »ich komme soeben von dem Observatorium. Sie haben einen mit einem Erdbeben verbundenen Ausbruch des Vesuvs gewünscht, und wenn ich den Voranzeigen glauben darf, so werden Sie bald einen sehen und zwar einen sehr schönen.«
»Gut,« rief der König, »weiter fehlte uns nichts!«
»Mein Herr,« sagte die Königin, »es gibt Augenblicke, in denen die Natur an den Ereignissen des menschlichen Lebens teil zu nehmen und mit in den Zorn der Menschen auszubrechen scheint. Sie wissen doch, welche Anzeichen dem Tode Cäsars vorausgingen.« – »Meiner Treu, nein, Madame. Ich habe Sir William einmal von etwas wie von einem Kometen sprechen hören, allein die Kometen sind mir ziemlich gleichgültig, während mir die Erdbeben Furcht einflößen, erstens mir persönlich, wie alle Gefahren, deren Ursache ich nicht vollkommen begreife, und zweitens ruinieren sie mich durch die Wiederherstellungskosten ... Erinnern Sie sich noch, was mich das Erdbeben von 1783 gekostet hat?« – »Ich hoffe, daß Sie im vorkommenden Falle,« erwiderte die Königin, »nichtnach diesem Erdbeben wieder dieselben Torheiten begehen werden, denn wir können jetzt einen besseren Gebrauch von unserem Gelde machen, als es zum Wiederaufbau der Hütten Ihrer Calabreser verwenden.« – »Vielleicht wäre es aber dazu besser angewendet, als daß wir es in einem Krieg gegen Frankreich ausgeben. Frankreich ist ein furchtbarer Vulkan, Madame, der nicht nur die Hütten, sondern die Paläste umstürzt.«
»Fürchten Sie nicht, daß die Jakobiner von Paris Ihnen Caserta und Portici nehmen?« – »O, o!« – Die Königin zuckte die Achseln.
»Sagen Sie, was Sie wollen, Madame,« fuhr Ferdinand fort, »ich fürchte die Jakobiner von Paris mehr
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