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Titel: TITLE Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Dumas
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entlang.
    »Madame, Madame!« rief der Kutscher, der sich vergebens festzuhalten suchte, »ich bin nicht mehr Herr meiner Pferde.«
    »Nun, dann schütze uns Gott!« sagte die Königin.
    Ein neuer Donnerschlag, furchtbarer als alle bisherigen, erdröhnte; ich fühlte, wie ein Schauder durch meine Adern rieselte und ward vor Schrecken ohnmächtig. Als ich die Augen wieder öffnete, stand der Wagen, Gaetano hielt die Pferde am Gebiß und wir befanden uns dem Seufzergäßchen gegenüber. In dem Augenblicke, wo der Wagen eben an der Biegung des Kais zerschellen wollte, war derselbe Mann, der der Königin zugerufen, Gott nicht zu versuchen, den Pferden in den Zügel gefallen und hatte sie in der Gefahr, von ihnen zertreten zu werden, mit übermenschlicher Kraft zum Stehen gebracht. Der Stoß war so heftig gewesen, daß Gaetano von seinem Sitze geworfen worden war. Er hatte sich jedoch sogleich wieder erhoben und die Pferde beim Gebiß gefaßt.
    Als der Unbekannte sah, daß der Kutscher wieder Herr seiner Tiere war, hatte er sich entfernt und war verschwunden. Ich hatte nichts gesehen. Ich erwachte wie aus einem Traume. Die Königin ließ mich an ihrem Flakon riechen. »O, Gott sei Dank!« rief ich aus, als ich wieder zu mir kam, »daß Ew. Majestät kein Unglück zugestoßen ist!« Und ich warf mich in ihre Arme, indem ich sie mit Tränen und Küssen bedeckte. Dies war vielleicht seltsam, die Königin übte aber auf mich dieselbe Kraft aus, wie der Magnetiseur auf den Magnetisierten. Wenn ich bei ihr war, so war es mir stets, als ob meine Seele fortwährend strebte, aus meinem Körper zu fliehen und sich mit der ihrigen zu vereinigen. Gaetano stieg wieder auf seinen Sitz und die Pferde schienen wie durch einen Zauberspruch beruhigt zu sein, so daß wir glücklich im Palais anlangten. Ich war wie zerschlagen. Die Königin befahl mir, mich auf mein Zimmer, welches an das ihrige stieß, zu begeben und mich zu Bett zu legen. Sir William bat um die Erlaubnis, auf die Terrasse des Palastes gehen zu dürfen, um von da aus die Phänomene des Vulkans besser beobachten zu können. Ich glaube, daß er sich, um ein geologisches Problem zulösen, wie Empedolles in den Krater gestürzt und seinen Pantoffel auf dem Gipfel des Berges zurückgelassen hätte.
    Ich sah weiter nichts von dem Erdbeben, man erzählte aber Folgendes davon: Die Stöße folgten schnell aufeinander, indem sie sich besonders von Norden nach Süden, also von Portici nach Torre-del-Annunziata, erstreckten. Wie immer, blieb Neapel auch diesmal verschont. Gegen drei Uhr des Morgens bedeckte sich der Weg längs des Fußes des Berges mit Flüchtlingen, die ihre Wohnungen verließen und wie hinter einem Wall hinter der Magdalenenbrücke oder vielmehr hinter der Statue des heiligen Januarius, der von dem höchsten Punkt der Brücke die Stadt beschützt, Zuflucht suchten. Die Sonne war hell am reinen Himmel aufgestiegen, bald aber hatte sich die Rauch- und Aschensäule, die aus dem Krater des Vesuvs emporstieg, über das ganze Firmament verbreitet. Die Wasser, welche der Spiegel des Himmels sind, überzogen sich mit grauer Farbe und das Tageslicht verschwand allmählich wie bei einer Finsternis. Als ich mich erhob, hätte man schwören mögen, daß es abends um acht und nicht frühmorgens um zehn Uhr sei.
    Von diesem Augenblicke an bis zum übernächsten Morgen, also vom 13. bis zum 15. Juni, zeigte sich die Sonne nicht mehr, das Toben im Berge verdoppelte sich und die Finsternis ward mit jeder Minute dichter. Am folgenden Morgen wäre es, wenn die Uhren den Lauf der Zeit nicht angezeigt hätten, geradezu unmöglich gewesen, zu sagen, ob es Morgen, Abend oder Nacht sei. Die Finsternis war so groß, daß man sich in Chiaja und in Toledo, das heißt in den beiden größten Straßen Neapels, in einem finstern Zimmer zu befinden glaubte. Der Kardinal-Erzbischof holte aus der Kathedrale, von allen Geistlichen der Stadt begleitet, die vergoldete Büste des heiligen Januarius und begab sich damit, von dem ganzen Adel, welcher Gebete sprach, und von dem ganzen Volk, welches Hymnen sang, begleitet, auf die Magdalenenbrücke, wo er den heiligen Beschützer der Stadt um Gnade anflehte. Die Königin hörte die Messe, die dieser Zeremonie voranging, da ich aber protestantisch war, konnte ich nicht mitgehen. Wenn das Volk eine Ketzerin in einer Kirche gesehen hätte, so wäre es imstande gewesen, mir die Katastrophe zuzuschreiben und mich in Stücke zu zerreißen. Der Erzbischof, der

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