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Antipathie gegen ihn faßte. Die Zeit verging und Ferrari galoppierte. Am zehnten Tage nach seiner Abreise schlug Sir William dem Könige eine Jagdpartie in Persano vor, und da Sir William und der König demgemäß auf drei Tage abwesend waren, so ließen wir, die Königin, der General Acton und ich, uns in Caserta nieder. Ferrari kam den nächsten Tag gegen sieben Uhr abends an. Er brachte den Brief vom Kaiser von Österreich.
Acton hatte nach einem Siegel von einem Briefe Franz des Zweiten ein Petschaft machen lassen, welches dem kaiserlichen glich. Von dieser Seite brauchte man also nicht unruhig zu sein. Man wollte das Siegellack weich machen und den Brief entsiegeln. Wenn er so lautete, wie man es wünschte, so wollte man ihn unversehrt wieder in das Kuvert tun und dasselbe wieder zusiegeln. Lautete er hingegen nicht so, daß er die Wünsche der Königin begünstigte, so wollte man etwas ersinnen. Der Kaiser zeigte seinem Onkel bestimmt an, daß er nicht eher ins Feld rücken würde, als bis Suwaroff und seine vierzigtausend Mann Russen angekommen wären, und er glaubte nicht, daß dies vor Monat April 1799 geschehen könnte. Deshalb forderte er Ferdinand auf, seine Ungeduld zu zügeln, und es wie er zu machen, nämlich bis dahin zu warten. Es war augenscheinlich, daß, wenn die Franzosen auf einmal von hundertfünfzigtausend Österreichern, vierzigtausend Russen und fünfundsechzigtausend Neapolitanern angegriffen würden, sie dann gezwungen sein würden, Italien zu räumen; und wer konnte – da Bonaparte und seine dreißigtausend Mann in Egypten eingeschlossen waren – sagen, wo der triumphierende Marsch der österreichisch-russischen Armee stillstehen würde?
Aller Wahrscheinlichkeit nach nicht eher als in Paris. Die Königin war jedoch eine zu hastige Spielerin, als daß sie gewartet hätte, bis die Zeit ihr so schöne Karten in die Hand geben würde, und so wurde der Plan, den sie und der Generalkapitän Acton entworfen, in Ausführung gebracht. Acton war der Sohn einesirländischen Arztes, und, wie ich bereits erwähnt habe, ein geschickter Chemiker. Mit einer Mischung, die er schon im voraus bereitet, nahm er die Tinte des Briefes weg, indem er nur noch die Unterschrift ließ. Dann schrieb er anstatt der Verweigerung, auszurücken, wenigstens in diesem Augenblicke, welche Weigerung der Kaiser so bestimmt ausgedrückt hatte, ein förmliches Versprechen, ins Feld zu ziehen, sobald Ferdinand die römische Grenze passiert haben würde. Dann wurde der Brief wieder zugemacht, mit dem Petschaft des Kaisers neu gesiegelt und Ferrari übergeben, der ihn nach Persano brachte und den Händen des Königs übergab, indem er ihm beteuerte, er sei der erste, der den Brief berühre, nachdem er ihn aus den erhabenen Händen des Kaisers erhalten. Der König, der in Gesellschaft von Sir William bei Tische saß, entsiegelte den Brief, las ihn und gab ihn Sir William mit sichtbarer Befriedigung. Mein Gatte war, wie man weiß, mit in dem Komplott, deshalb war er über diese günstige Antwort durchaus nicht erstaunt. Er wünschte nur dem König Ferdinand Glück dazu, indem er zu ihm sagte: »So sehen Sie, Sire, daß Se. Majestät der Kaiser derselben Meinung ist, wie Lord Nelson. Es ist kein Augenblick zu verlieren.« Und so wurde wirklich bestimmt, daß General Mack in die römischen Staaten einrücken sollte, und zwar ohne länger zu zögern, als es die Vorbereitungen zum Feldzug erforderten. Man stand jetzt in den ersten Tagen des November.
81. Kapitel.
Der Krieg, in den Ferdinand gewilligt, war eine Sache, die ernster behandelt werden mußte. Man mußte den König dahin bringen, daß er sich an die Spitze seiner Armee stellte, und den Krieg persönlich mitmachte. Der König war, wie ich bereits gesagt, weit entfernt, tapfer zu sein, und wenn ich auch lange in bezug auf die Königin blind gewesen bin, so bin ich es doch hinsichtlich des Königs nie gewesen, besonders da Karoline immer Sorge trug, mich ihren Gemahl immer in seinem wahren Licht sehen zu lassen. Die Unterhandlungen dauerten lange, aber die Königin und Sir William machten bei Ferdinand geltend, daß es sich für ihn nicht nur darum handelte, die Franzosen zu bekämpfen und die Legitimität aufrecht zu erhalten, sondern auch, wenn er einmal in den römischen Staaten wäre, zu sehen, wasbei der Teilung des Erbe des heil. Petrus auf seinen Anteil kommen würde. Der König willigte endlich ein. Da man nur auf diese Einwilligung gewartet, so wurde die Armee
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