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Freundschaft einander selbst in Sir Williams Gegenwart einen Teil der Dinge sagen, von welchen uns das Herz überwallte. Übrigens kam eine Viertelstunde nach Nelsons Ankunft der Fürst von Castelcicala des Königreichs beider Sizilien, um Sir William Depeschen mitzuteilen. Letzterer begab sich demzufolge in den Salon und ließ uns allein. Nelsons erstes Wort galt Horatia. Seine Fragen folgten mit solcher Schnelligkeit aufeinander, daß es mir Mühe kostete, dieselben zu beantworten. Ich ging in den Salon und sagte Sir William leise, Lord Nelson wünschte seine Pate zu sehen, und bäte mich, ihn zu der Pflegemutter derselben zu begleiten. Mein Gemahl drückte mir die Hand, schüttelte den Kopf und sagte: »Er ist wirklich ein sehr aufmerksamer und zärtlicher Pate! Gehe nur mit, mein Kind!« Ich ließ die beiden Diplomaten sich über die Staatsangelegenheiten besprechen, in welche ich, Gott sei Dank, mich nicht mehr mischte, und wir stiegen in den Wagen, um uns nach Stone-Street zu begeben. Unterwegs fragte ich Nelson, ob er wieder einmal den Vogel gesehen. »Was für einen Vogel?« fragte er. – »Den Vogel von Abukir, den, welcher sich Ihnen an dem Tage, wo ich Ihnen einen Besuch auf dem »Vanguard« abstattete, auf die Schulter setzte.« – »Ha!« rief Nelson freudig, »den habe ich am Morgen des Bombardements von Kopenhagen wiedergesehen. Ich zweifle nun nicht mehr, daß dieser Vogel mein guter Genius ist.«
Als er seine kleine Horatia wieder sah, schien er noch glücklicher zu sein als das erste Mal. Sie war während der verflossenen vier Monate sehr gewachsen und auch viel kräftiger geworden, so daß man sich kein reizenderes kleines Wesen denken konnte. Ganz außer sich vor Freude kam Nelson nach Piccadilly zurück und sprach während des ganzen Diners fast von weiter nichts, als von seiner kleinen Pate. Das neue Ministerium hatte Unterhandlungen mit Frankreich angeknüpft, wollte aber nur unter der Bedingung Frieden schließen, daß es Malta behalten dürfte und Trinidad abgetreten erhielte. Bonaparte widersetzte sich diesen beiden Ansprüchen sehr energisch und verkündete im »Moniteur«, daß er eine Flottille bei Boulogne zusammenziehen würde, um eine Landung an den Küsten der britischen Inseln zu versuchen. In der Tat verließen auch mehrere Abteilungen Kanonenboote die Häfen von Calvados, der Seine, der Somme, der Schelde undbegaben sich nach Boulogne. England wollte nicht zurückbleiben und zog bedeutende Streitkräfte zusammen, um dieses Landungsprojekt zu vereiteln. Nelson erhielt das Kommando des Geschwaders, welches bestimmt war, diese kriegerischen Vorbereitungen Frankreichs zu überwachen. Dies führte abermalige Trennung herbei, diesmal aber hatten wir die Hoffnung, daß die Trennung kurz sein würde. Das Auslaufen der Flotte war mehr eine Demonstration als eine Wiederaufnahme von Feindseligkeiten. Nelson erhielt den Befehl von der Admiralität am 25. Juli 1801 und am 27. hißte er seine Flagge auf dem Schiffe: »Die Eintracht« im Hafen von Sheerneß auf.
94. Kapitel.
Diese Kreuzfahrt dauerte ungefähr drei Monate, wo dann der Friede unterzeichnet ward. Es war die höchste Zeit, denn Nelson war wirklich krank. Am 17. Oktober schrieb er mir: »Teuerste Freundin! – Obschon mein Unwohlsein kein gefährliches ist, so widersteht es gleichwohl allen Heilmitteln, welche mir verschrieben worden, und ich muß gestehen, daß es mich sehr herabgestimmt hat. Wie es scheint, ist mir eine hartnäckige Erkältung in den Leib getreten. Ich wollte, die Herren der Admiralität litten an demselben Übel wie ich; da sie aber, wenigstens für mich, kein Gefühl haben, so ist dies ein zweckloser Wunsch. Ich habe eine sehr schlechte Nacht zugebracht; Ihr lieber Brief aber und der Sir Williams haben mir sehr wohl getan. Es ist mein fester Entschluß, mich nach meiner Ankunft in London nicht belästigen und beunruhigen zu lassen. Ich verlange nichts weiter, als mich mit Ihnen, meinen guten Freunden, aufs Land zurückziehen zu können.« Obschon dieser Brief in die Kategorie der offiziellen gehörte, so ward ich doch dadurch beunruhigt. Die ungleiche Handschrift schien zu verraten, daß der Schreiber dieses Briefes von Fieberfrost geschüttelt ward. Am 23. Oktober kam Nelson in Merton Place an. Ich hatte Sir William gebeten, zu erlauben, daß Mistreß Thomson und ihre kleine Horatia ihre Wohnung in einem der Nebengebäude nähmen. Sir William, welcher Nelsons Liebe zu der Kleinen kannte, hatte sofort seine
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