Tochter der Hoffnung (German Edition)

beinhaltet. Auch ich habe, äh hatte, eine wundervolle Gabe, die aber auch viel Ärger und Verantwortung mit sich brachte. Du  bist eine starke und mutige junge Frau. Und hübsch bist du noch dazu, “ fügte sie lächelnd hinzu.
    „Du darfst niemals an dir selbst zweifeln. Ich hatte in der Nacht vor meinem Tod noch eine Vision. In dieser standest du mit einem jungen Mann vor einer Menge voll Menschen und hältst triumphierend ein weiß glänzendes Schwert in der Hand. Nun muss ich dir leb wohl sagen, aber denke daran, auch wenn du mich nicht siehst, ich werde immer bei dir sein.“ Mit diesen Worten verblasste die Gestalt der Frau und nur der Geruch ihres Parfüms erinnerte an den Besuch. 
     
    Auch wenn Ailish am nächsten morgen einen schweren Kopf hatte und die Nacht sehr unruhig geschlafen hatte, wusste sie doch, dass sie die Begegnung mit ihrer Großmutter nicht geträumt hatte. Sie hatte keinen Alkohol getrunken, sie hatte keine starken Tabletten genommen und außerdem hing noch immer einer zarter Duft des Parfüms ihrer Großmutter im Arbeitszimmer. Missmutig saß sie mit einer Kaffeetasse in der Hand in der Küche und grübelte über die Worte von Deidrè nach. Warum konnte sie sich an ihre so genannte Gabe nicht erinnern? Irgendwie hatte sie schon immer gewusst, dass sie anders war als die Mädchen in ihrer Klasse oder ihre Kolleginnen. Aber dass sie eine Hexe, eine Zauberin oder wie auch immer man das nannte, war, damit hatte sie nun überhaupt nicht gerechnet. Sie kannte das Dorf und die Umgebung wie ihre Westentasche, sie hatte noch niemals einen Steinkreis gesehen, also was zum Geier sollte sie nur machen? Sie hatte nur noch wenig Zeit, wenn die Vermutung Ihrer Großmutter stimmte. Also, was sollte sie tun? Nach einigen Überlegungen nahm sie den Telefonhörer in die Hand und wählte die Nummer ihres Anwalts. Wenn sie wirklich in so kurzer Zeit verschwunden sein würde, wollte sie wenigstens dafür sorgen, dass das Haus ihrer Großeltern versorgt war. Sie wusste da schon eine junge Familie, die sich über den Grund und Boden freuen würde und sich gut um das kleine Cottage kümmern würde. Maggie könnte eine Art Pension eröffnen und somit hätte die Familie ein zusätzliches, sicheres Einkommen.
     
     
     
     
     
    Scàth bedeutet Schatten
     
    2.
     
    In den nächsten Tagen verbrachte Ailish viel Zeit damit, sich Bücher über Magie, über Steinkreise und über Irische Legenden zu besorgen und diese durchzulesen. Sie wusste, dass sich im County Cork der Steinkreis von Drombeg befand, doch den konnte ihre Großmutter nicht gemeint haben. Sie hatte vorher noch nie von einem Steinkreis gehört, der immer wieder verschwand und nur ab und zu auftauchte. Anscheinend gab es in vielen Ländern und Kulturen solche Kreise, die mit Steinen gekennzeichnet wurden. Ailish fand verschiedene Berichte, in den beschrieben wurde, dass auch die Indianer in Amerika noch heute Steinkreise errichteten, um darin ihre Rituale und Zeremonien abzuhalten. Auch gab es mehrere Berichte über ähnliche Kreise oder Spiralen bei den Germanen, den Kelten, den Slawen und den Goten. Sie fand auch heraus, dass es anscheinend viele Verrückte gab, die sich für Hexen oder Zauberer hielten und für viel Geld irgendwelche Seminare abhielten, um andere Menschen zu unterrichten. Sie selbst hatte schon einmal mit ihren Eltern Stonehenge besucht. Sie hatten damals einen Kurzurlaub in die Grafschaft Wiltshire im Süden Englands unternommen und hatten dabei die Gelegenheit genutzt, der weltbekannten Steinkreis-Anlage Stonehenge einen Besuch abzustatten. Doch sie konnte sich nicht erinnern, etwas Seltsames wahrgenommen zu haben. Sie wusste nur, dass es ein schöner Urlaub mit ihren sonst so beschäftigten Eltern war. Sie machten jeden Tag irgendwelche Ausflüge, es war eine schöne und auch fröhliche Zeit gewesen. Als Ailish merkte, dass der Kummer sie zu überwältigen drohte, wischte sie sich entschlossen die Tränen aus den Augen und machte sich daran, die letzten Unterlagen ihrer Großmutter zu ordnen. Sie hatte Maggie bereits einen Brief geschrieben, in dem sie unter anderem darum bat, die Tagebücher ihrer Großmutter aufzubewahren, für den Fall, dass sie eines Tages wieder zurückkehren würde. Mittlerweile hatte sie keinen Zweifel mehr, dass es diese andere Welt gab.

     
    In der Hauptstadt Cohlan kniete ein Mann in einer dunklen Kutte vor einem Stein-Altar. Langsam nahm er den juwelenbesetzten Dolch in die Hand, den er neben sich