Tochter des Drachen
Schlag, ein Knall, und Whistler fühlte den Schlitten bocken, kippen, dann schw im men. Danach brüllte der Fahrer über den offenen Kanal: »Ich kann ihn nicht halten, ich kann ihn nicht halten!«
Der Lieutenant schrie: »Festhalten, fest...!«
Ein greller Lichtblitz, dann schlug die Druckluft unter der Schürze ins Freie. Der Schlitten drehte sich, kippte, riss Whistler von den Beinen und schlug ihn aufs Deck. Sie wirbelten im Kreis und der Horizont verschwamm vor seinen Augen. Der Schlitten hob ab. Sie überschlugen sich, waren völlig außer Kontrolle ...
»Alle Mann runter!«, brüllte der Lieutenant, und was die Fliehkraft nicht geschafft hatte, dafür sorgten die Männer jetzt selbst. Sie ließen los und sprangen davon. Whistler sah die Eisdecke auf sich zurasen, zog den Kopf ein und krachte auf den Boden. Die Rüstung absorbierte den Aufprall zum größten Teil, und eine Sekunde später setzte er sich in die Hocke auf. Sah den Schlitten zwei-, dreimal abprallen, bevor er falsch herum zur Ruhe kam. Whistler schnappte nach Luft, und einen Moment lang hörte er nichts weiter als das raue Rasseln seines Atems. Und das Beben des Eises. Erschütterungen von jeder Bewegung des Kampftitan, die ihm die Beine herauf bis in den Schädel stiegen und die Eisdecke wie Gelatine in Bewegung brachten.
»Alle in Ordnung?«, bellte der Lieutenant. Ringsum nickten die Männer. »Gut, dann los. Bewegung, Bewegung, Bewegung!«
Sie schwärmten über das Eis.
Landungsschiff Schwarzer Wind, Dovejin-Eiskappe, Saffel Präfektur II, Republik der Sphäre
5. September 3135
Die Nacht hatte schlecht begonnen und wurde noch schlimmer, als sich der Morgen der Bordzeit näherte. Er hatte den ersten Abwurf - einen Kampftitan und einen Tomahawk - ohne seine Beteiligung angeordnet. Sakamoto gab keine Gründe für diese Entscheidung an und niemand fragte danach. Die einzige Anweisung, die seine MechKrieger erhalten hatten, war, den Gnadenstoß für ihren Tai-shu zu reservieren. Und während Worridge die Vorauseinheiten durch Iwanji führte und die beiden BattleMechs die Räuber-Basis angriffen, kotzte sich Kriegsherr Mit-sura Sakamoto die Seele aus dem Leib.
Hinterher zitterte er unkontrolliert. Er hatte am ganzen Körper Gänsehaut. Bei der kleinsten Kopfbewegung rotierte der gesamte Raum. Der Bordarzt stand vor einem Rätsel und empfahl Sakamoto, diesen Einsatz auszusitzen. Daraufhin drohte der Tai-shu, ihm die Ohren abzuschneiden, und der Arzt verabreichte ihm eine Spritze gegen die Übelkeit, wünschte ihm viel Glück und sah zu, dass er wegkam.
Jeder Schritt kostete Anstrengung. Sakamotos Beine waren wie aus Gummi, und sein Kopf wirkte leer, als hätte ihm jemand das Hirn durch die Beine abgesaugt. Aber er schaffte es bis zum Mechhangar, wo die anderen warteten: Kyle in seinem Heuschreck und Evans in dem blutroten Panther. Einmal im Cockpit des No-Dachi, sackte Sakamoto auf die Pilotenliege und blieb erst einmal reglos liegen und schnappte nach Luft. Jetzt verschwamm seine Sicht an den Rändern, die wie Kreide auf nassem Trottoir verschmierten. Mit einem Finger warf er den Zündschalter um, der am Ende eines bleischweren Armes saß. Es dauerte lange, bis er alle Medsensoren an Schultern und Oberschenkeln befestigt hatte, und er fummelte unbeholfen mit dem Kühlmittelkabel der Weste herum, hatte große Mühe, es in die Buchse an der Pilotenliege zu schlagen.
Irgendwie schaffte er es doch, den No-Dachi einsatzklar zu bekommen. Den sperrigen Neurohelm über den Kopf zu ziehen, den Bordcomputer hochzufahren, die Waffen zu aktivieren, die vorgeschriebenen Sensorprüfungen durchzuführen. Aber er war sich nur vage bewusst, was er tat. Seine Gedanken waren schwerfällig, es schien so, als gleite er nur über die Oberfläche der Wirklichkeit und würde lediglich ab und zu für einen kurzen Moment Kontakt aufnehmen, bevor er wieder davondriftete.
Gerade als er den letzten Punkt der Checkliste abgehakt hatte und der Hangar sich leerte, krächzte eine Stimme in seinem Helm: »Geschätzter optimaler Eintauchzeitpunkt in Drei-null-Komma-neun Sekunden, Tai-shu.«
Sakamoto schluckte mühsam. »Sehr schön«, antwortete er, obwohl die Lage alles andere als schön war. Wenn das einmal vorbei wäre, würde er lange, lange schlafen. Inzwischen - er schüttelte sich, roch Erbrochenes und kalten Schweiß - gab es dort unten Blaue zu töten.
»Gefechtsabwurf einleiten«, befahl Sakamoto und sah die Hangartore der Schwarzer Wind aufrollen. Die
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