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Tochter des Drachen

Tochter des Drachen

Titel: Tochter des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J.Bick
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Schritt näher als am Anfang der Mission. Und vor einem Monat war er sich so sicher gewesen, endlich Fortschritte zu machen. McCain seifte sich ein. Viki hatte behauptet, alles im Griff zu haben: ein zuverlässiger Mann, ein Attentäter mit Reputation.
    Nur, wer auch immer dieser Attentäter gewesen war, er zielte hundsmiserabel. McCain hatte sich wirklich anstrengen müssen, den Knaben zu retten. Wenigstens war es der richtige Knabe gewesen, das wusste er durch die Tätowierung: eine goldene Gliederkette um das rechte Handgelenk. Bloß war keiner von den Yakuza-Kumpeln des Burschen aufgetaucht. So viel zu dem alten Märchen von der Ganovenehre.
    Natürlich gab es noch eine andere Erklärung: Derjenige, den er sich so anstrengte kennenzulernen, war damit beschäftigt, seine Tarnung zu überprüfen. Ein versoffener ehemaliger Arzt, von New Samarkand verjagt, nachdem er eine Operation verpfuscht hatte, war nun gezwungen, sich am Arsch der Galaxis mit Drecksarbeit durchzuschlagen. Trotzdem, egal, ob es nun der richtige Knabe gewesen war oder nicht, irgendwie hatten sie Mist gebaut. Ein Monat war mehr als genug Zeit, ihn zu überprüfen.
    McCain trocknete sich ab, rasierte sich, kämmte seine struppige schwarze Mähne und zog sich an: verwaschene Jeans, schwarzes T-Shirt. Auf dem Weg ins Freie winkte er der Rezeptionistin kurz zu, einer attraktiven Rothaarigen Ende zwanzig mit Brille. Sie winkte zurück, aber McCain sah ihr an, dass sie genauso wild darauf war wie er, Junction auf dem Sichtschirm eines abfliegenden Raumschiffes für alle Ewigkeit in der Dunkelheit des Alls verschwinden zu sehen. Auf der Straße sprang ihn die Hitze an, und nach fünf Schritten stand ihm schon der Schweiß auf der Stirn. Bis er sein Schweberad erreichte, klebte das Hemd auf der Haut.
    Seine Maschine stand am entfernten Ende des Parkplatzes in einem kleinen Schattenfleck, den ein einsamer, krummer Ahorn warf, und neben dem ein Picknicktisch stand, an dem Krankenhausangestellte ihr Essen verzehrten und sich beklagten, wie beschissen ihr Leben war. Er hatte das Schweberad gebraucht gekauft, kaum dass er auf Junction angekommen war, obwohl >gebraucht< für diesen Schrotthaufen eine geradezu epische Übertreibung war. Das Ding fuhr sich, als würde es nur noch von Kaugummi und Packdraht zusammengehalten werden. Aber es brachte ihn, wohin er musste.
    Zumindest hatte es das bisher getan. Er drehte den Zündschlüssel, öffnete den Treibstoffhahn, presste den Startknopf und lauschte dem ergebnislosen Knarzen des Motors. McCain überprüfte den Sperrschalter, öffnete die Drosselklappe, fluchte herzhaft. Nichts half.
    Dann hielt mit lautem Zischen ein mitternachtsblauer Schweber neben ihm an. Eine viertürige Limousine, gefärbte Fenster, spiegelblanker Chrom.
    Die Hecktür glitt auf. Ein Schwall kalter Luft schlug heraus, gefolgt von einem Mann in einem schwarzen Rolli und grauer Kammgarnhose. Er war blass und hatte sehr kleine Mandelaugen in einem platten, breiten Gesicht. Ein zweiter Mann folgte ihm, ebenso gekleidet, aber was die Körpergröße betraf, McCain ähnlicher. Er war so muskelbepackt, dass McCain überzeugt war, falls er niesen musste, hätte das die Hemdsnähte platzen lassen. McCains Blick zuckte auf die Handgelenke der beiden, und plötzlich raste sein Puls. Denn da war die Tätowierung: eine goldene Gliederkette, und der Kreis aus einem schwarzen Drachen um ein rotes Feld.
    Der Muskelprotz fragte: »Sollen wir Sie mitnehmen, Doc?«
    »Ach was«, winkte McCain ab. »Nicht nötig. Aber wenn Sie ein Startkabel hätten...«
    »Nö, wir haben keine Kabel«, antwortete Muskel. »Was wir haben, ist ein hübscher, kühler Wagen mit einer guten Anlage. Wir bringen Sie, wohin Sie wollen.«
    »Ist wirklich nicht nötig.«
    »Kommen Sie, Doc.« Und diesmal sah McCain blauen Stahl blitzen. Möglicherweise eine Pistole, vielleicht auch ein hübscher, spitzer Torigato, der sein Herz zu Schaschlik verarbeiten konnte. »Sie wollen mitgenommen werden.«
    »Naja«, sagte McCain, »wenn Sie es so ausdrücken.«
    Sie verbanden ihm die Augen. McCain versuchte, sich die Kurven und Abzweigungen dennoch einzuprägen. Sie fuhren bergauf, also nach Osten. Östlich der Stadt lag nur der See, und prächtige Landgüter wie eine Perlenkette entlang des Ufers, die Häuser der sehr Reichen und der obszön Reichen. Das war entweder ein sehr gutes Zeichen oder ein sehr schlechtes. Gut, weil die Tätowierung bestätigte, dass die beiden die richtigen Yakuza waren.

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