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Tochter des Drachen

Tochter des Drachen

Titel: Tochter des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilsa J.Bick
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Schlecht, falls sie herausgefunden hatten, dass er nicht wirklich der war, der er zu sein vorgab.
    Kaum hatten sie ihn aus dem Wagen gelassen, noch bevor man ihm die Augenbinde abnahm, wusste McCain, dass sie am See waren, weil er den Geruch erkannte: nass und süß von Lavendel und Gras. Ein Blick auf das Landgut - und er wusste noch etwas: obszön reich. Das Haus schien aus einem kitschigen Historienroman zu stammen: eine Burg wie eine dreistöckige Hochzeitstorte, mit knochenweiß verputzten Mauern und grauen Schieferdächern, die in komplizierten Eisengittern endeten.
    Im Innern tauchten zwei Männer in Schwarz auf, mit der Gliederkettentätowierung. Wie Geister kamen sie aus dunklen Nischen links und rechts der Eingangstüre. Der Muskelmann sagte etwas in einem japanischen Stakkato und erhielt eine Antwort, die seine Miene verdüsterte. Er drehte sich zu McCain um. »Hier entlang.«
    Er führte McCain durch ein Labyrinth von Korridoren und Zimmern in einen Raum weit im hinteren Bereich des Hauses. Die Shoji war fest verschlossen, und zwei weitere Posten flankierten den Eingang. Als Muskelmann sich näherte, verneigten sie sich hastig und schoben die Reispapiertüre auf. Er trat ein und winkte McCain, ihm zu folgen.
    McCain roch den Knaben, bevor er ihn sah: getrocknetes Blut und säuerlicher Schweiß. Er konnte nicht älter als fünfzehn Jahre alt sein und lag auf einem niedrigen Futon, ein Laken bis zum Hals gezogen. Seine Augen waren geschlossen, und gelegentlich stöhnte er. Eine Frau kniete neben dem Bett und wischte ihm den Schweiß von der Stirn. Dann rang sie den Lappen in einer emaillierten Wasserschüssel, die bei ihren Knien stand, aus. Das war eine Szene, die wenig an Deutlichkeit vermissen ließ. »Herr im Himmel, das soll wohl ein Witz sein. Der Junge muss ins Krankenhaus.«
    Muske lmann s Stimme klang hart wie Stein. »Sie müssen ihn hier behandeln.«
    Operationen auf dem Küchentisch standen eindeutig nicht auf McCains Liste. »Was ist passiert?«
    »Er wurde gestern aus dem Hinterhalt überfallen, als er aus der Schule kam. Wir vermuten, von Kabu-ki-monoe.« Als er McCains fragende Miene sah, erklärte Muskelmann: »Ronin. Straßenschläger und Drogenhändler, die um Territorium kämpfen. Wer auch immer es war ... er ist entko mm en.«
    »Und warum haben Sie den Jungen nicht ins Krankenhaus geschafft?«
    »Geht nicht. Er hatte Leibwächter, aber die sind tot. Wer das schafft, hat nicht die geringsten Probleme, in ein Krankenhaus einzudringen. Sie müssen ihn hier verarzten.«
    »Nun hören Sie mal, ich bin kein Notarzt. Ich behandle nur die üblichen Straßenverletzungen ...«
    »Hören Sie, wenn Sie ihn nicht behandeln, muss ich Sie umbringen. Sie haben das Haus gesehen. Aber wenn Sie ihn retten, bleiben Sie am Leben. Eine Hand wäscht die andere, verstehen Sie?«
    »Was, wenn er stirbt?«
    »Brauchen Sie darauf eine Antwort?«
    Okay. Das war nicht geplant gewesen. McCain kniete sich hin und schälte das Laken vom Körper des Jungen. Ein Stück rostroter Mull so groß wie McCains Hand deckte die rechte Seite des Jungen ab. Vorsichtig entfernte McCain den Verband und stöhnte auf. Die Kugel hatte ein unregelmäßiges, blutiges Loch knapp rechts oberhalb des Nabels gerissen. Der Knabe bewegte sich, und pflaumenrotes, halb verklumptes Blut lief über seine Haut. McCain schaute zu dem Muskelmann hoch. »Es wäre wohl zu viel erhofft, nach einer Austrittswunde zu fragen.«
    »Allerdings. Die Kugel steckt noch drin.«
    »Toll. Wie lange ist er schon bewusstlos?«
    »Seit gestern Nacht.«
    »Oh, Mann.« Öliger Schweiß bedeckte Gesicht und Brust des Jungen. Er legte ihm die Hand auf die Stirn. Er war glühend heiß, aber als McCain die kalten, weißgrauen Fingernägel des Jungen drückte, dauerte es lange, bis das Blut zurückkehrte. »Mann, das ist übel. Sie haben zu lange gewartet.«
    »Deswegen operieren Sie ihn hier.«
    »Ach ja? Und womit? Mit meinem Taschenmesser?«
    »Wir haben, was immer Sie brauchen. Wir haben hier eine eigene Kl ini k.«
    »Und wo ist der dazugehörige Arzt?«
    »Tot«, antwortete Muskelmann mit einer tonlosen Stimme, die McCain deutlich sagte, dass er kein Interesse daran hatte, mehr zu erfahren. »Sie sind der Zweitplatzierte, Doc.«
    »Na wenn das nicht der perfekte Zeitpunkt ist auszusteigen.« McCain stand auf. »Auch wenn das jetzt abgedroschen klingt, aber ich habe kein Interesse, an diesem Wettkampf teilzunehmen und verzichte auf die Nominierung.«
    Muskelmanns

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