Tochter des Glücks - Roman
Nägel hat man ihr mit Balsamsaft rötlich gefärbt. Der Bräutigam ist gekleidet wie immer – blauer Kittel, weite blaue Hose, Sandalen. Seine Haare sind gekämmt, und er sieht sauber aus.
Brigadeführer Lai spricht ein paar Worte: »Der Kommunismus ist das Paradies. Die Volkskommunen werden uns dorthin führen. Mit Hilfe von Tao und Joy – Genossen auf ewig – wird unser Land die höchsten Höhen erklimmen. Wenn Tao über die Weltmeere fährt, wird Joy im selben Boot sitzen. Wenn Joy einen Berg besteigt, wird Tao an ihrer Seite sein.«
Z. G. nimmt meine Hand. Bei dieser Berührung – seiner freundlichen Geste –, in diesem Moment, möchte ich weinen. Bis jetzt hatte ich gedacht, dass meine Tochter den größtmöglichen Fehler begangen hatte, weil sie nach China gekommen war, aber im Vergleich zu dieser Hochzeit war das gar nichts. Mütter leiden; Kinder tun, was sie wollen. Ich schaue hinüber zu Taos Familie. Sie sehen auch nicht sonderlich glücklich aus. Die Mutter muss in etwa so alt sein wie ich, aber sie sieht eher aus wie sechzig oder sogar noch älter. So kommt das, wenn man neun Kinder hat, die am Leben sind, und wer weiß, wie viele schon gestorben sind, und dazu bettelarm ist. Der Vater ist einfach eine ältere Version seines Sohnes – dünn, drahtig, aber so ausgetrocknet und runzlig, wie es mein Schwiegervater war, bevor ihm der Krebs das Leben nahm.
Brigadeführer Lai kommt zum Ende der Zeremonie. Tao wendet sich an alle Gäste und verkündet: »Genossen, ich bin glücklich.«
»Auch ich bin glücklich«, echot Joy.
»In schweren Zeit werden wir uns dieselbe eingelegte Rübe teilen«, verspricht Tao.
»Wir werden aus derselben Tasse trinken«, fügt Joy hinzu. »Ich werde an der Seite meines Mannes in der Kommune arbeiten. Ich werde mit euch allen arbeiten.«
Ich mache ein paar Schnappschüsse vom Brautpaar, während Taos junge Freunde Feuerwerkskörper steigen lassen. Dann machen wir uns auf den Weg zur Kantine. Im Neuen China sind keine großen Hochzeitsbankette erlaubt – selbst die Zeremonie war schon mehr als das, was noch als angemessen gilt –, aber dennoch entdecke ich bei genauerer Betrachtung Zutaten in unserem Essen, die Glück bringen. Man serviert uns Hühnerfleisch, das eine gute Ehe und Eintracht in der Familie symbolisiert, aber es gibt keine Hühnerfüße oder Hummer, was typischerweise zusammen gereicht wird, da es den Drachen und den Phönix repräsentiert. Statt der westlichen Hochzeitstorte mit vielen Schichten, die ich mir immer für Joy gewünscht hatte, wird ein Teller mit aufgeschnittenen Pampelmusen gebracht, für Überfluss, Reichtum und viele Kinder. Nach dem Essen – wir können nicht länger sitzen bleiben oder tanzen, weil andere Mitglieder der Kommune noch essen müssen – brechen wir auf zu Joys neuem Zuhause. Wieder knallen Feuerwerkskörper. Früher sollten die Kracher Fuchsgeister, Gespenster und Dämonen vertreiben. Im Neuen China sollen wir nicht mehr abergläubisch sein, deshalb symbolisiert ein Feuerwerk nun Glück.
Joys neues Zuhause – das mit ihrer Ankunft zwölf Personen beherbergt – ist eine einfache Hütte mit zwei Räumen, gebaut aus Lehm und Stroh. Sie ist nach Norden ausgerichtet. Alle – offenbar außer meiner Tochter – wissen, dass nur die Allerärmsten ihre Häuser dort bauen, wo die Sonne im Winter nicht wärmen kann. Links von der Tür liegt aufgestapeltes Bettzeug. Taos Eltern und all die Brüder und Schwester müssen heute Nacht wohl vorhaben, entweder draußen im Freien oder im Hauptraum zu schlafen.
Um mich herum feiern die Leute, sie stoßen mit Reiswein an, aber ich bekomme kaum Luft. Als ich den Raum betrete, werde ich zurückversetzt in eine Hütte außerhalb von Shanghai, auf dem Weg zum Großen Kanal. Meine Schwester versteckt sich im anderen Zimmer, und meine Mutter und ich werden von japanischen Soldaten wiederholt vergewaltigt und geschlagen. Ich zittere, und mein Atem geht ganz flach. Der Geruch der Feuerwerkskörper und all die zotteligen, schmutzigen kleinen Geschwister machen mich körperlich krank.
Ich gehe nach draußen, um frische Luft zu schnappen. Etwas Schweres lastet mir auf der Brust, und es fühlt sich an, als würde mein Herz gleich zerspringen. Schon als kleines Mädchen, lange vor der Vergewaltigung und dem Tod meiner Mutter, hasste ich alles Ländliche. Als mein Vater May und mich ins Sommerlager nach Kuling schickte, sah ich etwas Böses darin, wie sich Wege und unbefestigte Straßen durch
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