Tochter Des Krieges
mitgeteilt. An einem Sommernachmittag hast du den Turnierplatz verlassen, mir zugelächelt und gesagt, dass du mich bei dem Fest am Abend einmal ausnahmsweise unter den Tisch trinken wirst, und dann… bist du… fortgegangen. Ich habe dich nie wiedergesehen – erst als du vorgestern Abend in den Wald geritten kamst. Warum nur?«
Thomas war sprachlos angesichts von Hals sichtlichem Schmerz. Ihm war nie klar gewesen, dass er Hal damit Kummer bereiten könnte, dass er ihm nichts von seinem Wunsch erzählte, dem heiligen Orden beizutreten.
Doch dieser Wunsch war auch für ihn sehr überraschend gewesen. Er war im selben Moment über ihn gekommen, als er in sein Gemach zurückgekehrt war, um sich von seinem Knappen und Kammerdiener die Rüstung ausziehen zu lassen, und eine Nachricht vorgefunden hatte… die Nachricht vom furchtbaren Tod von Lady Alice und ihren drei Kindern.
Diese Nachricht hatte mit einem Schlag sein Leben verändert. Der Krieg und die Herausforderungen des Kampfes Mann gegen Mann interessierten ihn nicht mehr.
Stattdessen kam es ihm vor, als hätte sich Gott vom Himmel herabgebeugt und gesagt: Du musst dein Leben damit verbringen, Buße zu tun, in meinem Dienst, in meinem Hause.
»Es tut mir leid«, sagte Thomas, obwohl ihm nicht ganz klar war, ob er sich bei Hal entschuldigte oder bei Alice’ allgegenwärtigem Geist.
»Du weißt, warum ich in die Kirche eingetreten bin«, fuhr er fort. »Du hast die Nachricht ebenfalls erhalten… «
»Glaubst du, Alice und ihren Kindern ist damit geholfen, dass du Tag und Nacht zu Gott um Vergebung deiner Sünden betest?«, sagte Hal. Die anderen Adligen, die um sie herum gestanden hatten, waren inzwischen einige Schritte weitergegangen, um den Anschein von Zurückhaltung zu wahren. Doch trotz ihrer abgewandten Rücken hörten sie immer noch zu. »Verflucht sollst du sein, Tom, wie ist Alice damit gedient? Oder ihren Kindern? Verdammt, Tom, sie hatte drei Kinder!«
Thomas blinzelte, überrascht über Hals Gefühlsausbruch. Was konnten ihm Alice und ihre Kinder bedeutet haben?
Hal wandte den Kopf ab und seufzte tief. »Ach! Jetzt ist alles verloren, Tom. Alice ist verloren, ihre Kinder, deine Jugend… du bist verloren.«
»Wie meinst du das?«
»Der Mann, der jetzt vor mir steht, ist nicht mehr der Tom, der einmal mein Freund war«, sagte Hal. »Hier steht jemand, der sich hinter dem Habit eines Geistlichen und seinen Gelübden verbirgt. Der bloße Abklatsch eines Mannes. Jemand, der seine Frömmigkeit dazu benutzt, um andere für seinen eigenen Mangel an Urteilskraft und Barmherzigkeit zur Verantwortung zu ziehen.«
»Hal… Hal… du weißt nicht, was ich in den letzten Monaten gesehen, was ich erfahren habe. Wenn ich übermäßig fromm erscheine… «
Hal verzog das Gesicht.
»… dann liegt das nur am Ernst meiner Aufgabe. Hal, wir haben beide unterschiedliche Wege eingeschlagen. Kannst du das nicht einfach hinnehmen?«
Wieder dachte Hal nach, senkte den Kopf und betrachtete den Boden zu seinen Füßen. Mit dem linken Stiefel schob er etwas Erde zu einem kleinen Haufen zusammen, hob dann den Kopf und blickte Thomas in die Augen.
»Ich gestehe dir das Recht zu, einen anderen Weg einzuschlagen, Tom«, sagte er. »Jeder Mann und jede Frau hat dieses Recht. Ich glaube nur, dass du den falschen Weg für dich gewählt hast. Der Mann, den ich kenne, ist dort drin.« Er klopfte Thomas sanft gegen die Brust.
In der Nähe war ein leises Rascheln zu hören, dann das Läuten von Glocken und eine Hornfanfare.
Hal sah zum gegenüberliegenden Ende des Hains hinüber und richtete den Blick dann wieder auf Thomas, ein sanftes Lächeln erhellte mit einem Mal seine Züge. »Können wir an diesem einen Abend Freunde sein, Tom? Kannst du nur für die Dauer dieses Banketts vergessen, dass du diese Gewänder trägst? Dann hätte ich meinen Freund zurück… und seine Freundschaft könnte den Schmerz in meinem Herzen lindern.«
Thomas öffnete den Mund, um zu erwidern, dass er nicht einfach ablegen konnte, wer und was er war, dass er seinen Schwur gegenüber der Kirche und Gott nicht einfach für die Dauer eines Banketts »vergessen« konnte… doch dann sah er Hals flehenden Blick.
Er streckte die Hand aus. »Also gut, mein Freund… und im Gegenzug kannst du mir von der ruhmreichen Schlacht von Poitiers berichten. Jedes Mal, wenn ich meinen Onkel danach fragen will, werden wir entweder von irgendwelchen Frauen oder von deinem Vater und deinem Onkel unterbrochen!
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