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Tochter Des Krieges

Tochter Des Krieges

Titel: Tochter Des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
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fragte Thomas in allen Einzelheiten darüber aus. Die Northumberlands und die Nevilles rangen seit langem um die Vormachtstellung im Norden Englands, eine wilde, unabhängige Region, die weit genug von Westminsters Einfluss entfernt war, dass der Titel Fürst des Nordens dort beinahe genauso viel Macht bedeutete wie der des Königs selbst. Viele Jahre lang hatte Northumberland eine Vormachtstellung besessen und den Titel Fürst des Nordens getragen. Doch nun, da Raby sich so eng mit Lancaster verbündet hatte, der wiederum Einfluss auf Richard besaß, sah Northumberland seinen Einfluss schwinden.
    Hotspur war ähnlich misstrauisch wie sein Vater. Nicht nur hatte Raby eine Ehe geschlossen, die ihm eine bevorzugte Stellung sichern würde, nun war auch noch Thomas als möglicher Rivale wiederaufgetaucht. In ihrer Jugend waren Hotspur und Thomas, gemeinsam mit Hal Bolingbroke, unzertrennlich gewesen. Sie hatten einen Freundeskreis gebildet, der gegen alle Außenstehenden zusammenhielt.
    Doch als die Jungen zu Männern herangewachsen waren, hatte sich die Lage verändert. Hotspur hatte den Ehrgeiz seines Vaters geerbt. Er erwartete, eines Tages ebenfalls Fürst des Nordens zu werden. Dies brachte ihn unvermeidlich in Konflikt mit Hal, der die Ländereien und Titel seines Vaters erben und deshalb ein Rivale Hotspurs um die Macht am englischen Hof und im Geheimen Kronrat werden würde.
    Nachdem Thomas die Priesterweihe empfangen hatte, hatte er für Hotspurs politische und dynastische Ambitionen keine Rolle mehr gespielt. Doch nun war er zurückgekehrt und hatte nicht nur seine Güter wieder in Besitz genommen, sondern stand hoch in Lancasters und Bolingbrokes Gunst und würde gleich drei der Ritterhöfe des Herzogs als Geschenk erhalten. Die Freundschaft zwischen Thomas und Hotspur bestand zwar noch, doch sie war nicht mehr so wie früher. Sie war von einer Zurückhaltung geprägt, die fast schon an Argwohn grenzte, der früher nicht zwischen ihnen bestanden hatte, als sie noch Knaben gewesen waren, die nur davon träumten, das Lager mit einem Mädchen zu teilen.
    Thomas erfuhr beinahe ebenso viel über die Percys wie sie über ihn, und er musste feststellen, dass die ehrgeizigen Pläne des Vaters für seinen Sohn weit über den Norden hinausgingen. Eduard hatte über fünfzig Jahre lang regiert und war bis auf die Anfangszeit, als er noch nicht volljährig gewesen war, und seine zunehmende Senilität im Alter ein starker Herrscher gewesen, der seine Adligen fest im Griff hatte.
    Wäre Richard dazu ebenfalls in der Lage? Vielleicht mit Lancaster hinter sich? Bekanntlich war es für jeden jugendlichen König schwierig, seine Macht zu festigen, und sicherlich nicht unüblich, dass ein anderer hochrangiger Adliger versuchte, diese an sich zu reißen. Lancaster war königstreu… aber waren es auch die Percys?
    So wie Hotspur Thomas argwöhnisch musterte, beobachtete auch dieser ihn und machte sich seine eigenen Gedanken.
    Kurz nach Mittag am Weißen Sonntag, dem ersten Sonntag nach Ostern, ritt Thomas in das Dominikanerkloster vor den Toren von Lincoln ein. Das große Fest des Todes und der Wiederauferstehung kündigte stets den Beginn des Frühlings an, und tatsächlich war das Wetter mild und klar. Der Schnee und der schneidende Winterwind schienen endlich den Blumen und dem ersten Grün zu weichen. Die Percys und ihr Gefolge waren in die Stadt weitergeritten; Thomas, Margaret und ihr Kind würden ihnen am nächsten Tag folgen, um ihre Reise nach London fortzusetzen.
    Thomas saß im Hof von seinem Pferd ab, und ein Laienbruder, der ihm die Zügel abnahm, wies mit einem Lächeln auf das Tor, das zum Klostergarten führte, als sich Thomas nach Margaret erkundigte.
    Thomas dankte ihm und betrachtete das Tor. Es war hoch und bestand aus massivem Holz… und es war geschlossen.
    Er zögerte, während er sich langsam seiner Handschuhe entledigte, und blickte nachdenklich das Tor an. Dahinter war sie, seine zukünftige Gemahlin, die Mutter seines Kindes… und sein möglicher Untergang.
    Aber nur, wenn er es zuließ.
    Thomas holte tief Luft, steckte die Handschuhe in den Gürtel, ging zu dem Tor hinüber, schob den Riegel zurück und stieß es auf.
    Er entdeckte sie nicht sogleich. Der Garten war groß und bestand aus rechteckigen Hügelbeeten, auf denen Gemüse und Kräuter wuchsen. Obstbäume, mit Stangen abgestützte Beerensträucher und Weinreben an Spalieren grenzten an die Wege und Beete an, versperrten die Sicht und

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