Tochter Des Krieges
verwandelten den Garten in eine Reihe von einzelnen Gelassen statt einer offenen Fläche, die sich dem Blick im Ganzen darbot.
Die Sonne stand fast senkrecht am Himmel, sodass alle, die sich in den Gartenlauben aufhielten, in tiefem Schatten saßen, und erst als Thomas das Tor geschlossen hatte und einige Schritte den Hauptweg entlanggegangen war, sah er Margaret.
Sie saß in einer Rosenlaube, vollkommen in den Anblick des Kindes versunken, dem sie die Brust gab. Ihr Haar war offen und hing ihr mädchenhaft über die Schultern, und sie trug ein schlichtes Gewand, wie man es eher bei einem Dorfmädchen erwarten würde.
Margaret hob den Kopf, als sie Thomas’ Schritte hörte. Einen Moment lang spiegelte sich Überraschung auf ihrem Gesicht, dann fasste sie sich wieder und lächelte, als er zu ihr kam und sich neben ihr auf die Bank setzte.
»Hallo, Margaret«, sagte er.
»Willkommen«, erwiderte sie.
Jetzt, da er in ihrer Nähe war und seine Augen sich an die tanzenden Muster von Licht und Schatten gewöhnt hatten, bemerkte Thomas, dass Margaret ihre Schönheit und Gesundheit zurückgewonnen hatte. Ihr Gesicht hatte die graue Blässe verloren und war nun wieder voller Farbe und Leben, und ihre dunklen Augen funkelten.
Thomas betrachtete sie mit ausdrucksloser Miene, und Margarets Lächeln schwand. Unsicherheit machte sich in ihren Zügen breit.
»Ich habe keine Hörner, Thomas«, sagte sie leise.
Thomas musterte sie noch einen Moment lang und blickte dann auf Rosalind hinab, und zum ersten Mal trat ein Lächeln in sein Gesicht. Wenn Margaret ihre Gesundheit wiedererlangt hatte, so waren die Veränderungen, die mit dem Kind vor sich gegangen waren, noch weit bemerkenswerter.
Rosalind war nicht mehr rot und von Furchen durchzogen, sondern wohl genährt, wie Milch und Honig. Sie war immer noch klein, zu klein für ein Kind, das beinahe zwei Monate alt war, aber dass sie gesund und munter war, ließ sich nicht bezweifeln.
Thomas streckte die Hand aus und berührte sie sanft an der Wange.
»Sieh nur«, sagte Margaret und zog die Decke ein wenig von Rosalinds Kopf. »Sie hat das Haar der Nevilles.«
Thomas erinnerte sich, dass Rosalind nach ihrer Geburt ein paar Locken dunklen Haars besessen hatte. Jetzt waren noch mehr dazugekommen und nun hatte sie einen ganzen Schopf davon.
Als er ihr mit dem Finger sanft über das Haar strich, wandte Rosalind den Kopf von Margarets Brust ab und blickte ihn blinzelnd an.
»Sie fragt sich, wer du bist«, sagte Margaret, zog sich das Leinen ihres Mieders über die Brust und wickelte Rosalind ein wenig fester in die Decke.
Dann hob sie das Kind hoch und legte es Thomas in die Arme.
Wie in der Nacht, als er es zum ersten Mal gehalten hatte, wurde Thomas auch jetzt wieder von dem Drang überwältigt, das Kind zu behüten und zu schützen. Er drückte es an sich und wiegte es ein wenig.
»Sie hat einen Schutzengel«, sagte er. »Die Sünde ihrer Zeugung soll nicht auf sie übergehen.«
Margaret verbiss sich eine scharfe Erwiderung. Meinst du damit die Sünde ihrer Mutter?
»Sie ist außerhalb der Ehe geboren worden, Tom. Sie wird immer ein Bastard sein.«
»Sie soll nicht darunter zu leiden haben. Das werde ich nicht zulassen.«
»Manche sind der Ansicht«, sagte Margaret sehr leise und musterte dabei aufmerksam Thomas’ Gesicht, »dass es besser gewesen wäre, sie wäre gestorben.«
Thomas riss den Kopf hoch. Hatte sie etwa sein Gespräch mit dem Erzengel mit angehört?
»Ich werde sie beschützen, Margaret. Ich würde mein Leben für sie hergeben.«
Margaret lächelte – würdest du auch deine Seele geben, Tom? – und richtete den Blick wieder auf ihre Tochter. »Sie hat wahrlich einen Schutzengel und wird ein gutes Leben haben.«
»Ja«, sagte Thomas.
»Und ein langes.«
»Ja.«
Wieder sah Margaret Thomas an. »Ein langes Leben für eine geliebte Tochter lässt sich hier unter den Rosenbüschen leicht versprechen«, sagte sie, »aber es ist oft schwer, dies auch in die Tat umzusetzen. Manchmal treten andere Verpflichtungen in den Vordergrund.«
Thomas fühlte sich unbehaglich. Er wollte Margaret nicht fragen, was sie damit gemeint hatte… das einzige Bild, das ihre Worte heraufbeschworen, war das des Erzengels, der gefordert hatte, das Mädchen sterben zu lassen, obwohl Thomas es so verzweifelt gerne am Leben erhalten wollte.
Es ist besser, wenn sie stirbt, Thomas. Besser für sie und besser für dich.
Der Heilige hatte angedeutet, dass Rosalinds Leben
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