Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tochter Des Krieges

Tochter Des Krieges

Titel: Tochter Des Krieges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
Vom Netzwerk:
Hafenstadt an der Nordküste der Bretagne. Es kostete den Herzog zehn Tage Handeln und Feilschen, um sein Gefolge, bestehend aus dem französischen König, mehreren englischen Adligen, einigen hundert Rittern, tausend Soldaten, der gleichen Anzahl Bogenschützen, einem Dutzend Edelfrauen und Zofen, einem dominikanischen Mönch und einer Schar missmutiger französischer Gefangener, die Reit- und Packpferde und die Ausrüstung der gesamten Gesellschaft von Chauvigny an die Küste zu befördern. Unterwegs musste der Herzog nicht nur der Unbill des scheußlichen Wetters trotzen – die meisten Tage waren sie gegen peitschenden Eisregen angeritten, fest in ihre Mäntel gehüllt, während sich die Pferde oft durch kniehohen Matsch gekämpft hatten –, sondern sich auch gegen unversöhnliche Bauern zur Wehr setzen und gelegentliche Angriffe von Banditen und halborganisierten Banden französischer Soldaten abwehren, die nach der Katastrophe von Poitiers immer noch auf den Straßen unterwegs waren. Er musste dem Mangel an Essen und Unterkunft abhelfen und einen französischen König ertragen, der mit seinen Klagen und seiner schaukelnden Sänfte, die den Herrscher ständig in den Schlamm seines Königreiches zu befördern drohte, den ganzen Zug aufhielt.
    Sie machten nur selten Rast. Am dritten Tag ihrer Reise hatten Lancasters Kundschafter gegnerische Truppen im Norden gemeldet, und aus Angst, dass Philipp ihnen entgegengeritten kam, hatte der Herzog sein Gefolge zu noch größerer Eile angetrieben. Die Gesellschaft saß nur kurz ab, um Hunger und Durst zu stillen, oder hin und wieder einmal eine Stunde lang, wenn offensichtlich war, dass es die Pferde umbringen würde, wenn sie nicht eine Weile ausruhen durften. Nach fünf Tagen schnellen Rittes fing Lancaster an, Reittiere zu erbitten, zu leihen und zu beschlagnahmen, wo immer er welche fand, und drohte damit, jeden auf seinem Sattel festzubinden, der vor Müdigkeit fast vom Pferd fiel. Und Thomas hatte dreimal erlebt, dass er seine Drohung durchaus wahr machte.
    Er begleitete die Gruppe, die der Sänfte des französischen Königs folgte, die von jeweils zwei Pferden vorn und hinten getragen wurde. Hier befanden sich auch die meisten Truppen – sämtliche Ritter und zwei Drittel der Soldaten –, denn Lancaster befürchtete ständig, dass die Franzosen versuchen würden, ihren König zu befreien.
    Abgesehen von gelegentlichen Überfällen von Banditen und Horden von Soldaten, die es eher auf etwas Essbares als auf den König abgesehen hatten, unternahmen die Franzosen jedoch keinen solchen Versuch.
    Die Adligen und Dienstmädchen des Gefolges reisten ebenfalls dicht hinter Johanns Sänfte, damit sie von den bewaffneten Männern gut geschützt waren, und Thomas ritt mehrmals direkt neben Margaret.
    Nach den ersten paar Tagen hatte Thomas das Gefühl, dass Kälte und Feuchtigkeit bis auf seine Haut durchgedrungen waren, und er konnte sich nicht vorstellen, dass ihm jemals wieder warm sein würde. Dennoch reiste er im Vergleich zu anderen in luxuriöser Bequemlichkeit. Die Ritter und Soldaten, die Rüstungen trugen – viele waren nach einigen Tagen in Kälte und Nässe das Risiko eingegangen, die schwereren und hinderlichen Teile ihrer Plattenpanzer auf den Packpferden unterzubringen –, mussten sich bei jeder Rast von ihren Dienern und Edelknappen die roten und nässenden Hautabschürfungen am ganzen Leib mit Salben behandeln lassen. Auch einige der Frauen litten. Margaret sah aus, als befände sie sich die meiste Zeit am Rande der Verzweiflung. Die Schönheit ihres Gesichtes war einer elenden Blässe gewichen, ihre einstmals klaren, dunklen Augen wirkten trübe und saßen tief in den Höhlen, und ihr Körper schwankte bei jedem Schritt ihres grauen Zelters, sodass ihr stets übel war. Manchmal legte sie die Hand auf den Bauch, beugte sich vor und übergab sich über den Hals ihres Reittiers hinweg, und wenn Lancaster ihnen gestattete, kurz Rast zu machen, lehnte Margaret alles Essen ab, das man ihr anbot, und rollte sich trübselig in einer geschützten Ecke zusammen.
    An dem Tag, an dem sie La Rochelle erreichten, zwang Lancaster sie dazu, die letzten Meilen beinahe im Galopp zurückzulegen – es spielte jetzt keine Rolle mehr, ob alle Pferde durchhielten. Bei Tagesanbruch – einer fahlen, grauen Morgendämmerung, die wenig aufmunternd war – waren sie die halbe Nacht im Sattel gewesen, nachdem sie sich nur zwei Stunden vom Ritt des vorangegangenen Tages erholt

Weitere Kostenlose Bücher