Tochter Des Krieges
wenige Stunden nach seinem Aufkommen zu einem Frühwintersturm. Eis und Schnee regneten aus den Wolken herab, und es stürmte so furchterregend, dass die gesamte Stadt jammerte und stöhnte, während Schieferplatten von den Dächern und Fensterläden und Türen aus den Angeln gerissen wurden.
Mehrere einzeln stehende Hütten wurden zerstört, doch der Rest der Stadt blieb unversehrt. La Rochelle hatte in seiner Geschichte schon viele solcher Stürme erlebt, und die meisten Häuser waren robust gebaut und stark befestigt.
Niemand verließ seinen Unterschlupf, und Lancaster verbrachte einen Großteil des Tages auf den Knien vor einem behelfsmäßigen Altar und dankte Gott dafür, dass der Sturm sie nicht unterwegs überrascht hatte oder womöglich auf ihrer bevorstehenden Reise über das Meer. Als er Gott für seine eigene Rettung gedankt hatte, ging er wieder unruhig auf und ab und sorgte sich um seinen Bruder. War der schwarze Prinz in denselben Sturm geraten? Und wenn ja, war es ihm und seinem Gefolge gelungen, rechtzeitig Schutz zu suchen?
Thomas verbrachte die Tage in seiner Unterkunft, ärgerte sich über die verschwendete Zeit und fragte sich, ob wohl die Dämonen den Sturm geschickt haben mochten. Denn wie könnten sie ihn besser davon abhalten, nach England zu gelangen? Würde es die gesamten nächsten Monate hageln und stürmen, während die Dämonen ihre Stellung auf Erden festigten… wo auch immer das sein mochte?
Nachdem er sich einige Tage lang über die Verzögerung und das Eingeschlossensein in den winzigen Zimmern geärgert hatte, überredete Thomas die drei Soldaten, die über ihn wachten – oder ihn bewachten? –, dazu, gemeinsam über die Gasse zu dem größeren und geräumigeren Gasthaus zu gehen, in dem Lancaster, der englische König und die meisten der Adligen untergebracht waren.
Selbst in der engen Gasse packte der Wind die vier Männer und schleuderte sie schmerzhaft gegen eine Tür, die zur Küche führte. Thomas und einer der Soldaten hämmerten so laut sie konnten dagegen, und nach einigen qualvoll langen Minuten öffnete sie sich, und die Männer stürzten auf einen schmutzigen Küchenboden.
Zumindest war es hier warm. Thomas stand auf, wischte sich, so gut es ging, Schmutz und Feuchtigkeit ab und fragte einen der Männer in dem Raum, wo Bolingbroke war.
Nachdem dieser auf eine schmale Treppe gedeutet hatte, die zu den Gästezimmern hinaufführte, bat Thomas die Soldaten, in der Küche auf ihn zu warten – was sie bereitwillig taten –, und lief die Stufen hinauf. Auf halbem Wege traf er Bolingbrokes Adjutant, und dieser wies auf eine Tür am Ende der Treppe.
Thomas blieb einen Moment lang vor der Tür stehen, zupfte sein Gewand zurecht und wünschte sich, er hätte sich besser vorbereitet. Schließlich klopfte er.
Bolingbrokes Stimme klang undeutlich, und Thomas öffnete die Tür und blieb ungläubig stehen, als er sah, wer neben Bolingbroke am prasselnden Feuer saß.
Margaret, mit überraschtem Blick, eine Stickerei, an der sie gearbeitet hatte, auf ihrem Schoß.
Thomas blickte zur anderen Seite des Feuers hinüber. Bolingbroke saß gemütlich auf einem Stuhl und drehte träge einen Handschuh in seinen Händen.
Was war das denn? Hatte die Frau etwa einen neuen Beschützer gefunden?
»Thomas!« Bolingbroke stand auf. »Ich freue mich, dass du gekommen bist, um Lady Rivers zu besuchen. Sie hat sich von dem anstrengenden Ritt schon wieder etwas erholt.«
»Ich… «, sagte Thomas.
»Herr«, sagte Margaret zu Bolingbroke. »Ich bin auch froh, dass der Mönch hier ist, denn ich muss mit einem Geistlichen sprechen.«
»Ah.« Bolingbroke verstand den Wink und verneigte sich leicht in Margarets Richtung. »Wenn Ihr Euch von Bruder Thomas verabschiedet habt, könnt Ihr ihn dann in meine Gemächer schicken?«
Margaret nickte und lächelte, und Bolingbroke ging durch das Zimmer zu Thomas hinüber.
»Mein Freund«, sagte Bolingbroke leise und blieb dicht bei ihm stehen. »Ich bin sehr froh, dass du hier bist. Lady Rivers ist nicht bei bester Gesundheit, körperlich wie seelisch, und glaubt, dass sie dich gekränkt hat.«
Mit mürrischem, entschlossenem Gesicht wollte Thomas etwas erwidern, aber Bolingbroke kam ihm zuvor.
»Wir wissen beide, dass sie Rabys Kind in sich trägt«, sagte Bolingbroke, »und dass dieses Kind mit dir verwandt ist. Dafür hat Lady Rivers deine Ehrerbietung verdient und ebenso aufgrund ihrer Stellung und Tugendhaftigkeit.«
»Tugendhaftigkeit?«,
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