Tochter Des Krieges
vielen Jahren im Konvent zurückgelassen hatte und sie seit langem hatte abholen wollen.
Die Brüder hatten aufgeregt miteinander zu tuscheln begönnen, Zweifel hatten sich mit einem Mal in ihren trägen Verstand geschlichen.
Der junge Herr hatte sie besänftigt und ihnen versichert, dass sein Vater höchst dankbar dafür sei, dass die Brüder seine Schatulle so lange aufbewahrt hatten, und sich dafür entsprechend erkenntlich zeigen würde.
Die Zweifel der Brüder hatten sich verflüchtigt. Daraufhin hatte der Edelmann seinem Diener ein Zeichen gegeben, der das Gold hereinbrachte, das jetzt auf dem Altar stand. Schließlich hatte er die Schatulle in seinem Gepäck verstaut, sich verabschiedet und war davongeritten.
»Und Ihr könnt Euch nicht seines Namens entsinnen?«, fragte Thomas enttäuscht.
»Nein«, sagte Simon. »Er ist hier drin«, er tippte sich gegen den Kopf, »aber er will mir nicht mehr einfallen.«
Nun, dachte Thomas, vermutlich haben die Dämonen seinen Geist mit einem Zauber belegt.
Und so verabschiedete auch er sich und verließ den Konvent.
Als Wat Tyler, der draußen bei den Pferden wartete, ihn fragte, wohin sie jetzt reiten sollten, zischte Thomas ihm nur wütend zu: »Nach London«, stieg auf sein Pferd und ritt auf den Trampelpfad zu, der sie hierhergeführt hatte.
Kapitel Fünfzehn
Vesper am Fest des heiligen Matthias
Im ersten Jahr der Regentschaft Richard II.
(Mittwoch, früher Abend, 24. Februar 1379)
– II –
Margaret legte ihre Näharbeit beiseite und streckte sich unauffällig – ihr Rücken hatte in den letzten Stunden furchtbar angefangen zu schmerzen. Ihre Schwangerschaft wurde immer unangenehmer, und sie konnte nachts kaum mehr schlafen, weil das Kind sich bewegte und mit den Beinen strampelte, als würde es wie seine Mutter das Leben bei den Rivers so sehr verabscheuen, dass es ihm so schnell wie möglich entfliehen wollte.
Jacquetta bedachte ihre Schwiegertochter mit einem kalten Blick. Sie und ihr Gemahl hatten noch nicht recht entschieden, was sie mit Margaret anfangen sollten. Es war verlockend, anzunehmen, das Kind sei von Roger… aber sie waren nicht so leichtgläubig! Nein, die Hure hatte sich von einem anderen Mann schwängern lassen und dann sicher Roger ermordet, um vorgeben zu können, das Kind stamme von ihm. In der Nähe gab es ein Frauenkloster… vielleicht sollten sie sie dort unterbringen, bis das Kind geboren war oder sogar noch länger, denn ein Leben hinter Klostermauern würde der Dirne sicher nicht schaden.
»Madam«, sagte Margaret, die sich so unbehaglich fühlte, dass sie sich bewegen musste oder laut aufschreien, doch just im selben Augenblick erklang Hufschlag vom Hof her und Stimmen, als Sir Egdon die Ankömmlinge begrüßte.
Jacquetta blickte zur Tür hinüber und machte eine Geste in Margarets Richtung. »Bleib, wo du bist.«
Margaret rutschte hin und her, eine Hand auf den Bauch gelegt, und hätte etwas erwidert, wäre nicht in diesem Moment Sir Egdon in Begleitung eines dominikanischen Mönchs von kleiner Statur, aber starker Ausstrahlung ins Zimmer getreten.
Margaret erstarrte, ihre dunklen Augen blickten wachsam.
»Madam«, sagte Sir Egdon zu seiner Gemahlin, »wir haben hohen Besuch. Dies ist Vater Richard Thorseby, der Ordensgeneral des Dominikanerordens von England.«
Thorseby verneigte sich elegant vor Jacquetta und richtete den Blick dann auf Margaret.
»Diese Frau braucht Ihr mir nicht vorzustellen«, sagte er, »denn ich kenne sie gut. Ich fürchte, Ihr beherbergt eine Isebel unter Eurem Dach, guter Herr.«
Margaret starrte ihn an, aber er hielt ihrem Blick mühelos stand. Thorseby war untersetzt und stämmig, doch er besaß ein scharf geschnittenes Gesicht und eine Hakennase und seine braunen Augen wirkten so schlau und gerissen wie die eines Fuchses.
Jacquetta sog scharf die Luft ein und warf ihrem Gemahl einen triumphierenden Blick zu, ehe sie sich an Thorseby wandte: »Vater, wir haben schon vermutet, dass sie eine Sünderin ist, aber wir waren uns nicht ganz sicher. Wollt Ihr Euch nicht setzen und eine Erfrischung zu Euch nehmen?«
»Mit Freuden, Madam.« Thorseby setzte sich, und Margaret musste einige unbehagliche Augenblicke erdulden, während ein Diener Wein brachte – den sie ablehnte – und wieder das Zimmer verließ. Sie wusste genau, was sie in der nächsten Stunde erwartete, doch das verringerte nicht ihre Furcht.
Schließlich stellte Thorseby den Pokal wieder hin, blickte
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