Tochter des Ratsherrn
nicht! Dieses Wunder war keines, das kann ich beweisen! Die zweite Magd des Hauses hat mir versichert, dass die Magd Johanna bereits vorher gesprochen hat.«
Die Verwirrung der Anwesenden wurde immer größer. Wem sollten sie Glauben schenken? Ihrem neuerdings so verehrten Hexenbezwinger oder ihrem ehrenwerten Ratsherrn?
»Blasphemie!«, brüllte Vater Everard und fuchtelte wild mit den Armen. »Ihr lügt!«
»So? Wenn es denn eine Lüge ist, dann erklärt mir, warum Ihr mir folgenden Brief ausgehändigt habt, damit ich ihn unter Verschluss halte?« Johann winkte Albert herbei und verlangte von ihm die Pergamente. »Der Brief enthält einen Hinweis auf das Versteck eines zweiten Briefes, den Ihr nicht habt auffinden können, da Ihr den Ort nicht kanntet. Mir ist es gelungen, in den Besitz dieses Schreibens zu gelangen, worin steht, dass Albert von Holdenstede sein Kaufmannshaus gegen seine Freilassung aus dem Einlager tauscht. Ihr wolltet verhindern, dass dieses Schreiben in die falschen Hände kommt – oder besser gesagt: in die richtigen Hände. Albert von Holdenstedes Verschwinden kam Euch genauso entgegen wie das der Runa von Sandstedt. Euch interessierte einzig und allein der Besitz des Familienerbes, welches Euch als Ziehvater von Walther von Sandstedt und einzig verbliebenem Familienmitglied zugefallen wäre.«
Albert, der bislang geschwiegen hatte, nutzte Johann Schinkels Redepause, um vorzutreten und spontan zu verkünden: »Leider ist Vater Everard nicht der einzige Betrüger hier im Saal. Es gibt noch jemanden, der sich auf meine Kosten zu bereichern versucht hat.« Alberts Blick glitt über die Köpfe der Grafen hinweg zu seinem ärgsten Feind. »Johannes vom Berge!«
Der Beschuldigte schnappte nach Luft und rief empört: »Was für eine unglaubliche Unterstellung! So etwas muss ich mir nicht von einem Mann sagen lassen, der seinen Grafen um dessen rechtmäßige Anteile bringt. Ihr seid der Betrüger!«, donnerte er und zeigte mit vor Wut zitterndem Finger auf Albert. »Ihr wollt bloß von Euren frevelhaften Taten ablenken! Hätte ich Graf Gerhard II. nicht mitgeteilt, dass Euer Handelspartner Thiderich Schifkneht mit seinen Münzen auf und davon ist, dann wäret Ihr mit Eurem Verrat womöglich noch durchgekommen. Ihr wollt Euch bloß an mir rächen …!«
Albert lachte plötzlich laut auf. Johannes vom Berge hatte ihm mit seinen Worten genau in die Hände gespielt. Hochzufrieden wandte er sich an seinen Erzfeind: »Wenn Eure Beweggründe tatsächlich so edel waren, dann sagt mir doch, woher Ihr bei Eurem Plön-Besuch bereits wusstet, dass Thiderich mit den Münzen verschwunden war? Als Ihr Graf Gerhard II. davon berichtetet, konntet Ihr es doch noch gar nicht wissen – es sei denn, Ihr selbst tragt die Schuld an Thiderich Schifknehts Verschwinden!«
Augenblicklich wurde es totenstill im Saal. Einige der Anwesenden versuchten nachzuvollziehen, wann genau Johannes vom Berge nach Plön aufgebrochen war und ob Alberts Behauptungen stimmen konnten. Andere wiederum schauten bloß gespannt zwischen den Männern hin und her.
Johannes vom Berge war blass geworden. Mühsam beherrscht presste er die Kiefer zusammen und knirschte dabei ungewollt mit den Zähnen. Dann lehnte er sich sichtlich angespannt in seinem Sessel zurück und versuchte, einen gelassenen Eindruck zu machen. »Wie gesagt, von Euch muss ich mir ganz sicher keine Belehrungen anhören. Ihr seid ein ehrloser Mann, ein aus dem Rat Ausgeschlossener. Eure Worte haben kein Gewicht.«
»Vielleicht haben die Worte eines Ritters mehr Gewicht«, ließ sich da Eccard Ribe laut und deutlich vernehmen und trat unter den erstaunten Augen der Hamburger vor. »Ich habe das Gespräch zwischen meinem Herrn und Euch damals mit angehört, in dessen Verlauf die Schiffbeker Mühlen in Euren Besitz gefallen sind. Ihr habt Albert von Holdenstede und Thiderich Schifkneht ganz klar beschuldigt, an Graf Gerhard II. Verrat begangen zu haben, und seid somit als ein schändlicher Lügner enttarnt!«
»Ein Lügner und ein Mörder«, platzte jetzt Godeke heraus. »Ihr habt Thiderich auf seiner Reise nach Plön überfallen lassen und die Münzen an Euch genommen. Wochenlang habt Ihr ihn in einer Hütte im Wald versteckt gehalten, und erst als Eure Handlanger auch mich gefangen genommen haben, kam ans Tageslicht, was für ein Spiel Ihr treibt. Thiderich Schifkneht habt Ihr zwar auf dem Gewissen, doch ich konnte mich befreien, und nun werde ich dafür sorgen, dass Euch
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