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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Kersken
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eigenen Verdienste herauszustreichen.
    Besorgt zeigte er sich über eine Diebstahlserie, von der auch Grottkamp schon einige Male in der Zeitung gelesen hatte. Das Vorgehen der Übeltäter stellte die Dreistigkeit der Felddiebe noch in den Schatten. Auf den unbefestigten Wegen rings um Ruhrort stahlen sie Waren von den Fuhrwerken, die zum Hafen unterwegs waren oder voll beladen von dort kamen. Am hellen Tag schlichen sie sich von hinten an die Wagen heran, die auf schlechten Wegstrecken gemächlich dahinrumpelten. Die Diebe gingen so geschickt vor, dass die Fuhrleute, die nur das Poltern der Wagenräder im Ohr hatten, nicht bemerkten, wie Teile ihrer Ladung verschwanden. Erst wenn zerschnittene Lederplanen im Wind flatterten, ja manchmal sogar erst am Zielort, wurden die dreisten Diebestaten entdeckt. Mittlerweile war rings um Ruhrort berittene Gendarmerie im Einsatz. Aber noch immer wurden Fuhrwerke geplündert, und von den Tätern fehlte nach wie vor jede Spur.
    Grottkamp hatte die Zeitungsberichte der vergangenen Wochen bereits zum Anlass genommen, die Fuhrwerke, die durch Sterkrade kamen, mit besonderer Aufmerksamkeit zu beobachten. Die Wagen, die des Nachts im Hof des Gasthauses »Zum dicken Klumpen« abgestellt waren, hatte er sogar schon einige Male untersucht, um festzustellen, ob sich unter ihren Planen Diebesgut befand. Doch bisher war ihm noch keine verdächtige Ladung untergekommen.
    Sterkrades Gemeindevorsteher war an diesem Morgen überaus zufrieden mit seinem Polizeisergeanten.
    »Sagen Sie mal Grottkamp, Ihren Uniformrock, seit wann tragen Sie den eigentlich schon?«
    »Seit meiner Militärzeit, Herr Vorsteher«, antwortete Grottkamp überrascht.
    »Wollen Sie etwa sagen, dass Sie Ihren Dienst als Polizeidiener von Sterkrade in Ihrem alten Soldatenrock verrichten?«
    Grottkamp nickte. »Ein bisschen umgearbeitet worden ist er schon, aber es ist noch der alte Rock.«
    »Da müssen wir was dran ändern!«, sagte Overberg energisch. »Sie repräsentieren die Obrigkeit in einer aufstrebenden Industriegemeinde. Da können Sie doch nicht jahrelang in Ihrem ausgewaschenen Soldatenrock herumlaufen. Herr Haniel hat das gestern Abend übrigens auch angemerkt.«
    Also daher wehte der Wind! Grottkamp war’s recht. Wenn der Generaldirektor persönlich Anstoß an seiner Dienstbekleidung genommen hatte, dann würde es wohl bald einen schmucken, neuen Uniformrock geben.
    »Am Donnerstag tritt der Gemeinderat zusammen. Bürgermeister Klinge wird dann auch hier sein und die Sitzung leiten. Bei der Gelegenheit werde ich Ihre Dienstbekleidung zur Sprache bringen. Ich denke, die Herren werden sich davon überzeugen lassen, dass Sie dringend einen neuen Rock brauchen«, sagte Overberg zuversichtlich. »Schön wäre es natürlich, wenn Sie Ihre schmucke, neue Uniform zum ersten Mal bei der Ehrung unserer tapferen Kriegshelden tragen könnten. Am 8. November wollen wir ein ›Krieger- und Siegerfest‹ veranstalten. Über die Einzelheiten werden wir auch in der Sitzung am Donnerstag reden. Ich hoffe, dass ich Bürgermeister Klinge als Festredner gewinnen kann.«
    »Und was ist mit der Unterstützung für die Familie Brandt aus der Armenkasse?«, wollte Grottkamp wissen. »Wird der Gemeinderat die Angelegenheit auch erörtern?«
    »Selbstverständlich. Die Frage habe ich schon auf die Tagesordnung setzen lassen«, sagte Overberg.

    »Ach, Herr Grottkamp, in diesem jungen Kerl haben wir uns wirklich getäuscht.« Nepomukzena Huckes saß auf einem Schemel neben ihrem Küchentisch und schälte Kartoffeln, während sie kopfschüttelnd erzählte.
    »Mein Mann, der kann ja nicht mehr so gut seit dem Unfall vor ein paar Jahren. Eine schwere Eisenkette ist ihm gegen das Bein geschlagen. Auf der Hütte. Es war sofort durch, das Schienbein. Und es wollte einfach nicht mehr recht zusammenwachsen. Seitdem hat er immer Schmerzen, wenn er das Bein belastet. Gott sei Dank kann er noch als Kranführer arbeiten. Aber den Garten, den kann er nicht auch noch machen. Ich tue ja, was ich kann. Aber alles umgraben und im Herbst den Mist unterheben, das schaffe ich auch nicht allein.«
    Die Kartoffelschalen glitten in langen Schlangen hinunter in einen hölzernen Trog, der zwischen den Füßen von Frau Huckes stand.
    »Setzen Sie sich doch, Herr Sergeant! Setzen Sie sich doch!«, forderte sie Grottkamp auf. Der hatte sich gegen den Rahmen der Küchentür gelehnt, die Arme vor der Brust verschränkt, und hörte der Frau des Kranführers aufmerksam

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