Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Kersken
Vom Netzwerk:
konnte ein Mann von seiner Bildung nun mal nicht ziehen! Um auf die Idee zu kommen, dass dieser Mister Banfield ein Agent der englischen Industrie sein könnte, musste man Entwicklungen erkennen und Zusammenhänge sehen.
    Carl Overberg zog seine Ärmelschoner zurecht und sagte bedächtig: »Mir ist da eine Idee gekommen, Grottkamp. Die wird Sie vermutlich erstaunen.«
    »Sie haben immer wieder erstaunliche Ideen, Herr Gemeindevorsteher«, knurrte Grottkamp.
    Ohne auf die Bemerkung einzugehen, fuhr Overberg fort: »Zunächst würde mich interessieren, wie es mit Ihren Nachforschungen im Todesfall Terfurth steht. Der Mann ist nun schon eine Woche tot, und ich habe nicht den Eindruck, dass Sie in der Angelegenheit weiter gekommen sind. Glauben Sie denn immer noch, dass Julius Terfurth von Mörderhand gestorben ist?«
    »Davon bin ich überzeugt, Herr Vorsteher. Für die Kopfverletzung und für die Tabakspfeife, die unter dem Toten lag, gibt es keine andere Erklärung. Dass die Pfeife nicht dem Terfurth gehört hat, ist gewiss.«
    Overberg trommelte mit den Fingernägeln auf seinem Stehpult herum. »Sind Sie denn selbst noch nie auf die Idee gekommen, Grottkamp, dass Mister Banfield etwas mit Terfurths Tod zu tun haben könnte?«
    »Doch natürlich, Herr Vorsteher.«
    »Aber Banfield hatte doch überhaupt keinen Grund, den Hammerschmied zu töten. Oder was meinen Sie?«, fragte Overberg lauernd.
    Er verstand es schon, die richtigen Fragen zu stellen, der Herr Gemeindevorsteher. Aber wie er sie stellte, das missfiel Martin Grottkamp. Ärgerlich sah er seinen Vorgesetzten an. Ob Overberg wirklich glaubte, nur er könne eins und eins zusammenzählen?
    »Das liegt doch auf der Hand, Herr Vorsteher. Wenn Mister Banfield tatsächlich in Sterkrade ist, um die Hüttenarbeiter aufzuwiegeln, dann könnte es gut sein, dass Terfurth ihm auf die Schliche gekommen ist. Vielleicht hat der Engländer ja versucht, den Hammerschmied für seine aufrührerischen Ideen zu gewinnen. Und Terfurth hat gewittert, dass die englische Industrie dahintersteckt. Dann musste Edward Banfield natürlich befürchten, dass Julius Terfurth ihn auffliegen lassen würde.«
    Carl Overberg war beeindruckt. »Genau diese Idee hatte ich auch«, murmelte er.
    »Ich glaube trotzdem nicht, dass Banfield den Terfurth auf dem Gewissen hat«, fuhr Grottkamp ungerührt fort. »Unter dem Toten lag eine kurze Tabakspfeife, so wie unsere Arbeiter sie rauchen. Die passt nicht zu dem noblen Herrn aus England. Außerdem raucht er nicht, soviel ich weiß.«
    Overberg verließ den Platz hinter seinem Stehpult, verschränkte die Hände hinter dem Rücken und begann in der Amtsstube auf und ab zu marschieren.
    »Wenn Edward Banfield die englische Industrie hinter sich hat, dann verfügt er über die finanziellen Mittel, um einen Mörder zu dingen«, überlegte er. »Dass so ein Mann selbst Hand anlegt, um einen lästigen Mitwisser aus dem Weg zu schaffen, erscheint mir eher unwahrscheinlich.«
    »Ein interessanter Gedanke, Herr Vorsteher«, sagte Grottkamp anerkennend. »Ich muss gestehen, dass mir diese Idee noch nicht gekommen ist.«
    Carl Overberg lächelte selbstzufrieden, ließ sich neben dem mit Büchern und Akten beladenen Tisch in einen Sessel fallen und zündete sich eine Zigarre an.
    »Nun erzählen Sie doch mal, Grottkamp!«, sagte er jovial. »Gibt es denn noch andere Verdächtige in dieser Angelegenheit?«
    »Die gibt es, Herr Vorsteher. Die gibt es. Sogar die Tochter des Verblichenen gehört dazu. Die liebt einen jungen Former, der als Kostgänger bei den Terfurths lebt, einen Donatus Jentjen aus der Eifel. Und Terfurth war absolut gegen die Verbindung seiner Tochter mit einem Hüttenarbeiter. Wenn er den beiden drauf gekommen wäre, hätte er den jungen Mann aus dem Haus gejagt und seine Tochter zu Verwandten nach Sonsbeck gegeben.«
    Grottkamp sah eine Wolke von Zigarrenrauch auf sich zuschweben und räusperte sich.
    Overberg dachte nach und qualmte. »Aus Angst, den Liebsten oder die Liebste zu verlieren, ist wohl schon mancher zum Mörder geworden«, überlegte er. »Aber den eigenen Vater erschlagen? Ich weiß nicht! Dazu gehört schon eine abgrundtiefe Schlechtigkeit. Trauen Sie dem Mädchen so was denn zu?«
    Grottkamp versuchte, die Rauchschwaden wegzupusten, die sich auf ihn herabsenkten. »Eigentlich nicht«, gab er zu. »Aber der junge Mann, der könnte es natürlich auch gewesen sein.«
    »Und Sie meinen, der wäre fähig, so eine Tat zu begehen?«,

Weitere Kostenlose Bücher