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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Kersken
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zu.
    »Nein, lassen Sie nur! Ich habe gerade eine ganze Stunde beim Herrn Gemeindevorsteher im Bureau sitzen müssen. Jetzt würde ich gerne mal eine Weile stehen.«
    Nepomukzena Huckes seufzte. »Mein Mann und ich, wir haben ja keine Kinder. Der Herrgott hat uns keine geschenkt. So ist das nun mal«, stellte sie traurig fest. »Und da hatten wir eben gedacht, so ein junger Bursche im Haus, der könnte eine Hilfe für uns sein. Er bezahlt ja nur ein paar Pfennige für Kost und Logis, der Carl Tiefenbach. Und anfangs, da hat er auch kräftig angepackt im Garten. Voriges Jahr im Frühling war das, als er gerade hier angekommen war. Aber dann ging es ja schon bald mit der Sauferei los.«
    Frau Huckes schüttelte enttäuscht den Kopf. Über den Rand des Topfes, der auf dem Tisch stand, schwappte eine Wasserfontäne, als sie eine geschälte Kartoffel hineinwarf.
    »Der Branntwein macht die jungen Männer kaputt. Furchtbar ist das. Im Laufe eines Jahres hat er aus dem Carl Tiefenbach einen anderen Menschen gemacht«, erzählte Frau Huckes. »Als er zu uns kam, war er ein freundlicher und hilfsbereiter junger Mann, aber jetzt ist er nur noch ein mürrischer und zänkischer Taugenichts. Mein Mann und ich, wir wagen es schon gar nicht mehr, ihn um Hilfe zu bitten, weil er dann aufbrausend und ausfallend wird. Seit ein paar Monaten sprechen wir kaum noch mit ihm. Und gesehen haben wir ihn in letzter Zeit ja auch nur noch selten. Entweder war er bei der Arbeit oder in der Schnapsschänke.«
    »Nun, zur Hütte geht er ja inzwischen nicht mehr«, warf Grottkamp ein. »In der Gussputzerei hat er sich jedenfalls schon eine ganze Weile nicht blicken lassen.«
    Nepomukzena Huckes nickte. »Ich weiß«, sagte sie. »An dem Tag, als wir am Morgen hier auf der Straße den Terfurth gefunden hatten, da hat er das entschieden. Da kam er erst kurz vor Mittag aus seiner Kammer runter und hat mir gesagt, dass er nicht mehr zur Arbeit geht. In die Gussputzerei bekämen ihn keine zehn Pferde mehr hinein, hat er gesagt. Und dass er bald nach Gelsenkirchen rüber will, sich Arbeit auf der Zeche suchen.«
    »An diesem Montag, ist Ihnen da sonst noch was an Tiefenbach aufgefallen? Ich meine, war er vielleicht anders als sonst, aufgeregt oder verstört?«, wollte Grottkamp wissen.
    Frau Huckes schüttelte energisch den Kopf. »Übel gelaunt war er, wie immer in letzter Zeit. Sonst gar nichts. Das änderte sich allerdings, als ich ihm erzählte, dass wir den Terfurth tot auf der Straße gefunden hatten. Zuerst hat er es nicht geglaubt. Aber dann hat er sich richtig darüber gefreut.«
    »Sie meinen, er hat’s erst nicht glauben wollen, dass der Terfurth tot war?«
    »Ich hatte den Eindruck, dass er sehr überrascht war.«
    »Könnte es nicht sein«, fragte Grottkamp, »dass er Ihnen seine Überraschung nur vorgespielt hat?«
    »Das weiß ich nicht«, gab die Frau des Kranführers zu. »Möglich wäre es wohl. Aber seine Freude, die war auf jeden Fall echt. Gelacht hat er, dass ihm die Tränen über die Wangen liefen. Und dann hat er gemeint, das wär genau das richtige Ende für einen Dreckskerl wie den Terfurth. Unerträglich war mir das, Herr Grottkamp. Wie kann man nur so über einen toten Christenmenschen sprechen? Dass er sich schämen soll, habe ich dem Carl Tiefenbach gesagt. Aber er hat nicht aufgehört zu lachen. Kurz drauf ist er dann aus dem Haus gegangen. Ich nehme an, in die Schnapsschänke. Am liebsten hätte ich gehabt, er wäre überhaupt nicht mehr zurückgekommen. «
    Nepomukzena Huckes sah Grottkamp hilflos an. »Glauben Sie mir, Herr Sergeant, mein Mann und ich, wir sind froh, wenn er weg ist, der Tiefenbach.«
    »Das kann ich verstehen.« Grottkamp zog sich einen Stuhl vom Küchentisch heran und setzte sich der Frau des Kranführers gegenüber.
    »Ich möchte gerne wissen«, sagte er, »wann Tiefenbach am Abend zuvor aus der Schnapsschänke gekommen ist. Wann war er hier im Haus und wann ist er in seine Schlafkammer gegangen, in der Nacht, als der Terfurth gestorben ist?«
    »Oh, Herr Grottkamp, das muss spät gewesen sein. Sehr spät. Mein Mann und ich, wir haben uns nachher sogar überlegt, ob der Terfurth vielleicht schon da gelegen hat, als der Tiefenbach nach Hause kam. Aber es weiß ja niemand, wann der Hammerschmied eigentlich in der Wasserpfütze ums Leben gekommen ist.«
    »Julius Terfurth ist etwa dreißig bis vierzig Minuten vor Mitternacht gestorben«, erklärte Grottkamp.
    »Woher wissen Sie das denn?«, fragte

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