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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Kersken
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Wirtshäuser häufig im Gasthof »Zum dicken Klumpen« gesehen hatte und dass Terfurth auch den gestrigen Abend dort verbracht haben könnte.
    Diese Überlegung und die Empfehlung des Gemeindevorstehers waren Gründe genug für Grottkamp, an diesem Montag in der Gastwirtschaft »Zum dicken Klumpen« zu Mittag zu essen.
    Das Wirtshaus in der Nähe des Sterkrader Bahnhofs war eigentlich nicht sein Fall. Der Klumpenwirt Hubertus Küppken gefiel ihm ebenso wenig wie dessen Gäste. Aber gerade derentwegen war Grottkamp ein häufiger Besucher des Hauses, freilich kein allzu gern gesehener.
    Wenn der Herr Polizeidiener erschien und Identifikationspapiere oder Gesindebücher überprüfte, dann hatte das schon für manchen Gast des Klumpenwirts die letzte Nacht in Sterkrade bedeutet.
    Wer ohne ausreichende Mittel umherzog und nicht nachweisen konnte, dass er Arbeit hatte oder welche suchte, der war nach dem preußischen Gesetz nun mal ein Landstreicher. Streng genommen hätte er umgehend dem Kreisgericht in Duisburg zugeführt und zu einer mindestens sechswöchigen Gefängnisstrafe verurteilt werden müssen. So sah das Gesetz über die Bestrafung der Landstreicher, Bettler und Arbeitsscheuen es vor.
    Gemeindevorsteher Carl Overbergs Sicht, dass ein mittelloser Fremder in Sterkrade ja vielleicht tatsächlich Arbeit suche und dass eine Ausweisung aus der Gemeinde als erste Maßnahme zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ausreichend sei, hatte sich für Grottkamp als vorteilhaft erwiesen. Der polizeiliche Aufwand reduzierte sich im Einzelfall erheblich. Es gab weder ellenlange Berichte zu schreiben noch wurden Zeugenaussagen vorm Gerichtshof erforderlich.
    Die Ertappten fügten sich zumeist reumütig und kleinlaut den polizeilichen Maßnahmen, und sie ließen sich in Sterkrade nicht mehr blicken, wohl wissend, dass ein erneutes Ertapptwerden sie unweigerlich ins Gefängnis bringen würde.
    Hubertus Küppken hätte vermutlich lieber den Leibhaftigen in seiner Gaststube begrüßt als den lästigen Polizeisergeanten Grottkamp, der seine Gäste vergraulte und ihm schon so manches Geschäft verdorben hatte. Allerdings war Küppken ein Mensch, dem es mühelos gelang, seine Abneigung hinter einem feisten Lächeln zu verbergen.
    Doch als Grottkamp an diesem Montag im Gasthaus »Zum dicken Klumpen« auftauchte, vergaß Hubertus Küppken zu lächeln. Dass der Polizeidiener sein Etablissement zur Mittagszeit betrat, dass er, ohne die anderen Gäste zu beachten, zu einem Tisch in der Nähe des Tresens ging, sein Cape über einen Stuhl warf, seine Dienstmütze abnahm und sich niederließ, beobachtete der Wirt mit offen stehendem Mund.
    Es dauerte jedoch nur ein paar Augenblicke, bis er sich wieder gefasst hatte und zu Grottkamp an den Tisch trat.
    »Was kann ich für Sie tun, Herr Polizeisergeant?«, fragte er, und Grottkamp stellte fest, dass er sein feistes Lächeln wiedergefunden hatte.
    »Sie können mir was zu essen machen.«
    »Aber gerne. Eine Suppe vielleicht?«
    »Nein, ich brauche was Kräftiges.«
    »Wie wäre es mit einer Schüssel Bratkartoffeln?«
    Grottkamp blickte den Wirt skeptisch an.
    »In Schweineschmalz und mit einer gehackten Zwiebel gebraten?«
    Martin Grottkamp kraulte unschlüssig seinen Bart.
    »Vielleicht mit einer Handvoll Speckwürfel dazu?«
    »In Schmalz gebratene Kartoffeln mit Zwiebelstücken und einer doppelten Portion Speckwürfel. Das ist es. Das können Sie mir bringen, Küppken.«
    »Zwei Hände voll Speckwürfel. Geht klar, Herr Sergeant. Und ein Krug Bier, damit es besser rutscht?«
    »Nein, einen großen Becher Kaffee möchte ich. Aber erst nach dem Essen.«
    »Wie es beliebt, Herr Polizeisergeant«, entgegnete Küppken beflissen und verschwand eilig in der Küche.
    Grottkamp war erstaunt darüber, wie wenig Gäste sich zu dieser Tageszeit in der Wirtsstube aufhielten.
    Am Tresen standen zwei durchnässte Fuhrleute, die offenbar wie Gemeindevorsteher Overberg der Meinung waren, Branntwein sei das beste Mittel, um einer Erkältung vorzubeugen. An einem Tisch in der hinteren Ecke des Raumes saß der Kolonialwarenhändler Heinrich Krumpen, der mit einem gut gekleideten Fremden augenscheinlich Geschäftliches besprach. Der Fremde schob Krumpen gerade ein Papier zu, das dieser jedoch kopfschüttelnd zurückwies.
    Sicher, im Gasthaus »Zum dicken Klumpen« verkehrten nicht nur Taugenichtse. Die Tür einer Wirtschaft, deren Hauptzweck die Beherbergung und Verpflegung von Reisenden ist, steht nun

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