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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Kersken
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vorbehaltlos zu, tippte grüßend an seine Dienstmütze und machte sich, die Tüte mit den Riesentäuschlingen fest in der Hand haltend, eilig auf den Heimweg.

ACHT

    »So, jetzt is et zu, dat Loch. Hoffentlich findet er seine Ruhe, der Herr Hammerschmied, und bleibt schön da unten.«
    »Warum sollte er nicht, Fritzken?«
    »Weil er ein oller Suffkopp war und ein Hurenbock.«
    »Ein Hurenbock? Wie kommst du denn darauf?«
    »Ach Herr Hauptmann, wat die Leute so reden. Wat Genaues weiß ja keiner«, krächzte Friedrich Balthus.
    Der Totengräber stand vor dem frisch zugeschütteten Grab von Julius Terfurth, stützte sich auf seine Schaufel und rieb sich den Rücken. Dass der Alte gestern und heute unter der Septembersonne arg geschuftet und geschwitzt hatte, konnte man riechen.
    Grottkamp, der während seines nachmittäglichen Rundgangs durch das Dorf gerade auf den Friedhof gekommen war, als Balthus das hölzerne Kreuz mit der Schaufel in die weiche Erde des frischen Grabhügels einschlug, hielt ein gutes Stück Abstand von dem buckligen Alten.
    Nachdenklich betrachtete er das Grab, die drei gewundenen Kränze aus getrockneten Sommerblumen, den Strauß weißer Lilien und das Holzkreuz, in das eingekerbt war: Julius Terfurth 1823-1866.
    »Sind von den Töchtern, die Kränzkes, und die Lilien von der Witwe«, erzählte Friedrich Balthus. »Dat war keine von den ganz traurigen Beerdigungen. War nicht so schlimm wie gestern dat Begräbnis von den Kinderkes vom Schmelzer. Mein Gott, war dat ein Geschluchze. Ging ganz schön an die Nieren. Nee, heute war dat ‘ne ganz gefasste Trauergesellschaft, Herr Hauptmann. Die Witwe mit den beiden Jungs und den drei Töchterkes. Sonst war ja kaum jemand dabei, als wir den Terfurth in ‘t Loch getan haben. Die Sargträger, die waren aus ‘e Hammerschmiede, soviel ich weiß. Ein paar Nachbarinnen und die alte Kückelmann, die Mutter von der Frau Terfurth, die waren auch noch da. Aber geweint hat niemand. Nur einet von den jungen Weibsbildern hat so ‘n bissken geschnieft. Werden ihn wohl alle nicht so sehr vermissen, den fiesen Sauhund.«
    »Jetzt übertreib mal nicht, Fritzken. Immerhin reden wir über einen Christenmenschen, der vielleicht gerade vor das Angesicht seines Schöpfers tritt.«
    »Meine Güte, Herr Polizeihauptmann, Sie können ja reden wie unser hochwürdiger Dechant persönlich. Der hat so wat Ähnliches gesagt wie Sie gerade. Und er hat gemeint, der himmlische Vatter in seiner großen Güte, der täte mehr verzeihen, als wir Menschen uns dat vorstellen könnten. Aber ich weiß et nicht so recht. Dat der Herrgott so einem wie dem Terfurth verzeiht und ihn in den Himmel lässt, nee, dat geht mir nicht in den Kopp, Herr Grottkamp. Unser Pastor Witte ist ein feiner Mensch, denk ich mir. Und der will die Witwe trösten und die Kinderkes, und deshalb sagt er so wat.«
    Vermutlich lag der Totengräber Friedrich Balthus mit dieser Einschätzung gar nicht so falsch. Jedenfalls konnte sich auch Martin Grottkamp keinen Herrgott vorstellen, der den Menschen die zehn Gebote gegeben hatte, um am Himmelstor zu ihnen sagen: Nun kommt mal schön herein, ihr Sünder, die ihr auf Erden mich und meinen göttlichen Willen missachtet habt.
    Nein, nein! Gott ließ seiner nicht spotten. Das erfuhr sicher auch der Hammerschmied Julius Terfurth, wenn er an die Himmelspforte klopfte.
    »Guten Tag, die Herren.« Die Stimme, die Grottkamp aus seinen Gedanken riss, gehörte Donatus Jentjen.
    In verdreckten Arbeitskleidern, seine Kappe in den schmutzigen Händen haltend, stand er plötzlich neben Balthus, rümpfte die Nase und entfernte sich ein paar Schritte von dem Alten.
    Unmittelbar neben Grottkamp blieb er stehen und bekreuzigte sich. Die drei Männer schwiegen eine Weile. Dann sagte Donatus Jentjen: »War ein harter Tag heute in der Gießerei. Zum Begräbnis konnte ich nicht kommen. Aber ein Gebet wollte ich dem Terfurth schon noch mit auf den Weg geben. Vielleicht hilft es ihm ja.«
    »Warum tun Sie das für ihn?«, wollte Grottkamp wissen.
    Der junge Mann sah ihn erstaunt an. »Wenn bei uns in der Eifel jemand stirbt, dann betet jeder im Dorf für ihn, bei der Totenwache und beim Begräbnis. Das ist man einem Menschen doch schuldig«.
    »Auch einem Menschen, den man nicht ausstehen konnte?«
    »Ja, natürlich«, antwortete Jentjen, ohne zu zögern. Nach kurzem Nachdenken fügte er hinzu: »Das hat Ihnen die Elisabeth gesagt, dass ich den Terfurth nicht mochte, nehme ich an.«
    Die

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