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Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Kersken
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er von Bromberg aus in Richtung Westen gefahren, immer weiter in Richtung Westen, bis in die ferne Rheinprovinz, ohne dabei eine einzige Grenze zu überqueren.
    »Das Königreich Hannover, das Fürstentum Hessen-Nassau, alles gehört jetzt uns«, schwärmte er selig.
    Gemeinsam träumten die beiden Männer vom soeben angebrochenen goldenen Zeitalter für das Fuhrgewerbe in einem grenzenlosen Preußen. Mit Tränen in den Augen tranken sie auf die Soldaten, die für diese wunderbaren neuen Verhältnisse bei Königgrätz ihr Leben gelassen hatten. Und schließlich ließen sie Arm in Arm König Wilhelm hochleben.
    Dann war dem Posener ganz plötzlich in den Sinn gekommen, dass er sich gerade inmitten jener Untertanen des preußischen Königs aufhielt, denen man in den alten Provinzen noch nie so recht getraut hatte.
    »Seltsame Vögel seid ihr Rheinländer«, raunzte er Derrick Elpen an. »Bisher wolltet ihr nie was mit uns zu tun haben. Sogar die Gesetze des Königreichs habt ihr abgelehnt. Und jetzt habt ihr auf einmal den Krieg gewonnen. Dass ich nicht lache!«
    »Natürlich haben wir das«, keifte Elpen. »Soldaten aus der Rheinprovinz sind genauso gestorben wie Männer aus Posen und Brandenburg und aus den anderen Provinzen.«
    »Wenn ihr nicht zwangsweise rekrutiert würdet, gäbe es doch nicht einen Soldaten aus dem Rheinland in der preußischen Armee«, schimpfte der rothaarige Hüne, dessen Gesichtsfarbe sich allmählich der Farbe seiner Haare anglich. »Wenn ihr könntet, wie ihr wolltet, dann würdet ihr doch immer noch den Franzmännern in den Arsch kriechen, ihr rheinischen Narren!«
    »Die Wahrheit ist, dass du ein verdammter Lügner bist«, ereiferte sich der Sterkrader Fuhrmann. »Aber wie könnte es auch anders sein! Ihr Nichtsnutze, ihr Evangelischen, ihr kennt ja nicht mal den Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge!«
    »Ja, den kennt ihr natürlich, ihr Rheinländer, ihr Katholischen. Dafür habt ihr ja euren Oberpfaffen in Rom, diesen Pius, diesen Besserwisser!«
    Als Elpen daraufhin den Posener ein altpreußisches, lutherisches Arschloch nannte, riss der ihn zu Boden und hatte plötzlich das Messer in der Hand.
    »Lass ihn los, Mann, du machst dich doch unglücklich!«, schrie Hubertus Küppken, traute sich aber nur bis auf drei Schritte an den wütenden Hünen heran, der nicht daran dachte, seinen Kontrahenten freizugeben.
    »Was bin ich, du katholischer Stinksack? Was bin ich?«, brüllte er unentwegt und scherte sich nicht um das Gezeter des Wirtes. Der am Boden kniende Derrick Elpen spürte die Klinge an seiner Kehle und bekam vor Angst kein Wort heraus.
    Rund zwanzig Gäste standen mit offenen Mündern um die beiden Streithähne herum und hielten ebenso respektvoll Abstand wie Küppken. Der jammerte immer wieder: »Mach dich doch nicht unglücklich, Mann!« Dabei fürchtete er weit weniger das Unglück des Raufboldes aus Posen als die Scherereien, die er bekäme, wenn in seiner Wirtsstube einem Gast die Kehle durchgeschnitten würde.
    »Du sollst mir sagen, was ich bin, du rheinischer Hurensohn!«, schrie der Fuhrmann aus Bromberg zum wiederholten Male, als sich Margarete Sander dem Hünen mit unsicheren Schritten näherte.
    »Hau ab, Mädchen! Was hast du mit der Sache zu tun?«, brüllte der Posener, als die Schankmagd vor ihm stand.
    Just in dem Moment öffnete sich die Wirtshaustür, und der Polizeidiener Martin Grottkamp betrat den Gastraum.
    Er sah, wie Grete Sander beschwichtigend die Hand auf den muskelbepackten Arm eines hünenhaften Mannes legte, der ein Messer an die Kehle des Fuhrmanns Derrick Elpen hielt.
    »Du hast dir den Falschen ausgesucht für deinen Streit«, sagte sie.
    »Fass mich nicht an!«, maulte der Hüne. »Was redest du überhaupt daher«?
    »Der Mann ist doch ein Sterkrader, und die sind schon länger Preußen als ihr Posener.«
    »Willst du mich auf den Arm nehmen?«, zeterte der rothaarige Fuhrmann aus Bromberg.
    »Nein, du kannst mir glauben«, antwortete die Schankmagd freundlich. »Wir gehörten schon zum Fürstentum Brandenburg, lange bevor Preußen ein Königreich wurde.«
    »So ein Quatsch!«, murrte der Posener verunsichert. »Ich bin doch hier in der Rheinprovinz. Oder etwa nicht?«
    »Lassen Sie den Mann los, aber sofort!« Eine so laut brüllende Stimme hatte der Fuhrmann zuletzt als Soldat auf dem Kasernenhof gehört. Erschreckt blickte er in das energische Gesicht, das sich so nah vor seines schob, dass er gerade noch die Uniform erkannte, die der

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