Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod an der Ruhr

Tod an der Ruhr

Titel: Tod an der Ruhr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Kersken
Vom Netzwerk:
beiden stundenlang geredet, auch über die Löhne, die auf der Gutehoffnungshütte bezahlt werden, und über die Armut vieler Arbeiterfamilien. Einmal hab ich sie auch über die Macht der Werksbeamten und den unverschämten Reichtum der Hüttenbesitzer schimpfen hören. Immer ging es irgendwie um die Hütte, soweit ich das mitbekommen habe. Dafür interessiert Mister Banfield sich anscheinend sehr.«
    »Und was hat es mit der Karte auf sich?«
    »Ach ja. Davon hat der Terfurth ein paar Tage vor seinem Tod gesprochen, als der Engländer mal nicht hier war. Richtig Spaß hat er gehabt. Dass Edward Banfield unbedingt eine Karte von Sterkrade mit dem Hüttenwerk und den anderen wichtigen Gebäuden des Dorfes haben wollte, hat er erzählt. Der verrückte Engländer hatte tatsächlich dem Terfurth angeboten, dafür drei Taler zu bezahlen. Und der hatte jemanden gefunden, der ihm die Karte für einen Taler gezeichnet hat. Da hat er sich wirklich gefreut, der Herr Hammerschmied, über das gute Geschäft. Zwei Taler fürs Nichtstun.«
    »Dann hatte Julius Terfurth die Skizze wahrscheinlich am Sonntagabend in der Tasche, um sie hier dem Engländer zu geben«, überlegte Grottkamp.
    »Das könnte gut sein«, meinte Hubertus Küppken. »Und weil er Mister Banfield nicht angetroffen hat, hatte er die Karte auch noch bei sich, als er in der Nacht wieder ging.«
    »Wo treibt dieser Mann aus England sich denn herum, wenn er nicht hier ist?«, wollte Grottkamp wissen.
    »Wohin es ihn eben gerade so zieht, würde ich sagen. Er war schon in Mülheim und in Duisburg und in den Ruhrorter Häfen. Und wenn er einen Ort interessant findet, dann verbringt er dort auch schon mal zwei oder drei Nächte in einem Gasthaus. Ich glaube, nach Essen und nach Bochum wollte er auch noch. Nun, mir soll’s egal sein. Er hat, wie gesagt, im Voraus bezahlt. Und da halte ich ihm natürlich gerne sein Zimmer frei, auch wenn er mal für ein paar Nächte nicht hier ist. Zurückkommen wird er auf jeden Fall. Sein großer Koffer steht nämlich noch in seiner Kammer.«
    »Wann war er denn zuletzt hier?«
    Küppken dachte eine Weile nach. »Sonntag, am Nachmittag, habe ich ihn zuletzt gesehen.«
    Grottkamp zog die buschigen Augenbrauen hoch. »Komische Geschichte«, sagte er.
    »Herr Sergeant, wenn Sie nichts dagegen haben, ich müsste mich mal wieder um meine Gäste kümmern. Die Grete schafft das nicht alleine, glaube ich. Aber natürlich nur, wenn Sie mich nicht mehr brauchen.«
    »Nun übertreiben Sie’s mal nicht mit der Höflichkeit, Küppken. Natürlich können Sie sich um Ihre Gäste kümmern. Heute hab ich mich ausnahmsweise mal bei Ihnen zu bedanken, für die Auskünfte und auch für das Bier.«
    »Sie haben ja kaum davon getrunken, Herr Sergeant.«
    »Na ja, wissen Sie, Küppken, eigentlich bin ich kein Biertrinker«, log Grottkamp, dem das leicht säuerliche Gebräu des Klumpenwirtes nicht sonderlich mundete.
    Als er kurz darauf zwischen zechenden, paffenden und palavernden Menschen hindurch zur Wirtshaustür ging, hatte er den Eindruck, dass die Gäste des Klumpenwirtes noch ein wenig respektvoller vor ihm zurückwichen als gewöhnlich. Der Hüne aus der Provinz Posen stand friedlich diskutierend mit Derrick Elpen zusammen und senkte den Blick, als Grottkamp zu ihnen hinüber sah.
    Kurz vor der Tür zupfte Margarete Sander ihn am Ärmel. »Herr Polizeisergeant, ich wollte mich noch bedanken, dass Sie mir zur Hilfe gekommen sind«, sagte sie verlegen. »Also, wie Sie diesem rothaarigen Riesen entgegengetreten sind, das war«, sie suchte einen Moment nach dem richtigen Wort, »das war beeindruckend.«
    Martin Grottkamp lächelte. Ihm ging durch den Kopf, dass die Richter in Köln, die Grete wegen Lohnhurerei verurteilt hatten, sich geirrt haben könnten.
    Aber was kümmerte ihn das eigentlich? Was hatte er mit dieser Schankmagd zu tun, dieser Herumtreiberin?
    »Du brauchst dich nicht zu bedanken«, sagte er. »Ich bin schließlich Polizeidiener. Dass ein zartes Weibsbild wie du sich da eingemischt hat, das war viel beeindruckender.«
    Margarete errötete.
    »Und dass du solche Sachen weißt! Ich meine, dass Sterkrade schon so lange preußisch ist, wo hast du das denn her?«
    »So was weiß ich von der alten Anna. Auch wenn man’s von ihr nicht denkt, Herr Sergeant. Sie kann lesen und hat sogar ein paar Bücher.«
    »So, so.« Grottkamp war erstaunt. »Und in den Büchern von der alten Anna steht, dass wir Sterkrader keine richtigen Rheinländer

Weitere Kostenlose Bücher