Tod auf der Venus
Verzögerung würde ich so auslegen, als wäre eine korrekte Antwort nicht möglich. Erstens, wer ist Craggy? Und zweitens, wenn ich sage, ›meine Abteilung ist es ja nicht‹, wer bin ich dann? Ende.«
Chet errechnete genau die normale Sprechfunkverzögerung. Er wollte den Russen keine Möglichkeit geben, sich Antworten auszudenken. Fast sechs Minuten vergingen, und das war genau die Verzögerung, die von der ungeheuren Entfernung zwischen ihnen verursacht wurde. Dann kam Curtis' Stimme durch. Er lachte. »Ich bin Craggy, Chet, und Sie sind Pat Bradley. Das haben Sie gut gemacht, aber wir sind jetzt alle dran. Wir empfangen und senden auf den gleichen Frequenzen, aber unsere Schaltung ist von der russischen unabhängig. Wir können nicht abgeschnitten werden. Bitte, reden Sie.«
Chet gab einen sehr kurzen Abriß jener Ereignisse seit ihrer Landung, die sie ins russische Lager geführt hatten. Einzelheiten ersparte er sich. Das Landefahrzeug bezeichnete er nur als »inoperabel«, und Carter Parret werde vermißt, sei möglicherweise tot. Er erwähnte die lange, mühsame und anstrengende Expedition, erzählte aber nichts von den hohen Klippen oder den dampfgefüllten Höhlen. Solche Dinge konnten warten bis zur großen Berichterstattung im Hauptquartier. Er wußte, daß das amerikanische Team mehr Informationen über die Beschaffenheit der Venus hatte als das russische, das ja an einem einzigen Lagerort geblieben war. Deshalb hielt er es nicht für nötig, Informationen zu geben, die nichts mit dem Auffinden des russischen Lagers zu tun hatten. So beschrieb er nur das Lager und das, was er gefunden und was er getan hatte.
»Mehr kann ich im Moment noch nicht sagen«, schloß er. »Wir brauchen noch einige Zeit, bis wir erkennen können, wie unser russischer Kamerad sich erholt und was wir weiter von hier aus unternehmen können. Ich schlage vor, daß man uns ein wenig Zeit läßt, damit wir uns umsehen und etwas organisieren können. In genau sechs Stunden melden wir uns wieder.«
Curtis und Borg bedankten sich, wünschten ihnen das Allerbeste und stellten keine Fragen. Sie begriffen, wie beschäftigt er jetzt sein mußte, und sie wollten ihn nicht noch zusätzlich belasten. Dann sprach der Russe noch ein paar Worte.
»Ich danke Ihnen sehr, Commander. Wir erwarten also Ihren Anruf, aber wir werden ständig die Geräte besetzt halten. Brauchen Sie uns, dann sind wir selbstverständlich da. Ende.«
Die Sowjets waren offensichtlich zu jeder Zusammenarbeit bereit. Ihre Lage war nicht ganz einfach. Man benützte ihr Radio, ihr Lager auf der Venus hatte die Funktion eines Hauptquartiers, aber die amerikanischen Astronauten leiteten dieses Lager. Die ganze Welt wartete gespannt auf Berichte über den Nachbarplaneten, und nur die Amerikaner waren in der Lage, sie zu liefern. Deshalb hatten die Russen beschlossen, sich zu fügen und ihre volle Zusammenarbeit anzubieten.
Quincy fand dann die Lebensmittel. Es gab Eipulver, Würstchen und Dosen mit Suppen. Auch ein kleiner Ofen war da. Innerhalb weniger Minuten hatte er ein Festessen hergerichtet, und die beiden verschlangen eine ungeheure Mahlzeit. Zum Schluß genossen sie eine Tasse starken russischen Tees.
Dabei behielten sie aber den kranken Kosmonauten immer im Auge. Wenn er sich auch nur eine Spur bewegte, waren sie bei ihm. Natürlich fühlte er sich noch lange nicht gesund, aber sein Zustand hatte sich zweifelsfrei gebessert. Während die massive Septrindosis wirkte, hatte er tief geschlafen, und jetzt waren seine Augen wieder klar. Chet bot ihm Suppe an, und der Russe nahm dankbar an.
Es stellte sich heraus, daß er jener Left-tenant-collo-nell Yarmonkine war, den sie ja per Funk kannten. Chet identifizierte sich selbst und stellte Quincy vor, und dann berichtete er dem russischen Kameraden von der letzten Radioverbindung.
Die Suppe hatte den Russen sehr gekräftigt, aber Chet bestand darauf, daß er liegenbleiben müsse. Er gab ihm noch einmal eine Dosis Septrin, und von da an konnte er dann das Medikament in Pillenform nehmen. Der Kosmonaut rieb sich die Einstichstellen und lachte verlegen.
»Das ist aber gutt«, stellte er fest. »Jetzt viel, viel besser.«
Eine Frage hatte Quincy schon eine ganze Weile beschäftigt, und jetzt platzte er damit heraus. »Funktioniert euer Landefahrzeug?« fragte er.
Colonel Yarmonkine sah sehr ernst drein, doch er nickte.
»Es geht, aber nix gut. Braucht Rettung.«
»Kann es abheben?« fragte Quincy ungeduldig
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