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Tod Auf Der Warteliste

Tod Auf Der Warteliste

Titel: Tod Auf Der Warteliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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morgen abend tafelt unser Regierungschef dann mit einigen Industriellen im Schloß Miramare. Wenn nichts Besonderes passiert, normalisiert sich Samstag wieder alles.«
    »Dann sehen wir uns also nicht.«
    »Ich weiß noch nicht«, seufzte Laurenti. Das Wochenende gehörte wie üblich seiner Frau. Und weil Živa auf der anderen Seite einen Augenblick zu lange schwieg, kämpfte er mit einem schlechten Gewissen beiden Frauen gegenüber. »Geht es am Montag über Mittag?«
    »Laß uns irgendwann einmal wieder den Abend zusammen verbringen.«
    »Wir reden später drüber. O.k.?«
    Laurenti schaltete das Telefon aus und schaute unsicher zu Orlando. »Also, wo waren wir?«
    »Hast du eine Affäre, Proteo?«
    »Quatsch, wie kommst du denn darauf?«
    »Immer noch die Kroatin? Alle Achtung. Wie lange geht das jetzt schon?«
    »Laß uns bitte von etwas anderem reden.« Laurenti schaute ihn schuldbewußt an, doch Orlando ließ nicht locker.
    »Das müssen inzwischen fast zwei Jahre sein, wenn ich mich nicht irre. Und niemand hat bisher etwas gemerkt?«
    »Gib dir keine Mühe, Ettore. Es lohnt nicht.«
    »Aber eines, Proteo, mußt du mir erzählen: Was findet eine Frau wie diese Živa an dir? Ich meine, du bist ein verheirateter Mann, der seine Frau nie verlassen würde, und sie ist eine äußerst attraktive und intelligente, über zehn Jahre jüngere Frau. Bei der müßten die Männer doch Schlange stehen. Und dann du?«
     
    *
     
     
    Den Nachmittag über hatte er die Meldungen und Berichte durchgeblättert, die sich auf seinem Schreibtisch stapelten. Seit seiner lange überfälligen Beförderung zum Vizequestore hatte auch er mehr Bürokratie am Hals, abgesehen davon, daß er ein neues Büro innerhalb des Polizeipräsidiums beziehen mußte. Außer dem Blick auf die römische Arena gegenüber bot es keine Vorteile, näher am ganzen Polizeiapparat zu sein. Und auch der für ihn reservierte Parkplatz war oft genug von anderen belegt. Zumindest hatte er erreicht, daß seine Sekretärin und sein Assistent Antonio Sgubin mit ihm versetzt wurden.
    Mit einem der Berichte ging Laurenti hinüber zu Marietta, die, den Hörer zwischen Ohr und Schulter geklemmt, sich die Nägel lackierte, um die Langeweile zu überbrücken. Sie zog die Brauen hoch und nickte ihm zu.
    »Entschuldige«, sagte sie, als sie aufgelegt hatte, »meine Mutter.«
    »Ich hatte eher den Eindruck, daß du einen neuen Verehrer hast.«
    »Schön wär’s.« Sie machte einen Kußmund, schraubte mit spitzen Fingern das Fläschchen mit dem Nagellack zu und ließ es in die Schublade des Schreibtischs fallen, in der sie offensichtlich ihren Zweitwohnsitz eingerichtet hatte: Schminkzeug, Manikürbesteck, Tampons, Papiertaschentücher, Haarspange, alles, was die Frau braucht. Als sie Laurentis Blick bemerkte, schloß sie die Schublade mit einem leichten Schubs.
    »Na, so wie du dich zur Zeit aufdonnerst, muß doch jemand hinter dir hersein«, sagte Laurenti und musterte sie von oben bis unten. »Reine Seide, schätze ich«, sagte er und schaute auf ihre gutdekolletierte Bluse. »Und ins Solarium gehst du vermutlich auch jeden Tag! Aber stell dir vor, der Chef kommt rein, während du die Nägel lackierst.«
    »Oder während du mir auf die Titten starrst, Blödmann. Du weißt genau, daß der nie unangemeldet hier auftaucht. Aber daß du eifersüchtig auf meine Liebhaber bist, ist neu. Du weißt doch, daß ich nur für dich da bin.«
    »Mach keine Witze.« Laurenti winkte ab. Es war ein altes Spiel zwischen ihnen, fast ein Vierteljahrhundert alt. »Sag mal, was hört man in eurer geschwätzigen Mittagsrunde denn von dieser Sache?«
    Marietta schaute auf das Blatt, das er ihr vor die Nase hielt. Es war ein Bericht darüber, daß Staatsanwalt Scoglio eng mit den Behörden in München zusammenarbeitete, weil es erste Anzeichen gab, daß die Ausbeutung der illegalen Immigranten ein neues Ausmaß erreicht hatte: den Handel mit menschlichen Organen.
    »Keine Ahnung«, sagte sie. »Mehr als die üblichen Sprüche ist nicht zu hören.«
    »Und was sind die üblichen Sprüche?«
    »Na, die üblichen eben. Ein normaler illegaler Chinese bringt dreißigtausend, ein Illegaler, den man in Teilen weiterverkauft, hundertfünfzigtausend, und so weiter. Komm halt mal mit und unterhalte dich mit deinen Kollegen.«
    »Euer Geschwätz würde mir den Appetit verderben.« Laurenti haßte diese Runden, die während des Mittagessens zuerst alle Kollegen und schließlich die ganze Stadt durchhechelten

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