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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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die Materiewellenfelder. Er schloß die zweite Möglichkeit sofort aus, denn sie implizierte, daß jeder Gedanke von jeder Person innerhalb der Reichweite empfangen würde, und die Beobachtung verneinte das rundweg.
    Also mußte die Telepathie, wenn es sie überhaupt gab, modulationsfähig sein. Daraufhin wandte Carl seine Analogie an. Kristalle mit identischer Struktur ertönen bei derselben Frequenz. Nun gibt es Menschen mit identischer Struktur, die sogenannten eineiigen Zwillinge. Zwei Jahre lang hatte Master Carl den größten Teil seiner Freizeit damit verbracht, Testpaare eineiiger Zwillinge aufzustöbern und zu überreden. Es dauerte zwei Jahre und nicht mehr, denn so lange brauchte er, um dreihundertsechsundzwanzig Paare zu finden; und dreihundertsechsundzwanzig war die Größe, die in diesem mikrophysikalischen System der Minimalforderung für eine Chiralitätstransformation genügte und eine statistische Aussage ermöglichte. Als die dreihundertsechsundzwanzig Zwillingspaare es nicht geschafft hatten, wesentlich häufiger gleichartige Kartensymbole zu ziehen, als es nach der Wahrscheinlichkeitstheorie zu erwarten war, hatte Carl das Experiment sofort beendet.
    Nach der zweijährigen Arbeit war Carl weder böse noch besonders hoffnungsvoll. Es kam ihm nicht in den Sinn, mit einem dreihundertsiebenundzwanzigsten Paar weiterzumachen. Allerdings erlaubte er sich, unverzüglich andere Aspekte dessen zu erforschen, was früher Psionik genannt wurde.
    Vorahnung schloß er aus logischen Gründen aus; über Hellsehen dachte er mehrere Monate lang nach, ehe er entschied, daß es, wie die Vermutung, daß fliegende Untertassen von außerirdischer Herkunft seien, zu wenig Möglichkeiten für eine experimentelle Verifikation bot, um ein reizvolles Studium zu sein. Hexerei schaltete er aus, weil sie nicht unbedingt Telepathie oder Hellsehen mit einbezog. Nicht die Fälle, bei denen das Opfer wußte, daß es behext war, stellten ein Problem dar; die meisten davon ließen sich einfacher Suggestion zuschreiben; ein Mann, der die Wachspuppe mit den darin steckenden Nadeln erblickte oder dem der Zauberer sagte, daß seine Fußnägel geröstet werden sollten, vermag mühelos zu erkranken und vor Angst zu sterben. Wenn aber das Opfer nicht unmittelbar etwas von seiner Behexung erfuhr, konnte es nur durch Telepathie oder Hellsehen etwas davon erfahren; und die hatte Carl eliminiert.
    Die traditionelle Liste der paranormalen Kräfte umfaßte nur noch zwei andere Phänomene: Lichterscheinungen und Telekinese.
    Carl entschied sich, das erstere nur als Teil des zweiten zu betrachten. Die Beschleunigung der Brownschen Molekularbewegung (d. h. durch Erhitzen) bis zum Aufleuchten unterschied sich im Wesen nicht von der gewaltigen Manipulation von Molekülgruppen (d. h. sich bewegenden stofflichen Gegenständen) .
    Bei seinen ersten telekinetischen Experimenten verlor er viel Zeit mit dem Versuch, Materieteilchen, erst Papier, dann schwankende Nadeln, hängende Fäden, schließlich Staubkörner auf einer Mikrowaage in Bewegung zu setzen. Ohne Resultat. Mit Unterstützung aus der Klassischen Physik begann Carl eine Testserie mit Filmen. Der Film, versicherten die hinzugezogenen Physiker ihm, war das Medium, in dem die geringste physikalische Kraft die größte meßbare Wirkung erzielte. Ein Photon, ein freies Elektron, fast jedes energiegeladene Teilchen konnte die labilen Moleküle in der Filmemulsion in Bewegung setzen.
    Carl arbeitete mit immer stärker beschleunigten Emulsionen und lernte Tricks, um den Film noch empfindlicher zu machen – Spezialentwickler, genaue Temperaturkontrolle, Vorbelichtung des Films, um einen Teil der Energie »aufzusaugen«, die für das Entstehen eines Bildes notwendig war. Stundenlang saß er vor jedem neuen Filmstreifen und versuchte mit seinem Verstand Kreise, Kreuze und Sterne auf die Emulsion zu malen, stellte sich die Moleküle vor und richtete seinen Willen auf den Übergang. Er schnitt Schablonen aus und hielt sie über die verpackten Filme, denn er hielt es für möglich, daß die psionische »Strahlung« sich nur als Punktquelle zeigte. Er verzeichnete einen kurzfristigen und illusorischen Erfolg: Als er eine besonders hochempfindliche Platte, die er die Nacht über unter sein Kissen gesteckt hatte, am nächsten Morgen entwickelte, erschien darauf ein gespenstisches, schwankendes X. Master Florian von der Photochemie nahm ihm die Illusion. Carl war es nur gelungen, die Platte so empfindlich zu

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